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Die Herrin der Flammen

Titel: Die Herrin der Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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und plötzlich wurde ihr bewußt, wie sehr sie Lalo um die Gabe beneidet hatte, die ihm unbeabsichtigt gegeben worden war und derer er sich nur mit Zittern und Zagen bediente.
    Illyra blätterte durch die Karten, die Lalo fertiggestellt hatte. »Vielleicht – wenn die richtigen Karten dabei sind…« Sie nahm eine heraus, noch eine, dann drei weitere. »Wenn ich lese, sind der Kunde und die Karten und ich im Großen Muster verbunden, und die Karten, die aufgedeckt werden, spiegeln seine Verflechtung darin wider. Das Große Muster ist die Ursache, die Karten sind die Wirkung. Mein Lesen ist nur ein Deuten dessen, was bereits da ist.«
    Gilla nickte, und die S’danzo fuhr fort: »Aber wenn ich die Karten in einem bestimmten Muster lege und es durch meinen Willen an das Große Muster binde…«
    »Kannst du den Vorgang umkehren?« wisperte Gilla. »Die Karten zur Ursache machen?«
    »Ich könnte – ich würde – ich werde es!«
    Entschlossen griff Illyra nach den Karten und trug sie zu einem Tischchen mit Einlegearbeit in einer Ecke. Sie hielt eine Karte hoch und zeigte sie Gilla. »Hier, diese soll für den Kunden und seine Umgebung stehen…« Sie legte sie auf den Tisch.
    Gilla blinzelte. Sie sah nur die Sohne strahlend auf eine gemalte Stadt scheinen. »Was ist das für eine?«
    »Wir nennen sie Zenit – die Mittagssonne –, aber dein Mann hat außer der Sonne auch eine Stadt gemalt.« Illyra hielt die Hände darüber, schloß die Augen und runzelte konzentriert die Stirn. »So, wie du Zenit warst, wirst du nun diese Stadt werden!« murmelte sie. Sie tauchte einen Finger in das Malwasser und spritzte einen Tropfen auf die Karte. »Mit Wind und Wasser gebe ich dir nun den Namen Freistatt und mache dich zum Kunden dieser Sitzung.«
    Sie sollte das nicht tun! dachte Gilla, die zusah, wie Illyra unter den ausgewählten Karten suchte. Ihre Bewegungen bannten den Blick. Gilla erinnerte sich, wie Roxane den Blick gebannt hatte, und schauderte. Aber sie hatte nie verstanden, was die Beweggründe der Nisibisihexe gewesen waren, der trotz ihres gewaltigen Wissens die Freuden und Leiden gewöhnlicher Frauen fremd blieben. Illyra dagegen konnte sie nur zu gut verstehen. Wir sollten das nicht tun! dachte sie nun.
    Gilla spürte, wie der Puls in ihren Schläfen pochte, und spürte die Wut einer Wölfin, deren Welpen getötet wurden. Ihr ganzes Leben lang hatte Angst sie gequält: in Notzeiten, Angst zu verhungern; in Zeiten des Überflusses, Angst, beraubt zu werden. Sie war damit aufgewachsen, stets auf verstohlene Schritte hinter sich zu lauschen, wenn sie aus dem Haus ging, und in Schatten und dunkle Ecken zu spähen, in denen etwas lauern mochte. Dann hatte sie Kinder geboren, und die Angst um sie war um so vieles größer, als die um sich selbst, wie der Schimmelfohlenfluß tiefer und schrecklicher war als die Abwässer von Freistatt. Und nie hatte es irgend etwas gegeben, das sie dagegen hätte tun können! Nie, bis jetzt…
    Unheildrohend wie ein Berg, der sich in Bewegung setzt, durchquerte Gilla das Gemach mit Schritten, die den Fußboden erschütterten. Sie ließ sich gegenüber der S’danzo an dem Tischchen nieder.
    »Was steht dagegen, Seherin?« fragte sie.
    »Das Lanzenschiff«, antwortete Illyra, »der Narwal, der eine gute Karte sein kann, aber immer Veränderung bedeutet. In dieser Stellung bringt sie Unglück.«
    »Worauf hoffen wir?« setzte Gilla die Litanei fort.
    Illyra hob eine neue Karte ab und legte sie über die beiden ersten. Gilla erkannte sie – es war die Erz-Zwei umgekehrt, mit dem Stahl drohend nach unten gerichtet.
    »Und das haben wir bereits«, sagte die S’danzo. »Quecksilber, manche nennen sie auch Shalpas Karte, die Erz-Eins und das Fundament von Freistatt.« Die nächste Karte legte sie unter die beiden ersten.
    »Was davor war, ist das Antlitz des Chaos…« Illyra hielt eine Karte hoch mit dem Bild eines Mannes und einer Frau, verdreht und verzerrt wie in einem Fiebertraum. Sie lächelte grimmig und legte die Karte ab.
    »Und was wird sein, Seherin – zeig mir, was sein wird!« forderte Gilla.
    Sie spürte, wie Kraft von ihr zu der Frau gegenüber strömte, und wußte, daß mehr als nur S’danzogabe in dieses Lesen floß.
    Illyra hob eine weitere Karte ab. »Die Zikkurat!« Sie lächelte drohend. »Wir werden den Stolz der Zerstörer in den Schmutz treten!«
    Gilla betrachtete das Bild des einstürzenden Stufenturms und dachte an den zusammengeflickten Frieden, der seit Ankunft

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