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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sich die Männer geschlossen mit dem rechten Knie auf die Erde nieder, legten den Speerschaft auf ihren linken Oberschenkel und verbanden die Speerspitze und den Holzstab mit einem Lederriemen, den sie zuvor in ihr Haar geknotet getragen hatten. Sie arbeiteten rasch und schweigend. Zum Schluss klatschte der Anführer abermals in die Hände. Die Krieger standen wieder auf und bildeten einen Ring um das Feuer herum. In dem gleichen flötenden, an einen Vogel erinnernden Tonfall wie schon zuvor wurden nun verschiedene Namen aufgerufen. Bei jeder Nennung eines Namens trat ein Mann vor und präsentierte dem Kessel und den beiden daneben stehenden Wächtern sowohl seine Waffe als auch sich selbst. Was als Nächstes geschah, ließ Breaca den Atem in der Kehle stocken. Der Bottich war ihr nicht so groß vorgekommen, als dass er einen ganzen Mann hätte aufnehmen können, doch nun sah sie, wie jeder einzelne der Krieger hineinstieg und untertauchte, bis nur noch seine Haarspitzen zu sehen waren. Als sie wieder herauskletterten, waren sie keine Männer mehr sondern schimmernde Halb-Geister, silbrig-grau, als wollten sie sich farblich der nahenden Morgendämmerung anpassen, und sie glitten wie Gespenster durch den Nebel, der vom Fluss aufstieg. Am Rand des Teiches versammelten sie sich wieder, sorgsam darauf bedacht, nicht mit dem Wasser in Berührung zu kommen, und standen schließlich dort in schweigenden Reihen mit weit von ihren Körpern abgehaltenen Speeren. Sieben von ihnen mussten noch in den Bottich steigen, als der erste blutrote Zipfel der Sonne zu erkennen war, die sich über den östlichen Horizont erhob. In diesem Augenblick stimmte einer der Männer ein Lied in Moll an, und noch bevor die zweite Strophe begann, hatten auch alle anderen mit eingestimmt.
    Breaca spürte, wie die Großmutter sich bewegte. Ihre Stimme war nun nicht mehr so barsch wie vorhin und besser zu verstehen. Bei all dem Lärm aus dem Tal konnten sie nun wieder laut miteinander sprechen, ohne Gefahr zu laufen, von den Männern entdeckt zu werden. »Sieh dir die Muster an«, sagte die Großmutter. »Die Muster sind das Entscheidende.«
    Breaca sah genau hin. Der Färberwaid ergab die eisengraue Färbung, das hatte Airmid ihr einmal beigebracht, und wenn man ihn dann noch mit geschmolzenem Bären- oder Pferdefett vermischte, verlieh er der Haut eines Kriegers das silbrig schimmernde Grau, das sich am Bauch der Forelle fand und das in der Morgenoder Abenddämmerung die perfekte Tarnung ergab. Die Helden der Vergangenheit hatten sich oft dieses Tricks bedient; die Geschichten der Sänger berichteten von ihnen, wie sie sich Geistern gleich aus dem Nebel der Flüsse erhoben, um ihre Feinde zu überraschen. In der Dunkelheit der Nacht hatte Breaca die Verwandlung, die die Männer durchmachten, nicht verstanden. Nun, da sie sie mit größerer Aufmerksamkeit und im zusätzlichen Licht der Morgendämmerung betrachtete, sah sie, dass die Feuerhüter auch blauen Färberwaid verwendet hatten, vielleicht noch mit Speichel oder Eiweiß vermischt, um damit Zeichen auf Brust oder Rücken zu malen, oder, in einigen Fällen, auch auf die Unterarme der Krieger. Breaca brauchte lange, ehe sich die Muster für sie zu mehr als lediglich willkürlich gezeichneten Linien zusammenfügten. Erst als die Männer sich wieder am Feuer aufstellten, alle gemeinsam und dicht beieinander, konnte sie erkennen, was die Linien darstellten.
    »Sie tragen den Schlangenspeer! Das Zeichen, das du mir auf meinen Schild gemalt hast.« Breaca kam sich plötzlich sehr dumm vor, dass sie das nicht schon eher erkannt hatte. »Aber bei ihnen sieht er anders aus«, fügte sie hinzu. »Nicht so, wie du ihn gemalt hast.«
    »Nein. Hier hat die Schlange an beiden Enden einen Kopf und blickt sowohl nach links als auch nach rechts, nach vorn und nach hinten. Für diese Männer ist das, was geschehen ist, genauso wichtig wie das, was noch kommen wird. Die Vergangenheit trägt die Saat der Zukunft, und beiden muss Ehre erwiesen werden. Für dich bedeutet es das Gleiche. Wenn du in die Siedlung zurückkehrst, dann wirst du das Zeichen auf deinem Schild noch einmal malen. Und zwar so, dass es diesem hier gleicht.«
    »Ist es denn mein Zeichen?« Breaca spürte wieder den Stich der alten Furcht. Der Speer war kein Lebewesen, er konnte also nicht im Traum zu ihr sprechen, so wie die Frösche zu Airmid sprachen und der Zaunkönig zu Macha.
    Die Großmutter war unbarmherzig. »Es ist dein Zeichen, so lange,

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