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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Atem zischend wieder entweichen und klammerte sich sofort haltsuchend an den Stein. Ihr Magen verkrampfte sich vor Schreck, als sie hinunterblickte und dort, wo eigentlich der Erdboden hätte sein sollen, nichts als Luft entdeckte. Hier, versteckt vor neugierigen Augen, befand sich der Eingang zu dem Hügelgrab, eine schräg abfallende, mit Granitplatten verkleidete Grube, die geradewegs in die Erde hineinführte. Dort unten wartete schon ungeduldig die Großmutter.
    Der Anblick der Wasserratte - und viel mehr noch die damit einhergehende vermeintliche Vision - hatten Breaca mehr Mut abverlangt, als sie jemals zu besitzen geglaubt hatte. Verglichen damit schien das Betreten des Grabhügels nun eine Leichtigkeit zu sein. Denn es war nicht, wie sie vielleicht erwartet hätte, eine simple Erdhöhle, sondern eher ein breiter, am anderen Ende offener Tunnel, dessen Wände mit behauenen, glatt geschliffenen Steinen verkleidet waren. Von der Stelle im Eingang aus, wo Breaca gerade stand, konnte sie durch die gesamte Länge des Tunnels sehen und am anderen Ende einen im Schatten liegenden Busch erkennen, denn von beiden Seiten sickerte das Mondlicht in den Durchgang hinein, so dass das Innere letztlich auch nicht dunkler war als das Rundhaus am Abend. Langsam trat sie hinein. Drei steinerne Stufen, völlig abgewetzt von den unzähligen Generationen, die schon über sie hinweggeschritten sein mussten, führten die Schräge am Eingang hinab. Es war ein gutes Gefühl, auf den Pfaden der Ahnen zu wandeln. Bald hatte Breaca dann auch die Großmutter erreicht, die sich daraufhin umdrehte und sie tiefer in den Hügel hineinführte.
    In seinem Inneren war es erstaunlich trocken. Die Welt draußen war nach zwei Nächten voller Regen schließlich geradezu mit Wasser durchtränkt. Doch hier, im Inneren des Hügels, wo die großen Steinplatten an den Wänden und der Decke so eng zusammengefügt waren, dass weder Erde noch Wasser zwischen ihnen hindurchdringen konnten und die festgestampfte Erde zu ihren Füßen so ausgetrocknet war wie im Hochsommer, zerbröselte der Boden zwischen Breacas Zehen geradezu zu Staub. Hier konnte man auch die ausgetretenen Pfade erkennen, die die vielen Generationen bei ihrem Hindurchschreiten hinterlassen hatten und die parallel verliefen, als ob sie zu zweit hindurchmarschiert wären, Schulter an Schulter, oder aber als ob sie sich beim Eintreten strikt auf der einen Seite gehalten hätten und beim Verlassen des Tunnels auf der anderen. Breaca blieb instinktiv auf der Linken, der Schildseite, ihre Hand auf dem Heft ihres Messers. Vor ihr schritt die Großmutter genau in der Mitte und ignorierte die ausgetretenen Pfade.
    Das Ende des Tunnels kam ganz plötzlich und ohne jede Vorwarnung von den verehrten Toten in diesem Hügel, von denen Airmid ihr berichtet hatte. Breaca folgte der Großmutter drei Stufen hinauf und zurück in das gleißende Mondlicht. Die Landschaft hinter dem Hügel war jedoch nicht weiter bemerkenswert. Struppiges Buschwerk erstreckte sich bis zum Horizont. Zu ihrer Linken schäumte und sang der Fluss. Zu ihrer Rechten wuchs eine dichte Stechginsterhecke. Breaca suchte bereits nach einem Weg, der durch sie hindurchführte, als die Großmutter ihr einen leichten Schlag auf den Arm versetzte, sich duckte und Breaca auf ein Fuchsloch zuschob, das groß genug war, um hindurchzukriechen. Die Großmutter war klein und nackt und konnte sich ohne Schrammen hindurchzwängen. Breaca hingegen kam trotz ihrer schützenden Tunika nur mit langen Kratzern auf jedem Arm und einer dreieckigen Schnittwunde an ihrem Kinn daraus hervor.
    Sie holte gerade Luft, um zu sagen, dass sie auf dem Rückweg besser um die Hecke herum gehen sollten oder dass sie, Breaca, dann wenigstens als Erste durch die Hecke hindurch dürfte, um den Weg mit einem Messer zu erweitern, doch diese Worte waren noch gar nicht ausgesprochen, als die Großmutter ihr bereits ihre Hand auf den Mund presste und sie damit zum Schweigen zwang. Sie schob ihren Mund dicht an Breacas Ohr und flüsterte warnend: »Sag jetzt nichts! In der Bodensenke befinden sich Männer. Wenn sie dich hier bemerken, werden sie dich töten.« Dann zog sie ihre Hand wieder von Breacas Mund. Im Mondlicht hatten ihre Augen einen gelblichen Glanz, ähnlich wie ein Habicht.
    Breaca hatte überhaupt keine Bodensenke bemerkt. Flach auf dem Bauch liegend und im schützenden Schatten der Ginsterhecke, versuchte sie sie auszumachen. Als sie ein paar Meter weiter nach

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