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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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können.
    »Ohne dich, meinen Augenstern, fände ich mich längst nicht mehr zurecht in der Chymeia«, sagte er müde. Er stand langsam auf, kam um den Tisch herum und ergriff ihre Hände. »Ohne deine flinken Finger, die Ordnung in meinen Pulvern halten.« Er nickte zum Schaff hin, das gegenüber an der Steinmauer stand. Aurelia hatte die Tiegelchen sorgsam beschriftet. »Ohne deine Augen, die mir die Rezepturen vorlesen, würde ich nur noch Pechwerk zustande bringen.« Er lächelte schwach. »Und schon gar nicht das Kleine Werk, das die Gier des Zunftmeisters hoffentlich befriedigen wird.«
    Ihr Romuald gehörte der Zunft der Schriftsetzer an. Erst
gut ein Jahr war er Geselle gewesen, als Aurelia und er sich ineinander verliebt hatten. Trotz der Widerstände, die seine Familie und die Zunft ihnen in den Weg gelegt hatten, war Romualds Willen immer fester geworden: Er wollte Aurelia zu seiner Frau zu machen. Es war ihm gleich, dass die Tochter des Alchemisten Meliorus als wenig ehrbar galt. Leider konnte nur Romualds Meister eine Ausnahme von den strengen Regeln der Zunft gewähren. Und diese wollte der sich teuer bezahlen lassen.
    Vater entfuhr ein Seufzer, als er sich aus der Wasserkaraffe nachschenkte. Aurelia hätte auch so aufstöhnen mögen, so schwer war ihr das Herz vom Warten und vom Heimlichtun. An manchen Tagen zermürbte sie die Sehnsucht nach Romuald.
    Hätte Vater nicht einen einflussreichen Kirchenmann gekannt, und hätte er nicht schon für die Zunft selbst Gutes getan mit seiner Löschlauge gegen den Tintenfraß, dann hätte er als Alchemist niemals den richtigen Heiratsvermittler finden können. Nun wollte er es wagen, mit seinen geheimen Künsten dem Zunftmeister das Silber zu liefern, das dieser so sehr begehrte.
    Aber selbst wenn der Zunftmeister sich auf den Handel einlassen würde, war noch nichts erreicht. Denn Vater hatte das Alchemistenkunststück noch nicht vollbracht. Misslang das Kleine Werk heute, war Romuald für Aurelia verloren. Sie stöpselte das Fläschchen zu und suchte in der Lade unter dem Tisch nach einem Korken.
    Sie mochte nicht daran denken, was geschehen würde, wenn das Vorhaben misslang. War Vater nicht auch ein guter Astrologe? Zwei Wochen lang hatte er die Sterne erforscht, um herauszufinden, wann der richtige Zeitpunkt wäre. Heute schien ihr Einfluss endlich günstig.
    Aurelia sah seine Hand zittern. Oh Gott! Obwohl er fünf
Tropfen des Elixiers genommen hatte, war er noch so schwach. »Wenn du krank bist, solltest du warten …«, sagte sie leise. Um den Preis von Vaters Gesundheit wollte sie ihr Glück nicht erkaufen.
    »Wir können nicht warten.« Vater fuhr mit den Armen durch die Luft wie ein Gaukler, der fünf Bälle gleichzeitig schweben ließ. »Nicht jetzt, wo die Sterne mir in deinem zwanzigsten Jahr endlich einen günstigen Tag gezeigt haben. Ich bin nur ein wenig müde, weil ich schon seit Stunden hier stehe.« Er goss Wasser aus der Karaffe nach und trank das Glas in einem Zug leer.
    »Warum verdünnst du damit die Essenz in deinem Magen, Vater?«
    »Je dichter, desto mächtiger.« Seufzend blickte er zu Boden. »Unverdünnt vergiftet das Elixier die Ratten, wenn sie nur einmal dran lecken.«
    Manchmal sprach Vater in Rätseln. »Vergiften? Wie soll das gehen?« Aurelia verschränkte die Arme über ihrem braunen Leinenumhang.
    »Immer ein Wie, ein Wo oder ein Wann. Wissbegierig wie deine Mutter.« Er lachte und strich ihr mit beiden Daumen die gerunzelte Stirn glatt. Seine Augen funkelten so blau und heiter wie in Aurelias Kinderzeit, wenn Vater für ihre Mutter in den Hügeln über Marseille die Mandoline gespielt hatte. »Mein Goldgesicht, was ziehst du die Stirn kraus wie ein alter Griesgram, dem die Milch sauer geworden ist?«
    Er sollte sie nicht immer verspotten. »Ich muss dich fragen, weil ich mir nicht alles abschauen kann.« Aurelia hatte die Zubereitung der Speisen von Mutter gelernt, indem sie sich Zutaten und Handreichungen merkte. Und so war es eben auch hier zwischen all den Kolben, Tiegeln und Pulvern, dass sie die Rezepturen im Kopf behielt. »In den Schriften steht nichts davon, dass das Elixier Ratten töten kann.«

    »Wenn dort jede Wirkung verzeichnet wäre, hätte uns das dumme Volk längst als Giftmischer gehängt.« Er hob die Hand, so dass der Ärmel seines grauen Mantels herabglitt und seine weiße Haut entblößte. Die Blässe hatte Aurelia von ihm geerbt, von Mutter hatte sie die grünen Augen; nur von wem die rotgoldenen

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