Neobooks - Transalp 12
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BUCH 12
SONNTAG, 15. JULI 2012
Dogenpalast, 21.55 Uhr
S o ein schönes Paar. Und das in der Bleikammer, in der schon Casanova eingesperrt war. Der war auch immer doppelt so alt wie seine Weiber!«
Anselm Plank und Stephanie Gärtner fuhren herum. Da stand der Mann, dem sie über die Alpen gefolgt waren. Er trat aus dem Schatten eines dunklen Ecks nach vorne.
»Spindler. Sie sind verhaftet«, fiel Plank sein Auftrag wieder ein.
»Jaja, passt schon. Auf italienischem Boden. Nix da. Und es geht auch um Wichtigeres als um mich.« Spindler winkte mit dem Buch.
»Wenn Sie uns bitte freundlicherweise aufklären wollen?«, sagte Gärtner.
»Ihr wisst es doch schon, sonst wärt ihr nicht hier. Der Gröfaz hat sein Vermächtnis in dieser Stadt verstecken lassen. Und dazu auch noch ein riesiges Vermögen.«
»Die Brillis für die obersten Orden der Nazis.«
»Die auch. Aber ein noch viel größeres Vermögen. Die Burschen haben ihren Goldschatz in einem U-Boot in der Lagune versenkt.«
»Und wo, steht auch im Vermächtnis?«
»Das hoffe ich. Da gibt es nur Gerüchte. Auf alle Fälle müssen wir uns beeilen, wenn uns die Kerle, die sie auf uns angesetzt haben, nicht erwischen sollen.«
»Wir müssen also in Richtung dieses Zahlenrätsels, das Sie da vorne auf den Boden gemalt haben?«, wollte Gärtner wissen.
»Das werden die auch denken. Nein, für euch ist dieses Rätsel viel zu leicht.«
»Die ersten Zahlen des Roulettekessels«, wusste Plank.
»Sehr gut, Herr Hauptkommissar.«
»Also ins Casino von Venedig«, fiel Gärtner dazu ein.
»Ich bin beeindruckt. Und wenn die genauso schlau sind wie ihr, dann glauben sie das auch. Weil, in dem Gebäude ist immerhin Richard Wagner gestorben.«
»Gut. Das verschafft uns Zeit. Wir müssen dieses Vermächtnis jetzt finden«, sagte Plank.
»Dazu habe ich euch hierhergeholt.«
»Wir sind eine schlechte Verstärkung. Die Kollegin ist angeschossen und wir haben beide keine Waffen.«
»Bin ich Benno Spindler, oder nicht? Geht in euer Hotel und seht unter den Betten nach. Wir treffen uns um Punkt Mitternacht am Bootssteg des Hotels Danieli.« Mit diesen Worten verschwand Spindler durch eine perfekt in die Seite eingelassene Tür der Bleikammer, die man ohne Wissen um ihre Existenz nicht sehen würde. Sie hatte keinen Griff und keine Klinke. Plank und Gärtner standen vor einer undurchdringbaren Wand aus Blei.
»Nichts wie raus hier«, sagte Gärtner.
Kaum dass sie durch die richtige Tür wieder hinaus auf den Gang getreten waren, hörten sie Stimmen, die durch die hohen Räume des Palazzo hallten. Plank legte den Zeigefinger auf die geschlossenen Lippen und bedeutete der Kollegin, sich in seinem Windschatten an der Wand entlangzubewegen. Sie versuchten den Weg zu rekonstruieren, den sie gekommen waren. Die anderen Stimmen verstummten. Hatten diese Menschen, wer immer es auch war – vielleicht nur die Nachtwächter, vielleicht aber auch die Nazis – etwas von ihrer Anwesenheit bemerkt? Sie schlichen eine Treppe nach oben, und als sie den Raum an deren Ende betraten, waren sie trotz ihrer misslichen Lage von dessen Opulenz beeindruckt. Der Mond schien durch die Fenster, und das Blattgold, das überall die Wände, Bilderrahmen und Möbel schmückte, warf sein kaltes Licht in sanftem Schimmer zurück. Stephanie Gärtner schaute sich in dem Raum um, und ihr Blick blieb an dem riesigen Lüster hängen, der von der Decke hing. In diesem Moment achtete sie nicht auf den Abfalleimer, der an der Wand stand. Sie rannte genau mit ihrem verwundeten Oberschenkel gegen dessen oberen Rand. Sie schrie vor Schmerz auf. Blechern schepperte der Drahtkorb, als er auf dem Marmorboden aufschlug.
Dann ging alles blitzschnell. Durch das hohe Portal am anderen Ende des Saals stürmten zwei Männer mit ultrakurzen Maschinenpistolen im Anschlag. »Auf den Boden, Hände hinter den Kopf!«, schrien sie. Über die Treppe, die die beiden Polizisten nach oben gekommen waren, stürmten ebenfalls zwei Männer in den Raum. Sie trugen die Uniform der Wachmänner. Plank und Gärtner warfen sich keine Sekunde zu früh flach auf die Steinplatten. Mit kurzen Feuerstößen streckten die Männer mit den MPis die Wachleute nieder. Die Kugeln sausten direkt über das Ermittlerpaar hinweg. Keine zehn Sekunden später hatte jeder von ihnen ein Stück Klebeband vor dem Mund und einen schwarzen Stoffsack über dem Kopf. Mit Kabelbindern wurden ihnen die Arme auf dem Rücken an den Handgelenken
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