Die Günstlinge der Unterwelt - 5
war, um ihn zu unterrichten, schmiegte sich fest an ihn und blickte schweigend hinunter in die Kuppel.
Richard spürte, wie die Königin unten in dem trüben Becken nach ihm rief, ihn drängte, sie zu befreien. Das Singen seines Yabree fuhr ihm in die Knochen.
Er streckte die Hand aus und ließ sein Verlangen nach außen strömen. Er streckte den anderen Arm nach vorne und richtete den Yabree parallel zu den Fingern seiner anderen Hand nach unten. Die stählernen Messer erklangen, von der Kraft, die durch ihn hindurchströmte, in Schwingungen versetzt.
Die Klingen des Yabree schwangen, ihr Surren wurde höher, bis die Nacht aufschrie. Der Ton war schmerzhaft, doch Richard ließ es nicht leiser werden. Merissa wandte sich ab und hielt sich die Ohren zu, als die Luft vom Geheul des Yabree widerhallte.
Der kuppelförmige Schild unter ihnen erzitterte und begann zu glühen. Mit einem ohrenbetäubenden Scheppern zersplitterte der Schild. Stücke davon, glühendem Glas gleich, regneten auf das Becken herab und erloschen noch im Fallen.
Der Yabree verstummte, und die Nacht war wieder still.
Eine massige Gestalt regte sich und befreite sich aus den Schlingpflanzen. Flügel wurden, ihre Kraft erprobend, ausgebreitet, dann erhob sich die Königin mit verzweifelten Schlägen in die Luft. Mit den nötigsten Flügelschlägen stieg sie zum Rand der Kuppel auf, wo sie mit den Krallen am Mauerwerk Halt suchte. Sie begann, am Mauerwerk des Turmes hinaufzuklettern, auf dem Richard und Merissa standen. Mit sicheren, langsamen und kräftigen Zügen hievte sie ihren glänzenden, massigen Körper die Säule hinauf.
Endlich hielt sie an und klammerte sich an den Pfeiler neben Richard, so wie sich ein klauenbewehrter Salamander an einen glitschigen Baumstamm krallt. Im hellen Licht des Mondes konnte Richard erkennen, daß sie rot war wie Merissas Kleid. Zuerst glaubte Richard, einen roten Drachen vor sich zu haben, bei näherem Hinsehen jedoch konnte er die Unterschiede erkennen.
Arme und Beine waren muskulöser als die eines Drachens und mit kleineren Schuppen bedeckt, die eher denen eines Mriswiths glichen. Eine erhabene Reihe ineinandergreifender Panzerplatten zog sich vom Schwanzende bis zu einem Stachelbüschel am Kopfansatz der Länge nach an der Wirbelsäule entlang. Oben auf dem Kopf, am Ansatz mehrerer langer, biegsamer Stacheln, befand sich eine vorstehende, mit Reihen schuppenlosen Fleisches besetzte Wölbung, die gelegentlich beim Ausatmen flatterte.
Der Kopf der Königin schwenkte herum, schaute, suchte. Ihre Flügel entfalteten sich und strichen leise durch die Nachtluft. Sie wollte etwas.
»Was suchst du?« fragte Richard.
Sie verdrehte den Kopf nach unten, zu ihm, stieß ein verärgertes Schnaufen aus, das ihn in einen eigenartigen Duft einhüllte. Irgendwie empfand er dadurch ihr Verlangen intensiver. Der Duft besaß eine Bedeutung, die er verstand. »Ich will an diesen Ort.«
Dann drehte sie den Kopf nach draußen in die Nacht hinter den Pfeilern. Sie schnaubte und stieß dabei ein langes, langsames Grollen aus, das in der Luft zu beben schien. Richard konnte erkennen, daß sie die Luft durch die fleischigen Streifen auf ihrem Kopf ausatmete. Sie flatterten und erzeugten dadurch das Geräusch. Den schweren Duft noch immer in der Nase, betrachtete er die Weite der Nacht vor dem Turm.
Die Luft schimmerte und wurde heller, als vor ihm ein Bild aufzutauchen begann. Die Königin trompetete erneut, und das Bild hellte sich noch mehr auf. Es handelte sich um eine Szene, die Richard wiedererkannte – Aydindril, wie durch einen unheimlichen, bräunlichen Nebel hindurch. Richard konnte die Gebäude der Stadt erkennen, den Palast der Konfessoren, und, als sie erneut trompetete und das Bild, das vor ihm durch den Nachthimmel zog, ein weiteres Mal heller wurde, die Burg der Zauberer, die sich an der Bergflanke erhob.
Ihr Kopf schwenkte zu ihm herum, sonderte wieder einen Duft ab, anders als der erste. »Wie komme ich an diesen Ort?«
Richard staunte grinsend, daß er über einen Duft verstand, was sie sagen wollte. Er grinste auch deshalb, weil er ihr helfen konnte.
Er streckte den Arm aus, und ein Glühen schoß aus ihm hervor, das die Sliph beleuchtete. »Dort. Sie wird dich hinbringen.«
Die Königin löste sich flügelschlagend vom Pfeiler und glitt hinüber zur Sliph. Sehr gut fliegen konnte die Königin nicht, wie Richard erkannte. Sie konnte ihre Flügel ein wenig zu ihrer Unterstützung einsetzen, aber bis
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