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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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meine Seele konnte nicht mehr ertragen. Ich würde fliehen, wenn ich musste, würde Geveg verlassen und gen Süden reisen, würde die Drei Territorien und den Einflussbereich des Herzogs hinter mir lassen. Die Berge durchqueren und sehen, ob ich das Bergvolk fände, von dem Großmama uns immer erzählt hatte.
    Geveg zu verlassen wäre schmerzhaft, aber besser, als des Herzogs Geheimwaffe zu sein. Aber wenn Saea mir gnädig war, würde es vielleicht nie so weit kommen. Lanelle wusste zwar alles, aber sie kannte meinen echten Namen nicht, und in dem ganzen Durcheinander klangen ihre Geschichten trotz allem ziemlich weit hergeholt. Jemand, der immun gegen freigesetzten Schmerz war ? Das war verrückt. Vielleicht würde niemand ihr glauben.
    Nein, mit Vielleichts war ich fertig. Jemand würde sie ernst nehmen, und irgendwann würde der Herzog oder das Konsortium nach mir suchen. Darauf musste ich vorbereitet sein. Mein Haar schneiden, es färben. Tali würde sich ebenfalls tarnen müssen. Sie hatte sich immer rotes Haar wie das von Aylin gewünscht, also würde es wohl nicht allzu schwer sein, sie zu überzeugen.
    Wir würden es schaffen, lange genug, dass die Schifterin in Vergessenheit geriete und wieder zu einem Mythos verkäme, über den die Mündel und Lehrlinge nach dem Unterricht schwatzen würden. Danach konnten Tali und ich uns unser Leben zurückholen. Sogar ein besseres Leben. Nun ja, ein besseres Leben für mich. Tali hatte immerhin einer Zukunft als Heilerin entgegenblicken können, vermutlich einer guten Zukunft, aber das war vorbei. Ich hatte ihr Leben gerettet, aber hatte ich nicht auch ihre Zukunft geopfert? Was würde nun aus der Gilde werden? Aus uns? Hatte ich meine Schwester zu einem Leben im Versteck verurteilt?
    Die Strahlen der untergehenden Sonne tauchten die Stadt in ein dunkles Gold, als wir zum letzten Haus auf unserer Liste marschierten. Auf den Straßen waren nun mehr Soldaten unterwegs, um die Nachwehen der Aufstände, die die Lügen des Erhabenen geschürt hatten, zu ersticken. Die Leute waren immer noch wütend, immer noch kampfbereit, aber viele waren auch wieder nach Hause gegangen, nachdem die Lehrlinge zu erzählen begonnen hatten. Doch war es nach allem, was in den letzten beiden Tagen passiert war, unmöglich, die Gerüchte aus der Welt zu schaffen. Dass es kein Pynvium mehr gab, war das Hauptthema, gefolgt von dem Gerede über einen Angriff auf die Gilde.
    Ich pochte an die Tür eines kleinen Bauernhauses auf einer winzigen Bauerninsel. Gepflegte Süßkartoffelfelder erstreckten sich hinter dem Häuschen, das Grün wucherte üppig, die Kartoffeln waren bereit zur Ernte.
    Eine Frau, so gepflegt wie ihre Felder, öffnete die Tür. »Ja?« Ein misstrauischer Zug spiegelte sich in ihren Augen, aber sie sah nicht verängstigt oder trauervoll aus.
    »Wir sind hier, um deine Töchter zu heilen.«
    Ihre Finger flogen an ihre Lippen, suchten, einen Aufschrei der Dankbarkeit zu ersticken. »Mögen die Heiligen euch segnen und ihre Hand schützend über euch halten. Ich bin euch so dankbar! Sie sind gleich hier.« Sie machte kehrt, rannte zurück ins Haus und rief die Namen ihrer Töchter. Die Tür ließ sie weit offen stehen.
    »Schätze, wir sollten reingehen«, sagte Aylin und steckte den Kopf hinein.
    »Sie von hier draußen zu heilen wäre auch nicht ganz einfach.« Tali trat ein und folgte der Frau zur Rückseite des Hauses. Ich zuckte mit den Schultern und ging ebenfalls hinein.
    Ein schlichtes Haus hieß uns willkommen. Alte Möbel, aber gut gepflegt und glänzend poliert. Volle Kissen in satten Farben, die nur bei denen, die direkt unter einem Fenster lagen, verblasst waren. Die ordentlichen Vorhänge und Teppiche mochten dünn sein, erfüllten aber ihren Zweck.
    »Ein schönes Haus«, sagte Danello mit einem sehnsuchtsvollen Ausdruck in den Augen, den ich auch in Aylins Augen sehen konnte.
    Sieben Haken mit gleichartigen Staubmänteln hingen hinter der Tür. Sieben Stühle standen am Tisch. Es gab nur drei Schlafzimmer, also mussten sich mehrere Leute ein Zimmer teilen. Eine Bauernfamilie, die ihren kleinen Flecken Land bewirtschaftete und genug verdiente, um dieses einladende Haus zu bewahren. Nein, nicht Haus: Zuhause.
    Ich erinnerte mich gut an die beiden Frauen, die ich zuletzt mit Schmerz beladen hatte, ehe ich aus Zertaniks Haus gerannt war. Drei Söhne und der Vater hatten sich aufgemacht, um bei dem Fährenunglück zu helfen, und waren verletzt worden. Vier Männer, die

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