Die goldene Barke
Sie folgen.«
»Das stimmt«, nickte Tallow. »Ich folge ihm.« Er konnte sich das Verhalten des Wirts überhaupt nicht erklären. Ollert machte einen Schritt auf Tallow zu. »Ich würde das nicht tun, Mr. Tallow. Wirklich nicht«, sagte er mit heiserer Stimme. »Sie sind nicht der erste, müssen Sie wissen.« Tallow setzte sich im Bett auf. »Was geht das denn Sie an?« entgegnete er.
»Nichts, Sir, nichts.« Ollerts Stimme war lauter geworden, klang aber verängstigt, besorgt. »Andere sind jedoch schon hinter der verdammten Barke her gewesen, und von ihnen ist keiner zurückgekehrt. Um Himmels willen, Sir, schlagen Sie sich die aus dem Kopf! Sie lockt die Männer in den Tod.« Wenn Ollert nicht so offensichtlich ernst gesprochen hätte, wäre Tallow in lautes Lachen ausgebrochen. Trotzdem fand Tallow, daß dieser dramatische Auftritt ein Spaß werden konnte. »Blödsinn, mein Freund«, grinste er. »Das Schiff wird mich nicht töten. Was soll denn mit ihm nicht stimmen?«
»Ich weiß es nicht, Mr. Tallow, wirklich nicht. Aber es ist nicht das erste Mal, daß es hier vorüberkommt. Ich erinnere mich besonders eines Mannes, der behauptete, es gesehen zu haben. Vor fünfzehn Jahren machte er sich an die Verfolgung. Wir haben nie wieder etwas von ihm gehört, obwohl er zu den Leuten gehörte, die in Verbindung bleiben.«
»Das ist lächerlich«, erklärte Tallow. »Es ist doch nichts Rätselhaftes an einem Mann, der vergißt, ›in Verbindung zu bleiben‹, wie Sie sich ausdrücken.« Er faßte in die Höhe, um die Lampe auszudrehen. »Tut mir leid, Mr. Ollert, aber Sie können mich nicht davon überzeugen, daß Sie gute Gründe für Ihre Furcht haben. Gute Nacht.« Er machte die Lampe aus und
zischelte verärgert mit sich selbst, weil er das heiße Glas der Lampe gestreift und sich die Finger verbrannt hatte. Ollert ging stumm.
Tallow konnte nur schwer verstehen, worauf Ollert eigentlich hinauswollte. Aber er würde dem Mann nicht gestatten, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Er kannte den Pfad, der zu seiner Bestimmung führte. Wollte er leben, so mußte er der Barke folgen.
Drittes Kapitel
T allow wurde durch lautes Klopfen an seiner Tür ge
weckt. Er schüttelte den Kopf, weil er einerseits wieder
klar denken wollte und andererseits ärgerlich war. Es war taghell. Die Sonne schien durch das kleine Fenster des Zimmers.
»Wer ist da?« murmelte er. Das Klopfen hörte nicht auf. »Wer ist da?« wiederholte er laut.
»Mr. Ollert, Sir. Ich glaube, es ist Zeit, daß Sie aufstehen.«
»Danke, Mr. Ollert!« rief Tallow. Er stieg aus dem Bett, stolperte zur Waschkommode, goß Wasser aus dem Krug und schüttete es sich über den Kopf. Dann trocknete er sich mit einem groben Handtuch ab, das neben der Schüssel lag. Er zog sich an. Die Stoppeln in seinem Gesicht waren nicht angenehm, aber da er kein Rasiergerät bei sich hatte, fand er sich gleichmütig mit der Tatsache ab, daß ihm jetzt ein Bart wuchs. Er stellte fest, daß er Bärte nicht leiden konnte.
Er fühlte sich erfrischt, öffnete die Tür und ging durch den Flur bis zur Treppe. Er blickte die Stufen hinab und machte in der Bar einige Gestalten aus. Er konnte lediglich ihre Beine und Rümpfe sehen. Ziemlich viele Leute für diese Zeit, dachte er sich. Dann zuckte er die Schultern und ging hinab. Vier hochgewachsene Männer standen umher und unterhielten sich mit Mr. Ollert, der drei der Tische mit Besteck versah. Tallow hörte Ollert sagen: »Hier ist er, meine Herren.« Danach war Schweigen. Vier Köpfe wandten sich um, blickten Tallow aus Augen an, die nicht gerade unfreundlich waren. Tallow tat, als bemerke er sie nicht, nickte Mr. Ollert zu und setzte sich an einen der Tische.
»Ein schöner Morgen«, äußerte er plötzlich, und die vier Männer schraken auf. Sie waren gleich gekleidet, hatten grüne Uniformen an, trugen Gürtel und Stiefel. Es waren Männer im mittleren Alter mit knochigen Gesichtern und tiefliegenden, matten Augen. »Ja«, sagte einer von ihnen, »wirklich schön.« »Ja«, wiederholten seine drei Kameraden.
Tallow warf einen Blick zur Tür, schätzte die Entfernung ab. Die drei waren offensichtlich wegen ihm hier, doch wieso? Soviel er wußte, hatte er keine Gesetze übertreten. Waren es Polizisten?
»Die Herren würden sich gern mit Ihnen unterhalten, Sir«,
meinte Ollert bedächtig.
»Gewiß«, sagte Tallow. »Was ist los?«
»Eigentlich ist gar nichts los, Sir«, murmelte der Anführer der drei
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