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Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Halbrook
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ich ebenso wenig tun. Es ist ein Unfall gewesen. Das sage ich mir, und sie sagen es mir auch. Ein Unfall. Aber ich hätte nicht stehlen, und ich hätte auf keinen Fall abhauen dürfen. Ich hätte bleiben müssen. Nach dem Mann sehen. Auf die Polizei warten, sagen sie.
    Ich bin hier, weil ich nicht geblieben bin.
    Will hat eine Kugel aus der Pistole gelöst. Eine Kugel, als er mich zu Boden geschubst hat. Niemand weiß, wohin sie geflogen ist. Nicht zu den Cops, nicht zu mir. Vermutlich irgendwo ins Leere. Es ist wohl ein weiterer Unfall gewesen. Ein Zucken seiner Hände, als er mich weggeschoben hat.
    Er ist demnach meiner Meinung gewesen, dass wir uns ergeben und sie davon überzeugen müssen, dass alles ein Missverständnis war. Er hatte nicht vor zu sterben. Es ist ein Unfall gewesen.
    Aber sie haben nur eine einzige Kugel aus seiner Waffe gebraucht, um mit zehn von ihren zu antworten.
    Ich vermisse ihn. Ich wünschte, wir hätten alles getan, was zwei Menschen miteinander tun können, als wir noch die Möglichkeit dazu hatten. Ich wünschte, ich hätte mich nicht gefürchtet. Denn das war es, Angst.
    Ich werde nie wieder Angst haben.
    In ein paar Wochen habe ich eine neue Anhörung. Dann müssen sie sich überlegen, was sie mit mir anstellen wollen. In der Zwischenzeit schreibe ich miese Gedichte und male Will, wie ich ihn in Erinnerung habe, nicht wie er ausgesehen hat, als die Nachrichten über alles berichteten, den Unfall mit der Weinflasche, den Mord in der Wüste.
    Es war niemand da, der zugesehen hat, wie Wills Kiefernholzsarg in die Erde hinabgelassen wurde. Sie haben ihn nicht nach North Dakota zurückgeschickt, sondern in Nevada behalten. Es fühlt sich nicht an, als wäre er tot, denn ich habe nicht mit eigenen Augen gesehen, wie sie ihn begraben haben.
    Die anderen Mädchen hier haben schlimme Dinge getan. Das weiß ich, weil ihre Augen hart sind und sie mich ansehen, wie mich die Mädchen in Wills früherem Heim angesehen haben. Als gehörte ich nicht zu ihnen.
    Ich rede mir ein, dass ich irgendwann einmal nicht mehr einsam sein werde. Ich muss mir weismachen, das ich nicht immer einsam sein werde, auch wenn Will mich nie mehr berühren wird.
    Hier bin ich leer.
    Ich muss raus, damit ich mich füllen und wieder ganz sein kann.
    Wills Wagen ist zum Schrottplatz gebracht worden, aber sie haben ihn ausgeräumt und mir alles gegeben, was sie gefunden haben. Das zumindest behaupten sie. Es fehlt so viel. Mein Windspiel. Sein Sweatshirt.
    Und dabei sagen sie, ich sei die Diebin.
    Aber ich habe den Rest seiner Kleidung und ich trage sie, obwohl sie mir viel zu groß ist. Ich schlafe mit seinem Kissen und seiner Decke. Ich kralle mich an allem fest, was von ihm übrig ist, als könnte es durch meine Haut sickern und in mein Blut übergehen.

ZOE
    ICH WERDE IMMERZU überwacht. Im Grunde nur Augenpaare, die gelegentlich hereinschauen, um nach mir zu sehen, und eine Stimme, die mich fragt, ob ich etwas brauche.
    Was ich wirklich brauche, ist schon lange tot.
    Die Therapeutin hier will über meinen Dad sprechen, über meine Mom. Will. Das Erste, was ich ihr sagte, war »Kein Will«, als würden die hauchzarten Gedächtnisfetzen für immer verloren gehen, wenn ich über ihn rede, Erinnerungen wie Rauch durch ein zerbrochenes Fenster verpuffen.
    Deshalb befragt sie mich zu meiner Mom.
    Früher hatte ich Albträume. Ich habe meine Mom aus allen Perspektiven fallen sehen. Von unten, von oben, von unter der Treppe. Immer häufiger war ich diejenige oben am Treppenabsatz, die ihr beim Stürzen zugesehen hat.
    In meinen Albträumen habe ich begonnen, sie zu schubsen. Ich habe ihr nicht länger nur zugesehen, ich habe die Hand ausgestreckt und sie gestoßen. Morgens habe ich versucht, mir ins Gedächtnis zu rufen, dass ich nicht diejenige war, die sie hinuntergeschubst hat, aber die Träume haben sich nur schwerfällig mit der Realität vermischt, wie Öl mit Wasser.
    Es ist ein Unfall gewesen, erzähle ich der Therapeutin, aber trotzdem meine Schuld, weshalb ich bestraft werden musste.
    Sie beugt sich vor und beäugt mich eindringlich, als ich aufhöre zu reden. Dann sage ich ihr die Wahrheit.
    »Ich wurde nicht bestraft, weil es meine Schuld war, dass meine Mom gestorben ist. Ich wurde bestraft, weil ich die ganze Zeit über die Wahrheit kannte und sie niemandem erzählt habe.«
    Die Therapeutin sinkt mit einem Seufzen zurück in ihren Sessel und kritzelt ein paar Notizen in meine Akte.
    Sie erzählt mir von Menschen,

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