Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
»Du hast es geschafft!«, rief er. Er spazierte mit Rose auf den Schultern durch den Saal, der inzwischen von Zuschauern überfüllt war.
Rot vor Verlegenheit und unfähig, ihr breites Grinsen zu unterdrücken, blickte Rose zur Küche zurück und sah, wie Tymo und Basil sich abklatschten, und Polly Balthasar einen Kuss auf die welke Wange gab. Miriam und Muriel kamen von der Empore heruntergerannt und küssten Tymo auf die Wangen.
Während Albert Rose über der jubelnden Menge herumtrug, verfolgten Kameras jede ihrer Bewegungen; Hunderte von Blitzlichtern flackerten auf, doch sie kümmerte sich nicht darum. Sie konnte nicht aufhören, das glückliche Gesicht ihrer Mutter zu betrachten, die Brüder, die sich um den Hals fielen, ihren Vater, der so mühelos im Saal herumstolzierte, als könne er sie ewig tragen.
Rose sah zu Lily hinüber. Ihre Tante wirkte wie vor den Kopf geschlagen, als könne sie genauso wenig wie Rose glauben, was passiert war.
Und einen Augenblick lang fühlte Rose Mitleid mit ihrer Tante. Rose hatte eine Mutter und einen Vater und Brüder und eine Schwester und einen Ururururgroßvater und alle liebten sie – von einem ihr ergebenen Kater und einer ihr sehr zugetanen Maus ganz zu schweigen. Selbst wenn Rose verloren hätte, wären sie alle für sie dagewesen. Lily hatte niemanden außer dem zwergenhaften Jeremias, der Lily soeben finster ansah und den Kopf schüttelte. Lily hatte die Leute dafür bezahlt, sie zu lieben, hatte sie mit ihrer Geheimsubstanz vergiftet, um deren Zuneigung zu bekommen. Aber nun, nachdem sie verloren hatte, würde sie mit dem Verkauf ihrer Geheimsubstanz aufhören müssen – zumindest, wenn es nach den Regeln der
Kein-Wortbruch-Hörnchen
ging.
Rose blickte zu Lily hinüber und sah, wie diese wieder auf Theaterpose schaltete. Sie setzte ihr Autogrammlächeln auf und kam auf Rose zugeeilt. Sie streckte die Hand hoch und Rose beugte sich hinunter und schüttelte sie.
»Glückwunsch!«, sagte Lily. »Wirklich, du warst
wunderbar
!«
Rose ließ sich von den Schultern ihres Vaters hinunter, und Tymo kam angerannt. »So,
El Tiabolo
«, sagte er. »Raus damit!«
»Womit?«, fragte Lily unschuldig. Sie wandte sich mit einem Lachen und einem Schulterzucken den Kameras zu.
»Das Glyck-Backbuch!«, rief Basil. »So war es abgemacht! Wir gewinnen, und du rückst das Backbuch raus!«
»Das stimmt, du Hexe!«, rief Miriam. »Gib ihnen, was ihnen zusteht!«
Während Lily sich umwandte, um etwas zu Jeremias zu sagen, zog Basil sein Diktiergerät aus der Tasche und stopfte es in Roses Kapuze.
»Was machst du da?«, wollte Rose wissen.
»Vertrau mir«, erwiderte er und zwinkerte seiner großen Schwester zu.
Lily drehte sich wieder zu den Glycks um. »Ach soooo,
das
Backbuch!« An die Kameras gerichtet sagte sie: »Ich habe diesen Kindern im Falle ihres Sieges versprochen, ihnen ein signiertes Exemplar des alten Backbuchs meiner Familie zu geben.«
Lily streckte die Hand aus. Jeremias griff in eine Stofftasche, die über seiner Schulter hing, und zog den dicken, in braunes Leder gebundenen Band hervor: das Backbuch der Familie Glyck.
Es war für Rose der schönste Anblick ihres Lebens. Sie nahm das Backbuch von Jeremias entgegen und drückte es fest an die Brust.
Lily legte Rose den Arm um die Schulter und blickte in die Kameras, und ihr breites Lächeln blitzte im Scheinwerferlicht auf. Lächelnd und nickend beugte sie sich zu Rose hinunter und flüsterte ihr ins Ohr: »Genieße es, solange du kannst, weil ich mir das Backbuch nämlich zurückhole.«
»
Zurückstiehlst
, meinst du wohl«, sagte Rose.
»Was heißt da
stehlen
! Ich tue nur, was ich tun muss, um dahin zu gelangen, wo ich hin will. Du hast ja anscheinend überhaupt keinen Ehrgeiz. Und das macht dich zur Versagerin, Rose. Du magst heute die Meisterschaft gewonnen haben, aber du bist und bleibst eine Versagerin.«
»Kannst du dich nicht mit deiner Backshow zufriedengeben?«, flüsterte Rose. »Du hast doch schon erreicht, was du wolltest. Die ganze Welt weiß doch jetzt, wer du bist.«
»Das ist nicht genug«, zischte Lily durch ihr Lächeln. »Es ist nie genug.«
Basil griff in Roses Kapuze und zog sein Diktiergerät heraus, dann unterbrach er Rose und Lily. »Was hast du gerade gesagt, Tante Lily?«, fragte er und lächelte in die Kameras.
»Ich habe zu ihr gesagt, wie sehr mich ihre Backkunst beeindruckt hat!«, erwiderte Lily mit einem Lächeln in die Objektive.
»Ach, tatsächlich?« Basil
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