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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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wenngleich in Zweifel steht, ob sie nicht mehr Menschen als Elben töteten, denn viele Menschendörfer, in denen ohnehin bereits der Große Tod gewütet hatte, wurden von Säuberern niedergebrannt, all jenen zur Mahnung, die sich womöglich ihrer »heiligen Mission« in den Weg zu stellen trachteten.
    Die verbliebenen Zwielichtler flohen nordwärts, sammelten sich dann aber zu einer Abwehrschlacht bei einer Qar-Siedlung namens Kaltgraumoor, keinen Tagesmarsch vom heutigen Südmark, wo ich jetzt diese Chronik verfasse. (»Kaltgrau« war, wenngleich eine zutreffende Beschreibung des Kampfplatzes, doch offenbar eine Verballhornung von
Qul Girah,
was, laut Clemon, in der Sprache des Elfenvolks »Ort des Wachsenden« bedeutet, wobei mir die Quellen, auf die er dies gründet, nicht bekannt sind.) Es war eine furchtbare Schlacht, aber die Qar wurden geschlagen, nicht zuletzt dank der Ankunft eines Heeres, das von Anglin geführt wurde, dem Herrscher des Inselreichs Connord, der ein entfernter Verwandter der syannesischen Königsfamilie war. Die Zwielichtler wurden gänzlich aus den Menschenlanden vertrieben, hinauf in die trostlosen, dicht bewaldeten Regionen des Nordens.
    Neben Tausenden, deren Namen weniger berühmt sind, fiel auch König Karal von Syan in der Schlacht bei Kaltgraumoor, doch sein Sohn, der ihm als Lander III. auf den Thron nachfolgte und später als »Lander der Gute« oder »Lander Elbenbanner« berühmt werden sollte, gab Anglin die nördlichen Grenzlande zum Lehen, auf daß er und seine Nachkommen fortan als Vorposten gegen die Qar die Grenze der Menschenwelt hüteten. So wurde Anglin von Connord der erste Markenkönig.

    Nach Kaltgraumoor erlebte der Norden ein vergleichsweise friedliches Jahrhundert, wenngleich die Grauen Scharen, Söldnertruppen, die in den wirren Zeiten nach dem Großen Tod und dem Zusammenbruch des syannesischen Reiches an Zulauf gewonnen hatten, eine große Gefahr blieben. Diese gesetzlosen Ritter verdingten sich bei verschiedensten Despoten, um deren Nachbarn zu unterwerfen, oder aber sie suchten sich wehrlosere Opfer, indem sie Lösegeld für entführte Edelleute erpreßten und raubend und mordend über die Bauern herfielen.
    Anglins Nachkommen hatten das Grenzland in vier Marken aufgeteilt — die Nordmark, die Südmark, die Ostmark und die Westmark, die jedoch alle der Krone des Königreichs Südmark unterstanden —, und sie und ihre Blutsverwandten regierten diese Markenlande in weitgehender Harmonie. Doch dann, im Jahr 1103 des Trigonats, brach plötzlich und ohne Vorwarnung ein Qar-Heer von Norden über die Marken herein. Anglins Nachkommen kämpften erbittert, wurden aber aus dem größten Teil ihres Gebietes vertrieben und bis an die südliche Grenze zurückgedrängt. Nur der Beistand der kleinen Fürstentümer jenseits der Grenze (bekannt als »die Neun«) ermöglichte es den Markenländern, die Qar aufzuhalten, während sie auf Hilfe aus den großen südlichen Königreichen warteten — Hilfe, die quälend lange auf sich warten ließ. Es heißt, in diesen schrecklichen Kämpfen sei unter den Nordleuten erstmals ein echtes Zusammengehörigkeitsgefühl — und ein gewisses Mißtrauen gegen die südlichen Reiche — erwachsen.
    Nur der grimme Winter jenes Jahres erlaubte es den Menschen, die Qar in den Markenlanden in Schach zu halten. Im Frühling trafen dann endlich Heere aus Syan, Jellon und dem Stadtstaat Krace ein. Obwohl die Menschen den Zwielichtlern zahlenmäßig weit überlegen waren, wogte der Kampf im Norden lange Jahre hin und her. Als die Markenlande und ihre Verbündeten die Eindringlinge im Jahr 1107 endlich entscheidend schlugen und in ihre eigenen Gebiete zurückzutreiben suchten, um die Gefahr ein für allemal zu bannen, beschworen die zurückweichenden Zwielichtler einen Nebelwall herauf, der zwar die Menschen nicht gänzlich abzuhalten vermochte, aber doch jeden, der ihn passierte, verwirrte und verhexte. Nachdem mehrere bewaffnete Trupps verschwunden und nur einige wenige dem Wahnsinn verfallene Überlebende zurückgekehrt waren, gaben die Bündnisheere der Sterblichen auf und erklärten den Nebelwall, den sie die Schattengrenze nannten, zur neuen Grenze der Menschenlande.
    Die Feste Südmark wurde vom Trigonarchen selbst wiedergeweiht — die Qar hatten sie während des Krieges als Bastion genutzt —, aber die Schattengrenze zerschnitt jetzt die Markenlande, und die gesamte Nordmark sowie große Teile der Ost- und Westmark lagen jetzt auf der

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