Die Herren von Everon
hatte, war die Isolierung von seinen Mitpassagieren und ihr unverhüllter Haß.
Er saß da, streichelte Mikey und hörte das jetzt nicht mehr verständliche Murren der Stimme hinter ihm. In der stark reflektierenden Trennwand, an der die Metalltafel hing, sah er dunkel sein Spiegelbild. Ein großer, magerer Mann Anfang Zwanzig mit starkem Knochenbau und etwas langem Gesicht, mit dunklen Haaren und noch dunkleren Augen. Herren von Everon lautete die Inschrift auf der Tafel. Es war der Name der Gesellschaft, die die ersten Kolonisten dieser Welt, zu der er hinabstieg, gegründet hatten, dieser Welt, die Mikeys Geburtsort war.
Mikey stieß aufmunternd mit dem massigen Kopf gegen Jefs Brust. Zwischen Jef und dem Eingeborenen von Everon, der trotz seiner seit Jahren unveränderten Halbwüchsigkeit die Maße eines großen Bernhardiners hatte, bestand eine Verbindung, die manchmal der Telepathie nahekam.
„Schon gut, Mikey, schon gut …“, flüsterte Jef dem Maolot zu.
Er gab sich Mühe, gar nicht mehr an die anderen Passagiere zu denken. Aus seiner Jackentasche zog er ein einzelnes Blatt Papier. Er hatte es nach dem Tod seines Vaters zwischen den wenigen Briefen gefunden, die sein älterer Halbbruder William nach Hause geschrieben hatte. Das Blatt zeigte eine mit schwarzer Tinte flüchtig gezeichnete Landkarte, einen Weg von Everon-Stadt zur Küste, zurück durch das Grasland und in die Berge hinein. Die gestrichelte Linie endete an einem Punkt, der als Tal der Throne bezeichnet war, und neben diesem Namen waren drei Wörter geschrieben und umkreist.
„Hier Mikey gefunden.“
Jefs Hoffnung war es immer gewesen, den Grund herauszufinden, warum der auf der Erde aufgezogene Maolot niemals die Augen geöffnet und sich auch nicht zu voller körperlicher Reife entwickelt hatte, indem er Mikey an den Ort seiner Geburt zurückbrachte. Zumindest war es nicht unvernünftig erschienen, daß Mikey, war er erst einmal zurück auf seiner Heimatwelt, eine Reaktion zeigen würde, die die The se von Jefs Doktorarbeit rechtfertigte. Ihr zufolge lag in den Maolots ein Schlüssel zum besseren Verständnis des Planeten Everon und vielleicht auch zum besseren Verständnis anderer kolonisierter Welten verborgen. Diese Hoffnung und diese These hatten Jef in den Kampf um das Forschungsstipendium geschickt, das sie nun beide hierherbefördert hatte. Grund genug, daß er sich von der Einstellung der anderen Passagiere nicht beeinflussen lassen konnte. Jetzt durfte einfach nichts mehr schiefgehen, ganz gleich, was er und der Maolot auszuhalten hatten. Er steckte die Karte wieder weg.
Der Mann, der zuvor gesprochen hatte, erhob von neuem die Stimme. Jef versuchte, sie zu ignorieren. Ein Gefühl der Leere hatte sich mit der traurigen Bitterkeit vereint. Diese Leute – und andere wie sie – würden jene Mitmenschen sein, von deren Hilfe seine Existenz abhing, sobald er einmal auf der Oberfläche Everons angelangt war. Wie sollte er sie um ihre Hilfe bitten, wenn sie entschlossen waren, auf diese Art zu reagieren?
Die Stimme ließ sich nicht ignorieren. Sie stieg wieder zu hörbarer Stärke an, und plötzlich wurde Jef von der traurigen Bitterkeit überwältigt. Er legte eine Hand auf den Sitz neben sich, bereit, sich auf die Füße zu stellen, vor den Sprecher zu treten und die Sache mit ihm auszufechten. Aber kaum hatte er dies gedacht, als der Maolot mit der überraschenden Reaktion, die er immer auf Jefs Emotionen zeigte, von neuem den Kopf hob. Mikeys schwerer Körper, katzengleich und geschmeidig, spannte sich. Der große Löwenkopf drehte sich nach rückwärts dem unsichtbaren Sprecher zu; die Oberlippe zog sich von den krummsäbelförmigen Zähnen zurück, die bereits imstande waren, einen menschlichen Arm glatt durchzubeißen, und die ungeöffneten Augen starrten genau in die Richtung der Stimme. Sie starrten, als könne der Maolot nicht nur durch die metallene Trennwand und die menschlichen Körper, die sich dahinter befinden mußten, hindurchblicken, sondern auch durch den Sprecher selbst.
„Nein, nein“, flüsterte Jef, der die Selbstbeherrschung schnell zurückgewann. „Es ist schon gut … alles gut, Mikey. Leg dich!“
„Wenn ich etwas zu sagen hätte …“ Wieder erhob sich die Stimme über die leisere Unterhaltung der anderen Passagiere. „Wenn ich doch bloß etwas zu sagen hätte, dann …“
„Ja, wenn Sie doch etwas zu sagen hätten“, fuhr unerwartet eine andere Stimme dazwischen. Es war ein heller, lebhafter
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