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Eine geheime Liebe - Roman

Titel: Eine geheime Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Präludium

    Meine liebe Freundin,
    mitten in der unwirklichen Ruhe einer ungewöhnlich verschneiten Provence sitze ich an dem kleinen Schreibtisch, den Thierry in unser Schlafzimmer gestellt hat, direkt vor das Fenster. Seine Umstellung war ein liebevolles Zugeständnis an mein ewiges Rückzugsbedürfnis. Heute Morgen nach dem Frühstück hat sich Thierry mit unserem Antiquitätenhändler in Isle-sur-la-Sorgue verabredet. »Ich habe mit Pocquelin telefoniert«, hat er gesagt und mich überschwänglich an sich gedrückt. »Angeblich hat er einen Tisch aufgetrieben, der perfekt zu den beiden Stühlen am Eingang passt. Ich schau ihn mir mal an.«
    Von meinem friedlichen Winkel aus sehe ich ihn in seinem gemächlichen Gang aufbrechen, betrachte seine breiten, einladenden Schultern, seine zurückhaltende Eleganz und preise den Augenblick, da ich ihn mit tausenden von Büchern und unbeschwerten Erinnerungen in dieses Haus aufgenommen habe. Der Garten wirkt verlassen mit seinen sanften, harmonischen Umrissen und den Bäumen, die sich dem Auge nun vollkommen kahl darbieten. Weißer Puder bedeckt die Terrakottakübel. Der unschuldige Schnee gibt
ihnen den Anschein von Perfektion und löscht jede Erinnerung aus. Eine Miniaturwelt. Selbst die Schneeflocken, die sich auf dem Rasen, wo die Pfoten vom Hund der Nachbarn weiche Spuren hinterlassen haben, wieder zu einer unberührten Decke zusammenschließen, trösten mich in ihrer Winzigkeit. Der Bildschirm meines Computers ist erloschen. Die Tastatur steht unberührt da und ist womöglich eifersüchtig auf den alten Füllfederhalter, den ich in der Schublade gefunden habe und nun verwende, um Kontakt zu Dir aufzunehmen. Ich muss Dir unbedingt schreiben, wenigstens heute.
    Kannst Du Dir mit dem schonungslosen Verstand Deiner vierundsiebzig Jahre vorstellen, dass ich von unendlicher Zärtlichkeit beseelt bin? Ich hoffe es sehr, denn genau das ist passiert, als ich kürzlich diesen Brief bekam. Und auch als ich die neun Ziffern seiner Telefonnummer wählte, einem Impuls folgend, der keinen Platz für andere Gedanken ließ. Mein Herz war aufgewühlt. Wie das einer jungen Frau.
    Sehr geehrte Signora, vor Monaten hat mein Vater den Wunsch geäußert, auf dem Friedhof eines kleinen Dorfes in der Nähe von Florenz begraben zu werden. Nie zuvor hatte er über den Tod gesprochen. Für ihn war er stets eine ferne Möglichkeit. Körperlich robust war mein Vater nicht gerade, und doch haben wir ihn immer für unsterblich gehalten.
    Zurzeit sortiere ich seine Bücher. Er hat verfügt, dass
wir Schwestern sie unter uns aufteilen und dabei der strengen alphabetischen Ordnung folgen sollen. Nicht auf die Masse, sondern auf den Wert der Dinge sollen wir achten, das hat er uns immer beizubringen versucht.
    Im Regal mit den Romanen habe ich eine Blechschachtel mit Briefen gefunden, alle ohne Umschlag, alle mit C. unterschrieben. Von meiner Mutter waren sie nicht.
    Ich würde mich gerne mit Ihnen treffen, Signora. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich in die Provence kommen.
    In der Hoffnung, bald von Ihnen zu hören, übermittle ich Ihnen meine herzlichsten Grüße,
    Lucrezia

Erster Satz
    Freitag

    Vormittags habe ich mir vorsichtshalber das Violinkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdy angehört, der es mir hoffentlich nachsieht, dass ich seine Musik manchmal als Therapie gegen meine Ängste missbrauche. Die Platte stand im Regal, das ich ihrem Vater gewidmet habe: Brahms, Schubert, Schumann, Mendelssohn, einer neben dem anderen, unschuldige Komplizen romantischer Verirrungen. Musik für Liebesfilme. Eindringlich. Schön. Ein wenig verworren.
    Die Platte hatte er mir an einem friedlichen Tag geschenkt. Virtuos von welchem Bogen auch immer gestrichen, ging von der Violine der brillante, gewundene Klang einer Pein aus, die ich zutiefst mit dem Morgen dieses einzigartigen Tages verband. Innerlich bereitete ich mich auf die Begegnung vor, es war die Generalprobe für ein wichtiges erstes Treffen. Die Fragen verfingen sich in meinem Gehirn und sprangen wie Tischtennisbälle hin und her, ein monotones, rhythmisches Geräusch. Wie soll ich sie begrüßen? Was soll ich sagen? Soll ich ihr bis zum Tor entgegengehen, oder wäre es besser, sie an der Tür zu empfangen, die Hände distanziert vor dem Körper verschränkt? Ist eine
herzliche Umarmung angemessen oder eher ein höflicher Händedruck? Was will sie überhaupt von mir?
    Einer Tochter die körperlichen Vorzüge ihres Vaters zu beschreiben, schien mir

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