Die Amazonen
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|7| Vorwort
Viele Autoren und Geschichtsschreiber der Antike berichten von den Amazonen und kaum einer zweifelt an ihrer Existenz. Für Homer, Herodot, Plutarch, Diodorus Siculus, Hippokrates, Justin und viele andere sind sie so real wie die eigenen Götter und Helden, aber viel fremder, schrecklicher, faszinierender. Nicht nur gefährliche Feinde im Krieg, sondern auch eine drohende Gefahr für den Frieden. Denn die Männer mordenden Töchter des Kriegsgottes Ares sind der lebende Beweis dafür, dass eine von Männern dominierte Gesellschaft wie die griechische auch gestürzt werden könnte. Einmal war es schon fast so weit, als die Frauen Trojas sich vom kämpferischen Mut der Amazonen anstecken ließen, ihre Handarbeiten zur Seite legten und zu den Waffen griffen, um ihre Stadt zu verteidigen. Nur mühsam konnten sie zurückgehalten werden, für dieses Mal...
Trotzdem ist aus den antiken Texten viel Sympathie für die kriegerischen Frauen herauszulesen. Die Autoren, die über sie schreiben, sind von ihnen ähnlich fasziniert wie die griechischen Helden, die mit den Königinnen der Amazonen zusammentreffen und von dieser Begegnung tief beeindruckt bleiben. Was sich bei diesen Begegnungen abspielt, in welche Konflikte |8| „Barbarinnen“ und „kultivierte Griechen“ geraten, welche Möglichkeiten und Gefahren in dem Aufeinandertreffen zwischen zwei Welten, einer männlichen und einer weiblichen, stecken – das ist der Kern der Amazonensagen und bis heute ihr spannendster Teil.
Diese Begegnungen werden in den Quellen als individuelle Schicksale geschildert. Theseus, der seinen Freund Herakles begleitet, trifft auf Hippolyte, Achill auf Penthesilea, Alexander der Große auf Thalestris. Die Gründe und Folgen dieser Grenzüberschreitungen sind wiederum aufs Engste mit dem griechischen Sagenkreis verwoben. Ohne seinen Kontext ist das Phänomen „Amazone“ nicht zu entschlüsseln.
Deshalb ruft dieses Buch parallel zur Geschichte der Amazonen die griechischen Heldensagen in Erinnerung, wie zum Beispiel das Leben des Herakles, über dem der Fluch der Göttin Hera liegt, die ein Zusammentreffen mit den Amazonen plant, um ihn zu vernichten. Zum Glück für Herakles ist Theseus mit seinem großen diplomatischen Geschick an seiner Seite, der charmante junge König von Athen, der noch nicht ahnt, dass die Amazonen seine Stadt bald zu einem Schlachtfeld machen werden.
Darauf folgt der umfangreichste und bekannteste Teil des Amazonenstoffes, der von Achill erzählt, dem großen Helden von Troja und seinem tödlichen Irrtum über die Königin Penthesilea. Der Abgrund an Liebe und Hass, gekränktem Stolz und Missverständnissen, der sich in dieser Begegnung auftut, hat die Menschen zu jeder Zeit gefesselt. Schon in antiker Zeit wurde ein ganzes Buch darüber geschrieben, und bis heute ist Penthesilea der Inbegriff der Amazone.
Am Ende der antiken Heldensagen und dem Beginn der historischen Zeit steht das Zusammentreffen von Thalestris mit Alexander dem Großen. Ein schicksalhaftes Vorzeichen liegt über dieser Begegnung: An dem Tag, an dem Alexander geboren wird, setzt ein Wahnsinniger das größte Heiligtum der Amazonen, den Artemistempel in Ephesos, in Brand.
|9| Die miteinander verbundenen Amazonen- und Heldensagen sind Teil eines mythischen Weltbildes, deshalb wird ihre Geschichte hier auch im Kontext des Mythos erzählt: nahe an den antiken Texten und nahe bei den Figuren. Das Buch berichtet aus der Perspektive derer, die Amazonen, Götter, Helden und Fabelwesen als Teil ihrer realen Welt betrachteten. Erst nach diesem „authentischen“ Blick auf die antiken Kriegerinnen verfolgt das Buch ihren Weg durch die Jahrhunderte bis heute.
Zwei Freiheiten erlaubt es sich dabei im Interesse der Leser: Es ordnet die verstreuten Quellentexte, die in einer mythischen Zeitlosigkeit verharren, zu einem zeitlichen Nacheinander. Denn nur in chronologischer Folge lässt sich die Spannung, Tragik und Eskalation nacherzählen, die der Amazonenstoff in sich birgt.
Die zweite Freiheit betrifft die Auswahl der Quellen. Manche Sagenkomplexe sind in mehreren Varianten überliefert. In solchen Fällen wurde ein „Hauptstrang“ ausgesucht und Abweichungen um der besseren Lesbarkeit willen ignoriert. Auch Thesen, die nur von einem einzigen antiken Autor vertreten werden, sind hier nicht wiedergegeben.
Auf diese Weise wird der überlieferte Stoff, der in vielen kleinen, verstreuten Puzzlestücken vorhanden ist, zu einer
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