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Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Titel: Die Geschichte eines schoenen Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Simon
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Marmorboden. Dann drehte sie sich zu dem Sicherheitsmann um und fragte: »Gibt es hier jemanden, der mir mehr über dieses Mosaik erzählen kann?«
    »Ich rufe in der PR-Abteilung für Sie an«, bot der Mann an.
    »Nein«, wehrte die Frau ab. »Das meine ich nicht. Ich möchte mit der Person sprechen, die dafür verantwortlichist, dass das Mosaik hier in diesem Haus ausgestellt wird.«
    Oh , dachte er, sie gehört zu denen, die sich gleich an die oberste Stelle wenden. »Sie meinen die Kuratorin«, sagte er. Er schrieb einen Namen und eine Adresse auf, ging zu der Frau und drückte ihr einen Zettel in die Hand.
    Als sich Ryan Campbell die Raketen im National Air and Space Museum anschaute, rief seine Mutter auf seinem Handy an und sagte ihm, er solle bei der Klasse bleiben. Sie müsse noch einen Besuch in der Kunstakademie auf der anderen Seite der Mall machen und kurz mit jemandem sprechen und würde ihn dann in einer Stunde treffen.
    Edith, die Kuratorin mit kurzem, stacheligem Haar und roter Brille, begrüßte Julia Campbell herzlich. Die Akademie, erklärte sie, als sie im Empfangsbereich standen, stelle mehrmals im Jahr Kunstwerke von Menschen mit Behinderungen in Ausstellungen vor. Das Mosaik war eine der bekanntesten Errungenschaften der Akademie, aber leider zu groß für die Ausstellungsräume. Deshalb hing es in der Lobby des Bürogebäudes.
    »Es erzählt eine Geschichte, nicht wahr?«, fragte Julia.
    »O ja.« Ediths Augen leuchteten auf. »Und was für eine Geschichte.«
    »Und ist es eine … wahre Geschichte?«
    »Ja.«
    »Dann gibt es den Leuchtturm wirklich?«
    »Allerdings.«
    »Oh. Ich hätte nie gedacht …« Julia räusperte sich. »Können Sie mir diese Geschichte erzählen?«
    »Sie ist sehr lang. Um ihren Wunsch zu erfüllen, möchte ich Sie in mein Büro bitten. Ich habe da etwas, was zu der Geschichte gehört, aber nicht öffentlich ausgestellt wird.«
    »Aber ich muss zurück zu meiner Gruppe.«
    Edith lächelte. »Wahrscheinlich werden Sie Bescheid sagen wollen, dass Sie aufgehalten werden.«
    Das Büro, das Julia betrat, war vollgestopft mit Kunst: Porträts, Landschaften, abstrakte Gemälde, Skulpturen, Stoffe, Möbel, Töpferarbeiten. In der Mitte stand ein großer Eichenschreibtisch.
    Julia wagte sich langsam vor. Sie liebte Kunst und war sogar im Vorstand des Nasher Museum of Art, obwohl ihr Mann dem überhaupt nichts abgewinnen konnte. Sie überlegte, ob sie sich noch mehr engagieren sollte, sobald die Scheidung durch war. Vielleicht holte sie ihren Bachelor in Kunstgeschichte nach. Aber Kunstwerke wie diese hatte sie noch nie gesehen.
    Noch während sie versuchte, all das in sich aufzunehmen, erschrak sie, als ihr Blick auf etwas fiel, was sie kannte. Hinter einer Ansammlung von Schwenklampen, unter einem Sortiment von Pappmascheekugeln entdeckte sie eine große Holzschatulle. Der Deckel war mit Schnitzereien verziert: Blumen, Tiere, Blätter und Ranken.
    »Was ist das?«
    »Guter Gott, genau das wollte ich Ihnen zeigen«, sagte Edith erstaunt. »Als uns das Mosaik gestiftet wurde, war diese Kiste eine Zusatzgabe, die wir in unseren Archiven aufbewahren sollten. Sie enthält viele Dokumente und andere Dinge, die einen interessanten Hintergrund für die Geschichte bilden, die das Mosaik erzählt.«
    »Darf ich sie mir genauer ansehen?«
    Julia schob die Kugeln aus Pappmaschee beiseite und hob den Deckel an.
    Alles war da. Rodneys Halsband. Die Zweige die ein L, ein U und ein V bildeten. Die Fotos von Ivamae und Betty. Der Umschlag mit einer Locke von ihrem eigenenBabyhaar. Der braune Hut, der, wie Grammy behauptet hatte, ihrem Vater gehört hatte. Mehr wusste sie nicht über ihn – nur dass er gut ausgesehen hatte.
    Und da, unter all dem, befand sich ein Bündel von Briefen, das mit einem gelben Band zusammengebunden wurde.
    An diesem Nachmittag saß sie neben der Holzkiste und las die Briefe. Sie erkannte, dass die Welt, die sie immer als die ihre angesehen und die sie zeitweise sehr verwirrt hatte, Teil eines viel größeren Ganzen gewesen war. Während sie immer mehr in Erinnerungen versank, erfuhr sie die Geschichte, von der sie nie etwas geahnt hatte, und empfand dabei eine unvorstellbare Bewunderung… Julia hatte Grammy nie als Heldin angesehen. Aber jetzt machte sie die Entdeckung, dass sie genau das in einer einzigen Nacht geworden war. Sie war eine Verpflichtung eingegangen und nie ins Wanken geraten, selbst dann nicht, als Julia zu einem empfindlichen, launischen Mädchen

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