Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
jüdischen Konzerne: die vier Zweige der Rothschilds, die Lazards, die großen deutschen jüdischen Bankhäuser wie Warburg oder Kuhn Loeb und Einzelgänger wie Sir Ernest Cassel. Obwohl sich die weißen Angelsachsen wie so viele Menschen damals gelegentlich antisemitisch verhielten, behandelten beide Gruppen einander mit vorsichtigem Respekt. Allerdings waren sie alle miteinander Snobs, die auf Eindringlinge herabsahen. Es handelte sich um eine Gesellschaft, die eingebildet und selbstzufrieden sein konnte, der die Probleme von Armut und Arbeitslosigkeit gleichgültig waren. Nur in Deutschland – und das ist ein Teil dieser Geschichte – wurden diese unterschwelligen Vorurteile am Ende wirklich bösartig.
Als ich damit begann, über diese vier Zentralbankiers und die Rollen zu schreiben, die jeder einzelne dabei spielte, die Welt in die große Depression zu treiben, tauchte immer wieder eine weitere Figur auf, drängte sich fast in die Szenerie: John Maynard Keynes, der größte Wirtschaftswissenschaftler seiner Generation, obwohl er erst 36 Jahre alt war, als er 1919 erstmals auftauchte. In keinem Akt dieses Dramas, das auf so schmerzvolle Weise aufgeführt wurde, hielt er still und bestand auf mindestens einem Monolog, wenn auch außerhalb der Bühne. Im Gegensatz zu den anderen war er kein Entscheider. Er war in diesen Jahren nur ein unabhängiger Beobachter, ein Kommentator. Aber bei jeder Drehung und Wendung der Handlung hielt er von außen seinen unbestechlichen und spielerischen Verstand dagegen, seinen strahlenden und bohrenden Intellekt und vor allem seine bemerkenswerte Fähigkeit, Recht zu behalten.
In der nun folgenden Geschichte erwies sich Keynes als nützlicher Kontrapunkt zu den vier anderen. Sie alle waren große Herren des Finanzwesens, Bewahrer einer Orthodoxie, die sie gefangen zu halten schien. Im Gegensatz dazu war Keynes eine Nervensäge, Dozent in Cambridge, Selfmade-Millionär, Publizist, Journalist und Bestsellerautor, der aus dem lähmenden Konsens ausbrach, der in eine solche Katastrophe führen sollte. Er war zwar nur etwa zehn Jahre jünger als die vier Würdenträger, aber es sah so aus, als gehöre er einer völlig anderen Generation an.
Um die Rolle der Zentralbankiers während der großen Depression zu verstehen, muss man zunächst einmal wissen, was eine Zentralbank ist und wie sie funktioniert. Zentralbanken sind geheimnisvolle Institutionen; die ganzen Details ihrer inneren Funktionsweise sind so geheimnisumwoben, dass sie kaum ein Außenstehender versteht, nicht einmal Wirtschaftswissenschaftler. Wenn man die Dinge auf das Wesentliche reduziert, dann ist eine Zentralbank eine Bank, der man das Monopol auf die Herausgabe einer Währung eingeräumt hat. 1 Diese Macht verleiht ihr die Fähigkeit, die Preise von Krediten zu regulieren – also die Zinsen – und so darüber zu entscheiden, wie viel Geld der Wirtschaft zur Verfügung steht.
Trotz ihrer Rolle als nationale Institutionen, die die Kreditpolitik ganzer Länder bestimmten, waren die meisten Zentralbanken 1914 immer noch in Privatbesitz. Sie besetzten somit eine seltsame Mischzone. In erster Linie waren ihre Direktoren für sie verantwortlich, die meist Bankiers waren. Sie zahlten Dividenden an ihre Aktionäre, hatten aber außerordentliche Macht in Bereichen, die in keiner Weise gewinnorientiert waren. Anders als heute, da die Zentralbanken per Gesetz dazu verpflichtet sind, Preisstabilität und Vollbeschäftigung anzustreben, bestand 1914 der wichtigste und alles andere dominierende Zweck dieser Institutionen darin, den Wert der Währung zu bewahren.
Damals unterlagen alle bedeutenden Währungen dem Goldstandard, der den Wert einer Währung auf eine bestimmte Menge Gold festlegte. Zum Beispiel war ein Pfund Sterling als Äquivalent zu 113 »Grains« Feingold definiert, wobei ein Grain dem Gewicht eines typischen Korns in der Mitte einer Weizenähre entsprach. Der Dollar war als 23,22 Grains Gold von ähnlichem Reinheitsgrad definiert. Da alle Währungen in Gold festgelegt waren, lagen natürlich auch alle Wechselkurse fest. Sie lagen also zum Beispiel bei 113 / 23,22 oder 4,86 Dollar je Pfund Sterling. Alle Arten von Papiergeld mussten legal und frei gegen Gold eintauschbar sein, und jede bedeutende Zentralbank war dazu bereit, Gold gegen jede beliebige Menge ihrer eigenen Währung zu tauschen.
Gold war schon seit Jahrtausenden als Währungsform verwendet worden. 1913 zirkulierten mehr als drei Milliarden Dollar
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