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Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Titel: Die Geschichte eines schoenen Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Simon
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heranwuchs. Sie hatte Julias Hand gehalten, als sie in einen Jungen verknallt war, für den sie überhaupt nicht existierte, hatte sie getröstet und war immer für sie da gewesen. Und nach Grammys Tod war Pete eingesprungen und hatte ihr mit väterlichem Rat zur Seite gestanden. Er hatte sie sogar vor der Heirat mit Brian Campbell gewarnt und sie trotzdem in der Kirche zum Altar geführt, bevor er starb.
    Julia las jeden Brief und war so gefangen von Gefühlen, dass sie nicht ein einziges Mal aufschaute. Als sie den letzten Brief ordentlich auf den Stapel legte, entdeckte sie einen Hefter ganz unten in der Schatulle. Sie öffnete ihn und fand Zeitungsausschnitte, die Grammy gesammelt hatte und offenbar das Leben von Julias Mutter betrafen. Da waren Artikel über John-Michael Malones Fernsehberichtund den Kampf um die Schließung der Schule. Ein Foto aus einer Zeitschrift zeigte die Parade am Tag, bevor die Schule geschlossen wurde – zwei lächelnde Frauen hielten ein Plakat in die Höhe. Und der letzte Ausschnitt war Grammys Nachruf.
    Julia biss sich auf die Lippe. Sie nahm das vergilbte Zeitungspapier in die Hand und dachte daran, wie viel diese Worte unerwähnt ließen. Sie fuhr mit dem Finger über das körnige Foto, dann legte sie den Nachruf zurück in den Hefter.
    Der letzte Gegenstand in dem Hefter war ein kleiner versiegelter Umschlag. Darauf stand in Grammys vertrauter Handschrift, die gegen Ende ein wenig abgehackt geworden war: »An meine geliebte Julia.« Julia öffnete mit zittrigen Händen das Kuvert, und der Duft von Grammys Handlotion stieg ihr in die Nase.
    Meine süße Ju-Ju, begann der Brief, und Julia hörte sich seufzen, als sie Grammys Kosenamen für sie las. Eines Nachts vertrauten mir zwei Fremde ein Kind an, das ich von ganzem Herzen liebe. Unser gemeinsames Leben hat mich so vieles gelehrt, wovon ich nicht wusste, dass es mir gefehlt hat. Erst jetzt wird mir klar, dass mich das Band, das uns verbindet, einen Schritt weitergebracht hat: Lange Zeit habe ich mich nur als deine Großmutter ausgegeben, aber heute weiß ich in tiefster Seele, dass ich das wirklich bin und immer sein werde – deine Großmutter. Auch noch nach meinem Tod brauchst du nur in das Gesicht eines Menschen zu schauen, den du liebst, und du wirst mich sehen. Ich bin immer für dich da.
    Julia unterdrückte die Tränen. Als sie schließlich den Blick hob, sah sie Edith auf sich zukommen. »Wer hat das Mosaik gemacht?« Diese Frage war das Einzige, was Julia in diesem Moment einfiel.
    »Eine Künstlerin hat es entworfen«, antwortete Edith. »Ihr Mann war für die akustische Technologie und dieLichteffekte verantwortlich. Eine Künstlergruppe hat es zusammengestellt.«
    »Und diese Künstlerin und ihr Mann – wie hießen sie?«
    Edith sah auf die Kiste herab.
    »Der Name des Mannes lautete Homan Wilson. Und die Künstlerin war Lynnie Goldberg.«
    »Sie war meine Mutter«, sagte Julia mit einem Schluchzer, den sie nicht zurückhalten konnte. »Demnach muss Homan mein Vater gewesen sein.«
    »Genau genommen sind sie immer noch Ihre Eltern«, sagte Edith. »Möchten Sie ihre Adresse haben?«
    Lynnie wachte am Morgen auf und sog die Salzluft tief ein, wie jeden Tag; sie spürte Homans Körperwärme neben sich im Bett. Sie erzählten sich oft, wie sehr sie das gemeinsame Aufwachen liebten, wenn sie sich unter den weichen Laken aneinanderkuschelten und entschieden, ob sie Eier oder Müsli zum Frühstück wollten, und zusahen, wie das Sonnenlicht, das sich im Meer spiegelte, Muster auf die Zimmerdecke malte. Aber er war noch nicht wach, und während Lynnie darauf wartete, dass er sich rührte, ließ sie den Blick durch das Zimmer schweifen. Jeder Gegenstand hier machte sie froh. Die Schränke, die Homan gezimmert und die sie bemalt hatte. Ihre gerahmten Bilder an den Wänden. Homans Computer auf dem Schreibtisch. Und das Fenster mit den Vorhängen und der Leuchtturm dahinter.
    Später an diesem Tag wird sie, wenn sie aus dem Wohnzimmerfenster schaut, beobachten, wie eine Frau mit einem Jungen aus den Dünen kommt. Die Frau wird über den Sand auf das Haus des Leuchtturmwärters zugehen. Die Sonne wird ihr lockiges Haar zum Leuchten bringen. Die Frau wird auf den Klingelknopf drücken, und die farbigen Lichter im Wohnzimmer werden blinken.
    Lynnie fühlte, wie ihr Mann den Arm um ihre Taille legte, um sie wissen zu lassen, dass er wach war.
    Lächelnd drehte sie sich zu ihm. Hi , signalisierte sie.
    Guten Morgen, schönes

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