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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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sie sie beglich. Man kann Beraterin der Präsidentin sein und auf seine Interessen bedacht bleiben.
    »Also, dann ist ja alles klar«, sagt Anita schwungvoll, »du kommst mit!«
    »Wohin?«
    »Zu mir.«
    »Was denn, sofort?«
    »Warum nicht? Das trifft sich gut, ich bin gerade in einer fruchtbaren Periode. Ralph, ich entführe dich! Noch ein paar Anrufe,
     und wir gehen!«
    Ohne auf meine Antwort zu warten, erhebt sie sich, um am anderen Ende des Raumes den Hörer abzunehmen. Ich glaube nicht im
     geringsten, daß es sich zufällig »gut trifft«, sondern genau das Gegenteil: der Termin unseres Zusammentreffens ist ad hoc
     kalkuliert worden.
    Anita spricht mit klarer Stimme, deutlich und energisch in den Apparat. Eine Frau der Tat, die mit mir nicht viel Federlesens
     gemacht hat. In der kurzen Zeit, die sich brauchte, einige Krapfen mit Krabben zu verschlingen, hatte sie mich in ihre Tasche
     mit dem MAR-Abzeichen gesteckt.
    Sie telefoniert nicht nur einmal, sondern mehrmals. Damit es nicht so aussieht, als ob ich zuhöre, blättere ich die Anzeigenseiten
     der Illustrierten durch, die Anita auf der Polsterbank hat liegenlassen.
    Zeichen einer neuen Zeit, ausschließlich Männer … Schön, muskulös, behaart. Reklame für ein Luxusbadezimmer (mit vergoldeter
     Mischbatterie): ein brünetter, gutaussehender Mann sitzt auf dem Rand einer blauen Badewanne, so gut wie nackt, ein schmales
     Handtuch über die Scham geworfen, aber so, daß man Form und Umfang erraten kann. Seine vertrauenseinflößende Haltung und die
     freundschaftlichen Augen erwecken den Eindruck, daß dieser kräftige Erzeuger beim Kauf der Badewanne gratis mitgeliefert wird.
     Einige Seiten weiter ein Blonder, ebenfalls nackt, doch kehrt er dem Betrachter dezent ein muskulöses Gesäß und eine behaarte
     Achselhöhle zu, um zu versichern, daß das Deodorant, welches er benutzt, ihm zu schwitzen erlaubt, ohne irgend jemand zu belästigen.
     Und hier – ich hätte darum wetten können – auf einer ganzen Seite ein eindrucksvolles Sortiment deutscher Hosenlatze, in Großaufnahme
     mit Inhalt. Als Hinweis in der Mitte der historische |364| deutsche Latz, wie man ihn auf den Gemälden des 16. Jahrhunderts sehen kann – in Deutschland natürlich, wie der Text belehrt,
     aber auch in Flandern und in Frankreich unter Karl IX.; diese gelehrten Erläuterungen verleihen der Rückkehr dieser »charmanten
     Mode« (sic) die nötige Würde. Allerdings hat man den Latz unserer Epoche angepaßt. Also keine schwierigen Verschnürungen mehr,
     sondern ein unter kleidsamer Stickerei versteckter Reißverschluß. Zwei Varianten: der Latz aus gleichem Stoff und in gleicher
     Farbe wie die engsitzende Hose. Oder der Latz aus anderem Stoff, was »die Wölbung unterstreicht« (sic). Die Raffinierten bevorzugen
     vielleicht die »Vornehmheit« (sic) des Latzes aus anderem Stoff, der auf den Farbton der Hose abgestimmt ist. An alles war
     gedacht, in der untersten Ecke sogar an den schaumgummiverstärkten Latz, dessen aufgebesserte Innenseite durch eine diskrete
     Skizze veranschaulicht wird und dessen »sehr starke Wölbung« den Schüchternen Selbstvertrauen verleihen soll. Ach, allein
     schon beim Anblick dieser Reklame schwindet meine letzte Illusion: das andere Geschlecht ist das herrschende Geschlecht.
    Anita hat ihre Telefonate erledigt, und ich muß jetzt ebenfalls anrufen, um meine Verabredung zu verschieben. Anita, die weniger
     Geduld hat oder mehr in Eile ist, geht schon voraus zu dem hundert Meter weiter auf der rechten Seite geparkten Wagen; ich
     soll nachkommen, wenn ich fertig bin.
    Ich hätte besser daran getan, vor dem Restaurant auf sie zu warten. Aber ich hatte keine Ahnung, daß ich auf halbem Wege an
     gut zwanzig Bauarbeiterinnen vorbei muß, die, auf dem Bürgersteig sitzend, Mittag machen. Als ich sie zu Gesicht bekomme,
     ist es zu spät. Ich muß vorbei. Was ich mit gesenktem Blick und gleichgültiger Miene versuche. Aber was dann folgte, hätte
     ich mir nie träumen lassen. Bei meinen bisherigen Ausgängen hatte sich alles auf ein paar leichte Berührungen, Zurufe, Pfiffe,
     schlimmstenfalls auf einen ordinären Antrag beschränkt. Ist es hier die strahlende Sonne, die Muße während der Pause, der
     geringe Straßenverkehr zu dieser Zeit? Sobald die Arbeiterinnen meiner ansichtig werden, fixieren sie mich, ziehen mich mit
     ihren Blicken aus, überschütten mich, völlig enthemmt, mit einer Flut von Anzüglichkeiten. Es liegt etwas

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