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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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lächelte die Großmutter an. Die Lebensenergie der Sonne und des Speers pulsierten durch sie hindurch, und die alte Narbe in ihrer Handfläche, Relikt des ersten Todesstoßes, den sie versetzt hatte, begann leicht zu pochen. »Wo findet der Kampf statt?«, fragte sie.
    Die Großmutter nickte mit jener Geduld, die sie nur der hartnäckigen Unwissenheit der Jugend gewährte. Sie erhob die Hand und deutete nach Osten in Richtung Sonne. Im letzten Augenblick der Stille sagte sie leise: »Er findet hier statt.«
    Der Schrei klang beinahe menschlich; es war ein langes, durchdringendes Gellen, das der Schlachtruf aus den Kehlen einer ganzen Hundertschaft von Kriegern gewesen sein könnte. Breaca starrte ins Tal hinunter und ließ ihren Blick über den östlichen Rand des Pfades schweifen, auf der Suche nach dem Ursprung des Schreis. Erst als der erste Vogel vom Himmel herabschoss, erkannte sie, dass sie nicht einem Kampf von ebenbürtigen Gegnern beiwohnen würde, von Männern gegen Männer, Kriegern gegen Krieger, von Helden; sondern dass dies ein Kampf von Männern - kleinen, zierlichen Männern - gegen Adler war, den größten unter den Vögeln.
    Die Männer waren den Adlern zahlenmäßig unterlegen. Gleich zu Anfang hatte sich der Himmel unter dem gewaltigen Ansturm klatschender Schwingen verdunkelt, und bald sah Breaca auch schon den ersten Krieger sterben, seine Augen bis ins Gehirn hineingepresst, sein Schädel zerdrückt von messerscharfen Klauen, die selbst einem Hirsch das Genick hätten brechen können. Seine qualerfüllten Schreie, erstickt von Blut und Schmerzen, waren das Signal für den Großteil der Vögel, nun ebenfalls anzugreifen. Sie stießen nicht im Sturzflug aus großer Höhe herab, mit angelegten Flügeln, wie es die Falken taten, sondern flogen mit klatschenden Schwingen in einem flachen Winkel ins Tal hinunter. Die Spannbreite ihrer Schwingen war weitaus größer als die Speere der Männer, die ihnen entgegentraten. Sie schlugen im Vorbeifliegen zu, zerkratzten dabei Augen, Arme und Schultern, flogen weiter und wirbelten schließlich an den Rändern des Tals wieder herum, um erneut zum Angriff überzugehen. Nicht bei jedem Angriff rissen sie Wunden, und nicht jedes Mal kamen sie unverletzt davon, denn die Krieger kämpften jeweils zu zweit, und für jeden Mann, der verletzt oder getötet wurde, blieb somit einer übrig, um sogleich mit seinem Speer nach dem klauenbewehrten Angreifer zu stoßen. Vögel fielen mit schrillem Schrei herab, ihre Schädel wurden von Speerschäften zertrümmert, ihre Leiber aufgespießt. Doch selbst dann gaben sie noch nicht auf, sondern kämpften bis zum letzten Atemzug, und mehr als ein Mann wurde von einem bereits am Boden liegenden sterbenden Adler mit einem einzigen Klauenschlag noch so schwer verletzt, dass es auch für ihn keine Chance auf Rettung mehr gab. Die Krieger kämpften tapfer und mit langjähriger Übung. Jedes Mal, wenn einer von ihnen starb, suchte sich der überlebende Partner einen neuen, der gerade auf die gleiche Weise seines Mitstreiters beraubt worden war, um wieder ein neues Gespann zu bilden. Dennoch verringerte sich ihre Anzahl rapide, und die Lücken zwischen ihnen wurden immer größer. Die Schar der Adler war so groß, dass sie nicht zu zählen war, und die Vögel kannten keinerlei Angst. Es würde niemals ein fairer Kampf werden.
    Breaca beobachtete das Geschehen voller Entsetzen. Wenn die Großmutter ihren Arm nicht mit festem Griff umklammert hätte, wäre sie ungeachtet aller großmütterlichen Verbote ins Tal hinuntergerannt, um den Kriegern zu helfen. Stattdessen drückte sie ihre Faust gegen den Mund, um nicht aufzuschreien, und biss auf ihre Fingerknöchel, als die Krieger des Schlangenspeers einer nach dem anderen den Adlern zum Opfer fielen. »Das Färberwaid-Fett nützt ihnen nichts«, sagte sie. »Warum haben sie es dann verwendet?«
    »Weil es das ist, was schon ihre Väter und die Väter ihrer Väter getan haben, und sie immer noch nicht gelernt haben, es anders und besser zu machen.« Die Großmutter sprach mit schneidender Stimme. Es war nicht ersichtlich, ob ihre Verachtung Breaca und deren Unwissenheit galt oder auf die Krieger und deren blindes Vertrauen gemünzt war. »Der Färberwaid ist aber nicht gänzlich nutzlos. Wenn du genau hinschaust, siehst du, dass die Klauen dort, wo sie sonst in die Haut hineingeschlagen hätten, abrutschen, und selbst wenn sie dennoch Wunden reißen, würden diese dank des Färberwaids

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