Die Hazienda des Gluecks
hätte und überglücklich gewesen wäre, jedes Jahr schwanger zu werden. Gott weiß, warum ich dich geheiratet habe, aber ich werde nicht zulassen, dass du so unglücklich und verzweifelt bist, dass du vom Balkon meines Hauses springst."
Bei diesen Worten verzerrte der Ausdruck unsäglichen Schmerzes sein Gesicht, und plötzlich berührte seine Hand ihre Haare, schmiegte sich an ihre Wange und glitt ihren Hals herab zu ihrer Schulter. "S chon einmal in meinem Leben habe ich eine Frau blutend und mit gebrochenen Gliedern dort unten liegen sehen, und ich verspreche dir, Colette, wenn du dich so verzweifelt danach sehnst, mein Haus zu verlassen, dann gebe ich dich frei."
Sie hörte ihn, aber ihr Herz jubelte nicht vor Erleichterung. In ihrem Ohr hallten die Worte nach, die er gesprochen hatte, bevor er sie freigab.
"So ist sie also gestorben?" flüsterte sie. Irgend etwas hielt sie davor zurück, den Namen jener Frau, die ihm heilig gewesen war, laut auszusprechen.
"Ja." Ein tiefer Seufzer entrang sieh seiner Brust. Als habe er gemerkt, dass er sie mit seinem Gewicht fast zerdrückte, weil er sich so dicht über sie gebeugt hatte, richtete er sich plötzlich auf. Colette kam sich augenblicklich verlassen vor, und sie fröstelte. Sie spürte das starke Verlangen, sich an ihn zu klammern und seinen Körper so fest an sich zu pressen, dass sie kaum noch Luft bekam. Das Gefühl war so überwältigend, dass es ihr einen fast physischen Schmerz bereitete. Ihre Finger umklammerten die Bettdecke, und es war ihr gleichgültig, ob sie die zarte Spitze dabei zerriss. Sie wollte ihn - wollte Diablo, ob er sie liebte oder nicht.
Auf einmal konnte sie dem Unerträglichen gefasst ins Auge schauen, auf einmal wusste sie, wie unendlich er gelitten hatte, als jene andere Frau auf so furchtbare Weise starb.
"Wie konnte sie so etwas nur tun?" fragte Colette leise. "Wie konnte sie dir so weh tun, wo sie doch wusste, dass du sie liebst?"
"Sie wusste, dass ich sie liebte, aber sie gab mir die Schuld an Alvarados Tod." Die Worte kamen abgehackt und zögernd aus seinem Mund, so als hätte er niemals daran gedacht, sie auszusprechen.
"Du meinst..." Colette starrte auf sein finsteres, gequältes Gesicht. "Sie liebte deinen Bruder?"
"Aber natürlich." Er hob die Augenbraue, aber nicht spöttisch wie sonst, sondern eher in trockener Verwunderung. "Er war ihr Lieblingssohn, obwohl ich sie so sehr liebte. Madre mia, sie war so hübsch und voller Charme. Immer war sie so entzückt, wenn sie in Alvarado ihr eigenes Ebenbild erkannte. Schlank, mit ihren großen Augen und ihrer Lebensfreude."
Sein Gesicht verdüsterte sich noch mehr. "Er war ihr Heiliger, ich war der Teufel für sie.
Und der Teufel zeigte sein wahres Gesicht, als Alvarado an Kinderlähmung erkrankte, nachdem er und ich zum Riff hinausgeschwommen waren, wo sich ein Tigerhai versteckt hielt. Der Mörder war dicht ans Ufer gekommen und hatte einem jungen Fischer beide Beine abgerissen. Es war Alvarado, der mich aufforderte, mitzukommen und den Hai zu töten.
Madre sagte, dass ich mich hätte weigern sollen. Es wäre meine Pflicht gewesen, Alvarado zurückzuhalten."
Don Diablo hob resignierend die Hand. "Er wäre trotzdem gegangen, und weil ich fürchtete, dass der Hai ihn angreifen würde, so wie er schon einmal einen Menschen angefallen hatte, ging ich mit ihm. Wir töteten das Tier. Danach gab es eine Fiesta in der Stadt, bei der jedermann die erfolgreiche Jagd feierte."
Er verstummte, und sein Blick ruhte auf Colette, die dort ganz still lag und jedes seiner Worte begierig aufnahm. Ohne eine richtiggehende Lüge auszusprechen, hatte die alte Carmen Colette zu dem Glauben veranlasst, die Frau auf dem Foto wäre seine Geliebte, dabei war sie in Wirklichkeit seine Mutter.
"Damals war das Wasser des Ozeans noch stark verschmutzt. Nach ein paar Tagen erkrankte mein Bruder. Die Kinderlähmung hatte ihn in ihrer schwersten Form gepackt. Eine eiserne Lunge wurde aus Mexico City hierhergeflogen, aber es gab keine Rettung mehr. Mein jüngerer Bruder, den jeder liebte, der ihn kannte, und den noch so vieles im Leben erwartete, starb einen qualvollen Tod. Er, der immer so herzlich gelacht hatte, besaß nicht einmal mehr genug Kraft in den Lungen, um atmen zu können. Meine Mutter wich nicht von seiner Seite, und sie war auch in der Stunde seines Todes bei ihm."
Er hielt einen Moment inne und fuhr dann stockend fort. "Als Alvarado seine Augen für immer geschlossen hatte, verfluchte
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