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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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ganz weg, deine Stimme wieder einmal zu hören. Nach zwei Jahren...“
    „Nicht ganz, Miles. Es sind fast auf den Tag genau dreiundzwanzig Monate. Wie läuft denn deine Hundezucht, draußen in Clapstone?“

    Miles Gordwell betrachtete stirnrunzelnd die Pfütze zu seinen Füßen, die immer größer wurde und sich in kleinen Rinnsalen in die Bodenritzen verteilte. „Na ja, Reg. Mit dem Gewinn ist es nicht so toll, bisher. Aber ich stehe ja erst am Anfang, und alles braucht seine Zeit, sogar die Hundezucht. Dieses Sauwetter bringt eine Menge Arbeit mit sich. Meine Beagles stehen dauernd bis zum Bauch im Dreck. Gefällt ihnen gar nicht. Ist ja auch buchstäblich ein Hundewetter. Aber, sag mal: Wo bist du? In London? Können wir uns sehen?“
    „Nein, Miles. Ich rufe von auswärts an. Aber am Mittwoch in acht Tagen, das ist der 21., da möchte ich dich gerne sehen.“
    Miles Gordwell stutzte. „Sag mal, Reg, hast du einen bestimmten Grund, dich mit mir zu treffen?“
    Regs Stimme sank fast zu einem Flüstern herab: „Ja, Miles. Einen ganz bestimmten Grund. Ich möchte auch, daß du mit den Jungs redest. Wie geht es denen eigentlich? Mal was von ihnen gehört?“
    „Klar“, sagte Miles Gordwell eifrig, „es geht allen prächtig. Alan hat sich in Bromley einen Tabakladen gekauft. Mike hat in eine Buchhandlung eingeheiratet. Und Ritchie hat den Taxibetrieb seines verunglückten Bruders übernommen.“
    „Okay, Miles. Hör jetzt gut zu. Bereite die Jungs darauf vor, daß sie drei bis vier Monate abkömmlich sein müssen und dann...“
    Miles pfiff überrascht durch die Zähne: „So lange?“ »So lange, Miles“, unterbrach Reg. „Paß auf. Du kommst mit den Jungs am 21. um 20 Uhr ins Hotel Star in Watford. Ich werde mich dort für zwei Tage einmieten und für unsere Zusammenkunft einen Nebenraum bestellen. Offiziell natürlich für eine Pokerparty.“
    Miles Gordwell spürte in sich einen gewissen Grad an Spannung aufkommen. Alles in ihm konzentrierte sich schon auf den herannahenden Termin. „Okay, Reg. Mag’s sein, wie es will. Ich glaube nicht, daß einer der anderen absagt. Wird’s interessant?“
    Reg tat geheimnisvoll: „Ihr werdet auf eure Kosten kommen, Miles. Und noch was.“
    „Ja, Reg? Spuck es aus.“
    „Wir brauchen noch einen zuverlässigen Mann, einen, der ein Boot fahren kann und sich auch mit Bootsmotoren auskennt. Kennst du so jemanden?“
    Miles Gordwell kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Mmh, jaa, vielleicht. Soll der auch am Mittwoch nach Watford mitkommen?“
    „Nach Möglichkeit, ja.“
    „Nun, der wird aber wissen wollen, wie heiß die Sonne scheint, wenn er mitmacht. Was soll ich ihm sagen?“
    „Sag ihm, die Sonne scheint heiß, Miles. Sehr heiß. Es versteht sich, daß er kein Loch im Anzug haben darf. Aber danach kann er sich für eine lange Zeit im Schatten ausruhen.“
    „Na, hoffentlich verbrennen wir uns vorher nicht dabei“, brummte Miles Gordwell.
    Reg Stewart kicherte: „Seit wann bist du so ängstlich, Miles, alter Junge. Bisher lief doch immer alles wie geschmiert.“
    „War nur ein Scherz, Reg. Bisher hat ja wirklich immer alles bestens geklappt. Alles, was wir in die HAND nahmen.“ Er lachte über sein, wie er meinte, gelungenes Wortspiel.
    „Gut, dann bis Mittwoch, Miles.“
    „Alles klar, Reg. Ich freu’ mich drauf.“
    Miles legte den Hörer auf. Erst jetzt spürte er, daß er fröstelte. Er war bis auf die Haut durchnäßt. Der dicke Wollpullover hing an ihm wie ein nasser Sack. Die Haare klebten ihm in nassen Strähnen im Gesicht. Miles Gordwell schaute auf die schwere Standuhr in der Ecke des spartanisch nur mit einigen klobigen Holzmöbeln eingerichteten Raumes. Es war 18 Uhr 34. Zeit, die Hunde zu füttern.

Vier Überraschungen und ein heißer Tip

    Freitag, 16. Mai.
    Die erste Überraschung bescherte dieser Freitag allen Londonern. Die Sonne strahlte warm von einem fast wolkenlosen azurblauen Himmel — das Thermometer kletterte auf immerhin 21 Grad — , so als hätte sie sich nie ganze 19 Tage lang hinter einem Wolkenvorhang versteckt und das Feld kampflos Regen und Wind überlassen. Die Busfahrer waren auffallend freundlich an diesem Tag. Der Bobby am King’s Place regelte den Verkehr mit eleganten, fließenden Armbewegungen und wippte dazu leicht auf den Zehen. Der Blumenverkäufer in der Elmstreet hatte Hochbetrieb, was ihn zu farbenprächtigen Blumenarrangements hinriß, und viele Ehefrauen wurden von ihren Männern mit bunten

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