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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nicht mehr arbeiten konnten, um auf den Feldern der Familie bei der bald fälligen Ernte zu helfen. Vier Männer mit Schwestern und Töchtern, die bereit waren, ihren Schmerz zu übernehmen, um die Familie über Wasser zu halten.
    Mein Schleusen hatte keinem von ihnen das Leben gerettet, denn keiner von ihnen hatte in Lebensgefahr geschwebt. Aber es hatte ihre Existenz, ihr Zuhause geschützt. Es hatte ihnen geholfen, als Familie zusammenzubleiben. Von solchen Familien gab es nicht mehr viele in Geveg, und wir brauchten sie, um uns an früher zu erinnern und neue Hoffnung zu schöpfen.
    Danello lächelte. »Siehst du, was du gerettet hast?«
    Eine Familie. Eine Geveger Familie. Ich hatte Schaden angerichtet, aber ich hatte auch Gutes bewirkt.
    Ich war nicht nur eine Waffe. Ich war nur diejenige, die die schweren Entscheidungen treffen musste. Wie Mama. Wie Großmama.
    Eine Last senkte sich auf meine Brust, und plötzlich fiel es mir schwer zu atmen. »Ich bin draußen«, murmelte ich und strebte zur Tür. Draußen plumpste ich auf eine Gemüsekiste.
    Danello folgte mir und setzte sich zu mir. »Weißt du«, sagte er und rieb sich den Nacken, »ich habe das Gefühl, das ist alles meine Schuld.«
    »Wieso sollte irgendetwas von alldem deine Schuld sein?«
    »Hätte ich dich nicht gebeten, meinen Vater zu heilen, hättest du dich vielleicht nicht überreden lassen, andere zu heilen. Ich habe das Gefühl, ich hätte dir den Schubs gegeben, der dich auf diese abschüssige Bahn geführt hat.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, also starrte ich ihn eine Weile nur schweigend an. Die Prellungen, die er sich während der Aufstände zugezogen hatte, färbten sich langsam grün. Morgen würden sie purpurn sein. Er war immer noch süß, auch ohne Mondschein. »Es ist nicht deine Schuld«, sagte ich schließlich. »Dein Paps wäre gestorben. Und Tali und die Lehrlinge auch. Hätte ich nicht geschiftet, dann wären alle gestorben, und Zertanik und der Erhabene hätten sich mit dem Block davongemacht. Und morgen stünden dann die Soldaten des Herzogs vor den Toren, bereit, die ganze Stadt niederzubrennen.«
    »Ja, du hast wahrscheinlich recht, aber ...« Er seufzte.
    Ich seufzte ebenfalls. Ich war müde bis auf die Knochen. Schuldgefühle und Furcht fordern einem Mädchen wirklich eine Menge ab. »Niemand ist schuld. Alles, was du tun kannst, ist, das Huhn in der Hand zu rupfen und dir über die Gänse auf dem Feld später den Kopf zu zerbrechen.«
    Danello lachte, und ich bedachte ihn mit einem verhaltenen Grinsen. »Großmama?«, fragte er.
    »Ja. Ich vermisse sie.« Und Mama und Papa und eine ganze Menge anderer Dinge, die ich nie wieder haben würde. Aber ich konnte neu anfangen.
    »Tja«, sagte er, »man hat einfach das Gefühl, als müsste irgendjemand für all das bestraft werden.«
    Dieses Gefühl kannte ich nur zu gut. Jemandem die Schuld geben zu wollen, aber nicht zu wissen, wem. Andererseits, wenn man es recht betrachtete, so war letztlich an allem der Herzog schuld. Er war derjenige, der uns unser Pynvium geraubt hatte, unsere Existenz, unser Leben. Der Erhabene hätte die Lehrlinge nicht mit Schmerzen vollgestopft, hätte der Herzog den Ältesten Vinnot nicht angewiesen, Menschen wehzutun, um anormale Löser zu finden.
    O ihr Heiligen! Wenn er Vinnot damit beauftragt hatte, dann hatte er gewiss auch anderen Ältesten den gleichen Auftrag erteilt. In wie vielen Heilerbünden gab es jemanden wie Vinnot, der im Auftrag des Herzogs Lehrlinge testete?
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte Danello.
    »Ihn aufhalten«, sprudelte ich hervor. Wie so viele Entscheidungen in meinem Leben hatte ich auch diese getroffen, ehe ich auch nur die Gelegenheit gehabt hatte, darüber nachzudenken.
    Danello stutzte. Einige Herzschläge lang stand sein Mund offen, ehe er ihn zuklappte, nur um ihn gleich wieder aufzumachen: »Wen aufhalten?«
    »Den Herzog. Vermutlich fügt er überall in den Drei Territorien Heilerlehrlingen Schmerz zu und versucht, die besonderen Fähigkeiten mancher Löser an die Oberfläche zu zwingen. Aber er setzt keine anormalen Löser in seinen Truppen ein, sonst hätten wir längst Gerüchte darüber gehört. Wozu also braucht er sie dann?«
    »Zu nichts Gutem, schätze ich.«
    »Ich muss es herausfinden. Ich muss ihn aufhalten.« Selbst wenn das bedeutete, dass ich nach Baseer musste.
    »Nya, sich mit dem Herzog anzulegen ist nicht das Gleiche, wie sich mit der Gilde anzulegen. Der Herzog hat ganze Armeen

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