Die groeßten Faelschungen der Geschichte
auf der
Strecke. Die Geschichte Afrikas, Australiens und Amerikas wird fast vollständig ignoriert, Asien wird allenfalls nur am Rande wahrgenommen. Die Geschichte Griechenlands und Roms ist überrepräsentiert, die Geschichte Ägyptens, Persiens, Indiens und Russlands dagegen kaum vorhanden. Das führt zu einem zu engen Blickwinkel und zu Unwahrheiten.
Immerhin experimentiert man fleißig. Kaum eine neue Generation von Historikern versäumt es, Geschichte völlig neu zu erzählen, von einem anderen Gesichtspunkt aus. Neue Methoden werden schick, die jungen Gelehrten widersprechen den alten, es gibt neue Denk- und Wissenschaftsmodelle, tiefer eindringende Sonden, objektivere naturwissenschaftliche Verfahren und vieles mehr. Die Geschichtsschreibung ist also glücklicherweise in Bewegung.
Dabei weiß jeder schriftstellernde Historiker, dass er wirkliche Objektivität nie erreichen kann. Es existieren einfach zu viele Fakten und zu viele Gesichtspunkte. Ein Großteil der Fakten ist dabei längst verloren gegangen, wieder andere Fakten wurden absichtlich vernichtet.
Jeder Historiker ist zudem persönlich geprägt – durch Erziehung, Lehrer, Bücher, Stadt, Land und Nation; er besitzt Neigungen, Abneigungen, Lieblingstheorien und Wertesysteme, die religiöser, weltanschaulicher oder politischer Natur sein können. Schon die gestellten Fragen sind subjektiv, nicht zu reden von der Anordnung der Fakten oder gar den Auswertungen. Jeder Historiker selektiert, thematisiert und interpretiert. Und jeder Geschichtsschreiber neigt wissentlich oder unwissentlich einer bestimmten Geschichtsphilosophie zu.
EINE NEUE GESCHICHTSSCHREIBUNG
Dennoch kann sich jeder Historiker um Objektivität bemühen und im Idealfall sogar eine Annäherung an die Wahrheit erreichen.
Man kann trotz dieses Ozeans von Fakten das Allgemeingültige klug herausfiltern, das zehn-, hundert- und tausendfach empirisch
Bewiesene, und auf diese Weise zu wichtigen Erkenntnissen gelangen. Man muss sich nicht verlieren in diesen „dummen Fakten“, wie sie bezeichnet wurden.
Man kann durchaus die Gründe für bestimmte Ereignisse herausfiltern und sie in eine Skala relativer Wichtigkeit einordnen, man kann generell wichtig von unwichtig unterscheiden. Man kann eine Ordnung in bestimmte Geschehnisse bringen und den zeitlichen Ablauf festlegen, was allein schon erhellend wirkt. Wir können inzwischen die Zeit sehr genau bestimmen – hier verbessern wir uns ständig. Denken wir nur an all die naturwissenschaftlichen Hilfsmittel, die uns mittlerweile zur Verfügung stehen. Wir können immer genauer den Ort bestimmen – auch hier werden wir ständig zuverlässiger. Denken wir nur an die Fortschritte in der Archäologie. Endlich kann man die Drahtzieher entdecken, das WER festlegen, den Ursprung, die Veranlasser, die Beweger, die Strippenzieher. Und man kann Ereignisse von verschiedenen Gesichtspunkten aus beleuchten, wodurch sich ebenfalls die Wahrhaftigkeit erhöht.
Genaue Zeiten, genaue Orte, handelnde Personen und verschiedene Gesichtspunkte weisen in Richtung Wahrheit. Präzise Zahlen und Statistiken stützen die Zuverlässigkeit einer Aussage oder eines Ereignisses ab.
Allen Problemen lassen sich positive Einsichten und Lösungen gegenüberstellen. Nichts ist fataler, als überhaupt nichts zu wissen, als Geschichte gar nicht zu kennen. Aber wir müssen unser Konzept von Wahrheit verändern. Es gibt zugegebenermaßen allenfalls eine Annäherung an die geschichtliche Wahrheit, die auf einer angenommenen Skala von minus 100 bis plus 100 eingezeichnet werden könnte.
- 100
// 0
+ 100
Grad der Wahrheit in der Geschichtsschreibung
Minus 100 würde vollständige Lüge bedeuten, plus 100 vollständige Wahrheit. Beide Extreme sind unerreichbar.
Während Geschichtsschreibung im Altertum im Allgemeinen bestenfalls bei + 30 anzusiedeln ist, können wir heute von einer Geschichtsschreibung von + 70 sprechen. In einigen Fällen wird der Wert weit höher liegen, in anderen weit tiefer. Aber noch einmal: Hier handelt es sich nur um ein Denkmodell. Die „Wahrheit“ eines Thukydides ist weit höher anzusiedeln als die „Wahrheit“ eines heutigen Diktators in Nord-Korea etwa, der über Geschichte reflektiert.
Dennoch befindet sich jeder Historiker auf einer bestimmten Stelle der obigen Skala, die Wahrhaftigkeit seiner Aussagen könnte zumindest theoretisch mit einem Wert, einer Zahl, bemessen werden. Mittlerweile befinden wir uns also in der komfortablen Lage, jede
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