Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Titel: Die Günstlinge der Unterwelt - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
Miene nicht entspannte, fuhr er fort: »Er frißt keine Menschen. Er würde nie jemandem etwas tun«, beruhigte er sie. »Es ist in Ordnung, Fräulein Sanderholt, bestimmt.«
    Richard blickte hoch in das finster dreinblickende, zähnefletschende Gesicht. »Gratch«, sagte er leise aus dem Mundwinkel heraus, »hör auf mit dem Geknurre. Du machst ihr angst.«
    »Richard«, wandte sie ein und beugte sich näher zu ihm hinüber, »Gars sind gefährliche Bestien. Das sind keine Haustiere. Gars kann man nicht vertrauen.«
    »Gratch ist kein Haustier, er ist mein Freund. Ich kenne ihn, seit er ein Jungtier war, als er noch halb so groß war wie ich. Er ist zahm wie ein Kätzchen.«
    Ein nicht überzeugtes Lächeln trat auf Fräulein Sanderholts Gesicht. »Wenn Ihr meint, Richard.« Plötzlich riß sie entsetzt die Augen auf. »Er versteht doch nicht, was ich sage, oder?«
    »Schwer zu beurteilen«, gestand Richard. »Manchmal versteht er mehr, als ich für möglich halte.«
    Gratch schien sie nicht zu beachten, während sie sich unterhielten. Er war vollkommen konzentriert und schien etwas zu wittern oder zu sehen, was ihm nicht gefiel. Richard glaubte, daß er Gratch schon einmal so knurren gehört hatte, konnte sich aber nicht genau erinnern, wo oder wann. Er versuchte, sich die Situation ins Gedächtnis zu rufen, doch das Bild in seinem Innern entglitt ihm immer wieder, obwohl es greifbar nahe schien. Je angestrengter er es versuchte, desto mehr entzog sich ihm die schattenhafte Erinnerung.
    »Gratch?« Er packte den kräftigen Arm des Gar. »Gratch, was ist?«
    Gratch war starr wie Stein und reagierte nicht auf die Berührung. Indem er gewachsen war, hatte auch das Leuchten in seinen grünen Augen an Stärke gewonnen, doch nie zuvor war es so wild gewesen wie jetzt. Die Augen strahlten geradezu.
    Richard ließ den Blick über die Schatten unten wandern, auf die diese grünen Augen wie gebannt starrten, konnte jedoch nichts Außergewöhnliches entdecken. Weder zwischen den Säulen noch entlang der Mauer des Palastgeländes befanden sich Menschen. Es war bestimmt ein Kaninchen, entschied er schließlich. Gratch war ganz versessen auf Kaninchen.
    Im Licht der Dämmerung waren die ersten Fetzen purpurroter und rosa Wolken zu erkennen, und nur noch wenige der allerhellsten Sterne glitzerten am westlichen Himmel. Mit dem ersten fahlen Licht kam ein sanfter, für den Winter ungewöhnlich milder Wind auf, die in das Fell des riesigen Tieres fuhr und Richards schwarzes Mriswithcape aufblähte.
    In der Alten Welt, während seines Aufenthaltes bei den Schwestern des Lichts, war Richard in den Hagenwald gegangen, wo die Mriswiths auf der Lauer lagen – abscheuliche Kreaturen, die aussahen wie Menschen, halb zerschmolzen zu einem reptilienhaften Alptraum. Nachdem er gegen einen der Mriswiths gekämpft und ihn getötet hatte, hatte er entdeckt, welch erstaunliche Fähigkeit dessen Cape besaß – es konnte so perfekt, so makellos mit seinem Hintergrund verschmelzen, daß es den Mriswith – oder Richard, wenn er sich beim Tragen des Capes konzentrierte – unsichtbar zu machen schien. Es verhinderte auch, daß jemand mit der Gabe sie – oder ihn – spüren konnte. Aus irgendeinem Grund jedoch ermöglichte Richards Gabe ihm, die Gegenwart eines Mriswith zu fühlen. Diese Fähigkeit – eine Gefahr zu spüren, obwohl sie sich unter einem magischen Umhang verbarg – hatte ihm das Leben gerettet.
    Richard fiel es schwer zu glauben, daß Gratch Kaninchen in den Schatten anknurrte. Die Qual, das stumme Entsetzen über die Annahme, seine geliebte Kahlan sei hingerichtet worden, war in jenem herzzerreißenden Augenblick tags zuvor verflogen, als er herausgefunden hatte, daß sie noch lebte. Er freute sich ganz vorbehaltlos darüber, daß sie in Sicherheit war, freute sich überschwenglich, daß er die Nacht mit ihr allein an einem seltsamen Ort zwischen den Welten verbracht hatte. Er hätte singen mögen an diesem wundervollen Morgen und ertappte sich dabei, wie er, ohne es zu merken, lächelte. Nicht einmal Gratchs seltsame Anspannung konnte ihm die gute Laune verderben.
    Trotz alledem fühlte sich Richard durch das kehlige Geräusch abgelenkt, und Fräulein Sanderholt fand es offenkundig alarmierend. Sie saß steif auf der Kante einer Stufe neben ihm, ihr wollenes Tuch fest um sich geklammert. »Still, Gratch. Du hast eben eine ganze Hammelkeule bekommen und einen halben Laib Brot. Du kannst unmöglich schon wieder Hunger

Weitere Kostenlose Bücher