Die Hazienda des Gluecks
mich meine Mutter. In Worten, die ich nie im Leben vergessen werde, schleuderte sie mir entgegen, sie wünschte, ich wäre an seiner Stelle gestorben. Ich wäre der Teufel selbst, weil ich Alvarado hinaus in die See gelockt hätte, wo sich die tückische Krankheit in seinem Körper eingenistet hätte. Ich wäre zu hart, um jemals der Kinderlähmung zum Opfer zu fallen. Ich bestünde aus Eisen, genau wie mein Vater. Aber Alvarado, der so fröhlichen Herzens gewesen wäre und jedermanns Auge erfreut hätte, wäre von ihr genommen worden."
Wieder folgte eine lange und schmerzliche Pause. Colette wünschte sich sehnlichst, ihn in die Arme zu nehmen und ihn zu trösten, ihm zu sagen, dass sie ihn nicht mehr für einen Teufel hielt. Er war nur so hart, weil ihn die Umstände dazu gemacht hatten. Don Diablo war ein unglücklicher Mann, denn er gab sich die Schuld am Selbstmord seiner Mutter.
"Es geschah", sagte er mit kaum hörbarer Stimme, "am Abend der Beerdigung, gerade als die Sonne unterging. Ich hörte ihren Schrei, und ich war der erste, der sie fand. Das ist jetzt sechs Jahre her, und lange Zeit war die Hazienda Ruy ein Haus der Schatten."
Unvermittelt sah er Colette an. "Dann begegnete ich eines Tages einem Mann namens Charles Paget, der mir eine Miniatur zeigte und mich bat, nach seiner Tochter zu sehen, wenn ich jemals nach England kommen sollte. Als dein Vormund starb, schien mir auch, als wäre mit dir der Sonnenschein in mein Leben gekommen."
Er ließ seinen Blick über ihr Haar gleiten, das wie helles Gold auf der weißen Spitze lag.
In seinem Gesicht spiegelte sich ein Widerstreit der Gefühle. Er wollte, sie sanft behandeln, aber gleichzeitig loderte in ihm auch heftiges Verlangen auf.
Aber wenn er ihr nichts anderes als Leidenschaft geben konnte, so liebte sie ihn jetzt genug, um sich damit zufriedenzugeben. Aus eigenem Antrieb beugte sie sich zu ihm hinüber und drückte ihre Lippen auf seine Wange. Er blieb ganz still, als er diese Liebkosung spürte.
Als er dann endlich sprach, war seine Stimme so schneidend, dass sie zurückwich. "Ich will kein Mitleid von dir! Weißt du denn nicht - bist du immer noch nicht erwachsen genug, um zu erkennen, was ich von dir will?"
"Das habe ich schon immer gewusst", sagte sie und blinzelte, weil ihr die Tränen in die Augen traten. "Aber ich bringe es einfach nicht über die Lippen."
"Nein, natürlich nicht", knurrte er. "Du hast mir ja immer nur das Wort ,Hass' an den Kopf geworfen. Darum habe ich mich auch nie der falschen Hoffnung hingegeben, dass du jemals dieses Wort zärtlich flüstern würdest."
"Es flüstern?" Sie sah ihn befremdet an. "Hoffen, dass ich es sagen würde? Aber es ist doch kein Wort, das man zärtlich flüstert ..."
Allmählich begriff er, dass sie von zwei ganz verschiedenen Dingen redeten. Sein Blick glitt forschend über sie, und ein seltsamer Ausdruck spielte um seine Mundwinkel, so dass er beinah zu lächeln schien. "Es gibt nur zwei Worte, die die Beziehung zwischen Mann und Frau kennzeichnen, und sie sagen entweder alles oder nichts. Beide fangen sie mit einem L
an. Es gibt die Lust, die rein körperliche Anziehungskraft, die die beiden Geschlechter verbindet - und dann gibt es noch das andere, höhere - die Liebe. Du glaubst also, querida, dass ich nichts weiter als deinen Körper begehrt habe?"
Er schüttelte den Kopf. "Ich habe mich danach gesehnt, dir den Himmel zu schenken, aber anscheinend habe ich dir nur die Hölle auf Erden bereitet. Ich hatte gehofft, dass ich dir endlich etwas von dem begreiflich gemacht hätte, was ich für dich empfinde, bevor ich nach Argentinien abreiste. Was heute geschehen ist, hat mir jedoch gezeigt, wie sehr ich mich geirrt habe."
Plötzlich konnte sie den Gedanken nicht mehr ertragen, dass er zornig auf sie war, und schlang die Arme um seinen Hals. Mit aller Kraft presste sie sich an ihn. "Ich bemitleide dich nicht, Diablo. Nur ich selbst tue mir leid, weil ich so dumm gewesen bin. Ich dachte - ich glaubte, du wolltest mich nur, damit ich ein Kind von dir bekäme. Ich dachte, nur das allein zählte für dich - aber war es nur das, Diablo? Nur das?"
"Niemals, Gott ist mein Zeuge!" Er umarmte sie auf einmal so heftig, dass ihr fast die Luft wegblieb. "Ich hoffte deine Liebe zu gewinnen, querida, und ich wollte dich niemals fortlassen. Dich zu besitzen, dich in meinen Armen zu halten machte mich fast wahnsinnig.
Ich dachte, wenn du eine Weile lang von mir getrennt wärst, würdest du mich
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