Die Heimkehr des Highlanders
vollkommene Liebe genießen.«
»Gott wird wissen, weshalb er unserem Volk dieses grausame Schicksal auferlegt«. Màiri verstummte und trieb verbissen die Pferde an.
Joan war nie besonders gottesfürchtig gewesen; doch als Ewan im Zeittunnel verschwunden war, hatte sie Nacht für Nacht gebetet und nun hatte sich ihre Einstellung gewandelt. Sie blinzelte in den mittlerweile blauen Himmel und fragte sich, ob Gott dies alles wirklich zulassen würde, wenn es tatsächlich einen gab. Aber diese Frage hatten sich schon Generationen vor ihr gestellt und viele nach ihr würden sie stellen.
Es war längst dunkel, als sie die Hügel am Fuße der Ruine erreichten. Nur am flackernden Schein der Fackeln konnte man aus der Ferne erkennen, dass sich dort irgendwo in der Finsternis eine Ansammlung von Menschen befand.
Beim Näherkommen erkannte Joan unzählige Zelte und dass aus anderen Richtungen ebenfalls Trecks herbeiströmten. Joan wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte, so sehr fesselte sie der Anblick der vielen wild durcheinander redenden Menschen, die sich begrüßten, in die Arme fielen und ausgelassen lachten.
Noch bevor Joan vom Kutschbock klettern konnte, spürte sie Ewans kräftige Arme um ihre Taille.
»Bist du sehr müde, mo ghràidh? «, fragte er mit besorgtem Unterton, als sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte.
Sie schmiegte sich an ihn, sog tief seinen vertrauten männlichen Geruch von Wald, Tabak und Moschus ein und murmelte in sein Plaid: »Mir geht es großartig, ich möchte noch nicht schlafen.«
»Aber du siehst erschöpft aus.«
Lachend löste sie sich von ihm und nahm Donny entgegen, der gerade erwacht war und sich neugierig umschaute. Ealasaid quengelte auf dem Arm ihrer Mutter und beruhigte sich erst, als Peader nahte und sich mit seinem Töchterchen beschäftigte.
Màiris Söhne hingegen waren aus dem Wagen geklettert, kaum dass er zum Stehen gekommen war, und machten bereits die Gegend unsicher. Überall konnte man Kinderstimmen hören, die Kleinen, die normalerweise um diese Zeit längst im Bett lagen, tollten ausgelassen zwischen den Zelten umher.
Allmählich konnte Joan verstehen, weshalb sich alle auf dieses Treffen freuten und wurde von dieser Freude nun ebenfalls ergriffen.
Aus den Augenwinkeln erkannte sie, dass Dòmhnall zu ihrer Mutter getreten war und ihr etwas ins Ohr flüsterte, worauf sie sich verlegen abwandte und dabei feststellte, dass sie von ihrer Tochter beobachtet wurde.
Ewan nahm ihr Donny ab. »Komm, ich zeige dir, wo die Kinder schlafen. Wenn wir uns später zur Ruhe begeben, holen wir ihn in unser Zelt.«
Das Kinderzelt lag etwas abseits und war größer als die anderen. Einige Babys und Kleinkinder schliefen bereits darin, eingehüllt in warme Lammfelle. Ein paar junge Mädchen aus verschiedenen Clans hielten Wache und knicksten artig, als Ewan ihnen auftrug, gut auf Donny achtzugeben, den Joan in einer dunklen Ecke des Zeltes stillte, nachdem sie ihn von seiner schmutzigen Windel befreit hatte.
Dem Baby in Joans Bauch schien das kontinuierliche Schaukeln des Wagens zu fehlen. Es machte sich bemerkbar. Noch waren seine Tritte zaghaft, fast wie ein Hauch, doch Joan war jedes Mal überglücklich, wenn sie ihr Kind spürte. So wusste sie wenigstens auch ohne Stethoskop und Ultraschall, dass es am Leben war und es ihm gut ging.
Sorgfältig deckte Joan ihr Söhnchen zu, dem bereits die Augen wieder zugefallen waren, dann gab sie ihm einen Kuss auf die weiche, runde Wange und lächelte den Mädchen beim Verlassen des Zeltes freundlich zu.
Ewan stand wartend neben dem Eingang, worüber Joan dankbar war. Trotz der zahlreichen Fackeln erkannte sie kaum einen der anwesenden Menschen um sich herum. Ohne ihren Mann an der Seite hätte sie sich sehr verlassen gefühlt.
»Komm, ich zeig dir den Festplatz.« Er reichte ihr die Hand, und während er Joan durch die schwatzende und lachende Menschenmenge führte, erklärte er ihr noch einmal den Ablauf des einwöchigen Treffens.
Am Nachmittag des nächsten Tages würden sich alle rund um den Festplatz versammeln. Ein Mann aus jedem Clan würde lautstark verkünden, dass sein Clan anwesend sei.
Danach würde man sich offiziell begrüßen, während die Ochsen bereits auf ihren Spießen über den Lagerfeuern brutzelten. Später würde es zu Wettkämpfen kommen und es würde getanzt werden.
Joan hoffte, dass Ewan wieder seinen Schwerttanz vorführen würde, den sie einst heimlich vom Fenster aus bei der
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