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Die Herren von Hermiston

Titel: Die Herren von Hermiston Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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schämen. Ich kann das Vaterunser mit gutem Gewissen beten. Wäre Hob krank oder in Not, ich tat' ihn mit Freuden besuchen. Aber Scharwenzeln und Schöntun und Herumparlieren – nein, danke bestens!«
    Archie lächelte leise; er lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Ich glaube«, meinte er schlau, »du und Mrs. Hob seid nicht besonders gute Freunde, wenn ihr eure Kaschmirschals tragt.«
    Sie sah ihn schweigend an, ein rätselhaftes Funkeln in ihren Augen; und das war alles, was Archie je von der Schlacht der Kaschmirschals erfahren sollte.
    »Kommt keiner von ihnen je, dich zu besuchen?« forschte er weiter.
    »Mr. Archie«, entgegnete sie, »ich hoffe, ich weiß, was sich für meine Stellung schickt. Das wär' mir eine schöne Sache, wenn ich Eures Vaters Haus mit einem schmutzigen, schwarzhäuptigen Clan vollstopfen möchte, von dem kein einziger (wenn ich's denn schon offen sagen muß) das bissel Seife wert ist, das man an ihn verschwendet, mich selbst ganz allein ausgenommen! Nein, nein, die sind alle miteinander durch die verdammten schwarzen Ellwalds verdorben! Ich kann die Schwarzhaarigen nun mal nicht leiden!« Und in plötzlicher Erkenntnis Archies fügte sie hastig hinzu: »Nicht daß es bei den Mannsleuten so viel ausmacht, aber daß es reinweg unweiblich ist, kann wohl keiner bestreiten! Langes Haar ist eine Zierde der Frauenzimmer; dafür haben wir Zeugen genug – es stehtschon in der Bibel –, und das ist doch ganz klar, daß der Apostel irgendein blondhaariges Mädel damit gemeint hat, denn – Apostel oder nicht – er war ja trotz allem doch nur ein Mannsbild wie Ihr selbst!«

6 – Ein Blatt aus Christinas Gesangbuch
    Archie war ein fleißiger Kirchgänger. Sonntag für Sonntag durchmaß er mit jener kleinen Gemeinde das Zeremoniell des Gottesdienstes, hörte die Stimme von Mr. Torrance, einer schlecht gespielten Klarinette gleich, sprunghaft von Tonart zu Tonart sich steigern und erhielt Gelegenheit, des Geistlichen mottenzerfressenen Talar und schwarze Zwirnhandschuhe zu studieren, wenn der alte Herr die Hände im Gebet faltete oder sie beim Segen in ehrfürchtiger Andacht zum Himmel erhob. Der Hermistoner Kirchenstuhl war ein kleiner, viereckiger Kasten von den gleichen zwergenhaften Ausmaßen wie die Kirche selbst und umschloß einen Tisch, nicht viel größer als eine Fußbank. Hier saß Archie mit der Miene eines Prinzen, der alleinige unverkennbare Gentleman und wohlhabende Erbe der Gemeinde, und machte es sich bequem – sein Kirchenstuhl war der einzige mit Türen. Von hier aus konnte er ungestört die ganze Versammlung überblicken: gesetzte Männer in ihren Plaids, robuste Frauen und Töchter, Kinder, die unter dem Drucke des Gottesdienstes seufzten, und unruhige Schäferhunde. Seltsam, wie sehr Archie den Eindruck des Rassigen entbehrte; die Hunde mit ihren edlen Fuchsköpfen und wundervoll gebogenen Ruten waren von allen Anwesenden die einzigen, die einen Anspruch auf Adel erheben durften. Selbst die Cauldstaneslaper Gesellschaft bildetekaum eine Ausnahme. Dandie vielleicht, wenn er so dasaß und sich die nicht enden wollende Last des Gottesdienstes durch Versekritzeln erleichterte, zeichnete sich ein wenig durch sein leuchtendes Auge und eine gewisse Lebhaftigkeit des Ausdrucks und Straffheit des Körpers aus; aber selbst Dandie hatte den locker schlurfenden Schritt des Bauern. Die ganze übrige Gemeinde bedrückte Archie ähnlich dem lieben Vieh durch das Bewußtsein ihrer erdgebundenen Routine; ein Tag verlief wie der andere körperliche Arbeit in frischer Luft, Hafergrütze, Erbsmehlpfannkuchen, ein schläfriger Feierabend neben dem Kamin und eine lange, durchschnarchte Nacht in einem Wandbett. Und doch kannte er viele von ihnen als schlaue, humorvolle Menschen; charakterfeste Männer, tüchtige Frauen, die sich etwas zu schaffen machten und von ihren niedrigen Hütten einen gewissen Einfluß ausstrahlten. Er wußte außerdem, daß sie nicht anders waren als andere Menschen; unter der Kruste der Gewohnheit lebte Begeisterungsfähigkeit; er hatte sie vor Bacchus die Zimbel schlagen hören – hatte ihren lärmenden Zechgelagen über ihrem Whisky-Toddy beigewohnt, und auch die hölzernsten und strengsten unter ihnen, ja selbst jene feierlichen Kirchenältesten, waren in Dingen der Liebe der seltsamsten Bocksprünge fähig. Da waren Männer, deren abenteuerliche Lebensreise sich ihrem Ende nahte – Mädchen, die voll zitternder Neugier erst an der Schwelle des Lebens standen –

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