Die Hazienda des Gluecks
gut hatte Marcus sie gelehrt, dass es keinen Weg zurück gab, wenn man sein Herz erst einmal verschenkt hatte.
Als sie sich dem Haus näherte, durch dessen hohe Fenster das Licht aus dem Tanzsaal fiel, bemerkte sie mit ihren scharfen Augen und ihrem wachen Verstand sofort, dass irgend etwas nicht in Ordnung war. Die Paare, die sich vorhin zu den Klängen der Musik im Kreis gedreht hatten, standen jetzt erschrocken in kleinen Grüppchen beieinander. Ihre Stimmen klangen gedämpft, so als wäre etwas Entsetzliches geschehen, von dem sie nicht laut zu sprechen wagten.
Colette stand wie angewurzelt unter den hängenden Zweigen einer Trauerweide. Ihr Herz schlug ängstlich, als ein großer Mann die Treppenstufen der Veranda herunterkam und sich schweigend einen Weg durch die Menge bahnte.
Er erinnerte an einen bronzehäutigen Indianer, und seine geschmeidigen Schritte glichen denen eines Tigers. Das war Colette gleich beim erstenmal aufgefallen, als er nach Stonehill Mansion zu Besuch gekommen war. Sie war ihm in der Bibliothek vorgestellt worden, aber als er dann wieder ging, hatte sie sich im Schatten der Galerie verborgen gehalten. Über die Brüstung gebeugt, hatte sie ungesehen beobachtet, wie er das Haus verließ.
Am nächsten Tag hatte Marcus ihr erzählt, dass der Mann aus Mexiko stammte und so unermesslich reich war, dass sich englische Industriemagnaten neben ihm wie Besitzer von Tante-Emma-Läden ausnahmen.
"Wie heißt er?" hatte sie gefragt. Sie war eigentlich von Natur aus nicht neugierig, aber der Mann hatte einen so ungewöhnlichen Eindruck auf sie gemacht.
Und jetzt kam Don Diablo Ezreldo Ruy auf sie zu, und je mehr er sich ihr näherte, desto dunkler schienen seine Augen zu werden, und die Worte des gestrigen Gesprächs hallten in Colettes Ohren wider.
"Er sieht aus wie ein Teufel", hatte sie zu Marcus gesagt. "Seine Mutter muss wohl auch so gedacht haben, als sie das Baby zum erstenmal sah und ihm seinen Namen gab, Diablo
Teufel!"
Marcus hatte in seiner ironischen, lässigen Art gelacht, aber er hatte sie mit einem seltsam eindringlichen Augenausdruck angesehen, der sie stutzig machte. Insgeheim fragte sie sich, in welcher Beziehung ihr Vormund wohl zu diesem Mexikaner stehen mochte. Karten spielten sie jedenfalls nicht, das hatte Marcus verneint.
Die Erinnerung an diese Unterhaltung ging Colette nicht aus dem Kopf, als der hochgewachsene Don Diablo jetzt vor ihr stand. Er neigte den Kopf und sprach dann Worte, die Colette nie mehr im Leben vergessen sollte.
"Ich bedaure, Miss Paget, aber Ihr Vormund ist plötzlich erkrankt."
"Ich muss zu ihm!" rief sie impulsiv aus.
"Nein." Eine schmale Hand, die eine furchterregende Stärke ahnen ließ, hielt sie zurück, als sie Hals über Kopf ins Haus stürzen wollte. "Sie können nichts tun, Senorita. Es war Herzschlag - schnell und tödlich. Ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihr Vormund gestorben ist.
Es ist eine traurige Pflicht, diese Nachricht jemandem zu überbringen, der Marcus Stonehill so nahe stand wie Sie. Es ist wenigstens ein Trost, dass der Tod ihn rasch ereilte und er nicht leiden musste. Es traf ihn, als er gerade ein ausgezeichnetes Blatt auf den Tisch legte. Ich sah ihm zu. Er lächelte, Miss Paget."
"Lächelte?" wiederholte sie verwirrt. "Lächelte, als er starb?"
"Ja, Senorita. Man kann auch so sterben."
"Aber - nein - Marcus kann nicht tot sein!" Sie schrie diese Worte hinaus, weil sie erst jetzt deren volle Bedeutung erfasste und ihr der Schmerz wie ein Messer durchs Herz fuhr.
"Er ist alles, was ich habe! Alles, was für mich überhaupt eine Rolle spielt! Marcus! Marcus!"
Sie wollte wieder zum Haus laufen, aber Don Diablo hielt sie zurück. Colette versank in einer Ohnmacht und spürte nur noch, wie er sie hochhob und auf seinen starken Armen davontrug. Als sie Stunden später wieder erwachte, lag sie in ihrem Zimmer auf Stonehill.
Neben ihrem Bett saß Lucrezia und kühlte ihr die Stirn.
"Carissima, du musst dich mit dieser furchtbaren Tatsache abfinden. Der Signore ist von uns gegangen, und dort, wo er jetzt ist, wird er wieder mit Miss Daisy Zusammensein. Nur sie allein hat er geliebt, und du musst immer daran denken, dass sie da oben miteinander vereint sind, was sie hier auf Erden nie sein konnten."
"Aber Lucrezia", stammelte Colette und blickte hilfesuchend die alte italienische Amme an, die Sie seit dem Tag betreute, an dem die schöne Daisy Paget nur wenige Stunden nach der Geburt des Babys gestorben war. "Aber, es
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