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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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vorne kroch, entdeckte sie schließlich ein breites, am Ende abgerundetes Tal, das in die Erde eingelassen schien wie eine Schüssel zur Speisung der Götter, seine sanft abfallenden Seitenwände mit üppigem Gras und blühenden Ebereschen bewachsen. An der einen Seite schlängelte sich ein kleiner Fluss hinab und ergoss sich in einen See in der Talsohle. Fast in der Mitte brannte ein Feuer mit hoch auflodernden, züngelnden Flammen. Zu beiden Seiten des Feuers standen zwei Männer, jeder von ihnen hielt einen Stock in der Hand.
    Von Osten her, auf einem Pfad, der am Fluss entlang abwärts führte, näherten sich noch weitere Männer. Sie waren ziemlich klein, der größte von ihnen nicht kräftiger als die ältere Großmutter. Hätten sie Kleidung getragen, hätte Breaca sie vermutlich für Kinder gehalten, doch wie die Großmutter, so waren auch sie nackt, mit brauner Haut und dunklem Haar, und sie waren allesamt eindeutig erwachsen. Breaca konnte jedoch keine Frauen unter ihnen entdecken. Von einem hinter den Ebereschen liegenden Platz zerrte ein Dutzend von ihnen einen dickbauchigen Kochtopf herbei, so groß, dass man aus ihm die Bewohner eines ganzen Rundhauses hätte sättigen können, und stellten ihn zum Erhitzen auf das Feuer. Bald darauf trug der aufsteigende Rauch den saftigen, fleischigen Geruch von köchelndem Bärenfett zu Breaca hinüber.
    Der größere jener beiden Männer, die das Feuer schürten, überließ seinen Platz nun einem anderen und ging fort, um Wasser aus dem Teich zu holen, das er in einem überdimensionalen Alekrug transportierte. Als er das Wasser in den Kochtopf goss, zischte es dampfend auf. Nachdem er das neunte Mal auf diese Weise Wasser geholt hatte, beugte er sich über den Topf und begann zu sprechen. Breaca konnte zwar den Tonfall seiner Worte verstehen, der beinahe klagend klang, ähnlich dem Gesang eines Vogels in der Abenddämmerung, nicht jedoch seine Worte. Als er zu sprechen aufhörte, zischte das Wasser noch einmal heftig und verstummte schließlich.
    Nun wurde ein dritter Mann, dessen Brust ein mit gelber Farbe aufgemaltes Sonnensymbol zierte, herbeigerufen, um den Inhalt eines Gürtelsäckchens in die Mixtur hineinzugeben. Anschließend rührte er sie mit dem stumpfen Ende eines Speers um. Der Geruch aus dem Topf wurde noch intensiver, nahm das Gerbsäurearoma von Weißdornbeeren und den süß-säuerlichen Geruch von verschimmeltem Heu an, bis er sich schließlich zu einer Nuance entwickelt hatte, die Breaca gut kannte. Sie kochten Färberwaid, die heiligste aller Pflanzen und Schutzpatronin der Krieger und der gebärenden Frauen. Ihre Gedanken schweiften umher und brachten Erinnerungen an den Schlangenspeer auf ihrem Schild zurück, Erinnerungen an die noch sehr viel weiter zurückliegenden Vorbereitungen für die Niederkunft ihrer Mutter, und dann, plötzlich, erkannte sie, dass sie gerade Zeugin eines der Männerriten wurde und dass es Frauen verboten war, strengstens verboten nach allen Gesetzen der Götter und der Träumer, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, einen solchen Ritus zu beobachten, geschweige denn auf der feuchten Erde zu liegen und dies wahrhaftig zu tun. Von Panik erfasst, hielt Breaca sich hastig einen Arm vor die Augen und begann, rückwärts zu kriechen. Doch die klauenartige Hand der Großmutter schloss sich um ihr Handgelenk und hielt sie fest. Obgleich Breaca ihre Stimme kaum hören konnte, erklang sie in einem schmerzhaft ätzenden Tonfall.
    »Hätte ich dich hierher gebracht, wenn die Götter nicht ihre Zustimmung dazu gegeben hätten? Du wirst hier bleiben! Dies sind Dinge, die du dir ansehen musst.«
    Breaca blieb. Sie hatte keine andere Wahl. Unter ihr war nun auch der letzte der Männer auf der Talsohle angekommen. Ihre genaue Anzahl war schwer zu bestimmen, doch es mussten etwa dreißig oder mehr sein, die sich dicht um das Feuer herum versammelten. Eine weitere Handvoll Männer kauerte am Fluss. Auf ein Zeichen jener hin, die das Feuer schürten, wurden Speerschäfte aus dem Schatten der Ebereschen herbeigebracht und an die Männer verteilt. Nun wurden steinerne Speerspitzen aus einem in der Mitte liegenden Haufen ausgesucht. Jede von ihnen wurde mit Sorgfalt gewählt, doch selbst, als jeder Krieger sich die beste, die er finden konnte, genommen hatte, waren mindestens noch einmal so viele übrig, die kaum weniger perfekt waren.
    Der höherrangige der Feuerhüter wandte sich zur Gruppe um und klatschte in die Hände. Daraufhin knieten

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