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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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die Wehen einen Mond zu früh ein. Noch war das Schicksal Seneferu gewogen, und Ahmes schenkte einem gesunden und kräftigen Sohn das Leben.
    Das Volk jubelte dem Göttlichen zu, als er den Neugeborenen vom Erscheinungsfenster des Palastes aus zeigte: »Seht her, Völker des Papyrus- und des Lotuslandes. Dies ist mein erstgeborener Sohn, den ich Rahotep nennen will!«
     
     
    »Wann fahren wir nach Hause?«
    Mein Vater sah mich betroffen an. »Wir werden nie mehr zurückkehren, mein kleiner Liebling. Ich bin nach Mempi gekommen, um zu arbeiten. Der Lebendige Gott will das Grabmal seines Vaters des Netjer Huni zu Ende bauen. Huni hinterließ eine unvollendete Pyramide nahe der Residenz von Pihuni. Ich will dort Arbeit finden.«
    Er wies auf den Ausrufer, der mit lauter Stimme an der Straßenecke verkündet hatte, dass König Seneferu Arbeiter für das neue Pyramidenbauprojekt in der königlichen Residenz von Pihuni suchte.
    Alle für das Bauprojekt notwendigen Hilfsarbeiter wie etwa Steinmetze, Steinschlepper oder Wasserträger sollten aus der arbeitsfähigen Bevölkerung des ganzen Landes Kemet rekrutiert werden. Jeder, der Arbeit suche, sollte sich in einem Arbeitsamt melden. Seneferu verlor keine Zeit, sich ein Grabmal erbauen zu lassen. »Und was ist mit unserem Feld am Ufer des Hapi?«
    Mein Vater hatte eine kleine Parzelle am Rand des kultivierten Fruchtlandes westlich des großen Stromes Hapi besessen. Das Land meines Vaters war nicht groß, nur etwa zweihundert königliche Ellen in der Länge und etwa einhundert in der Breite, aber für mich schien es die ganze Welt auszufüllen. Er baute Gemüse an: Linsen, Kichererbsen, Bohnen, Gurken, Zwiebeln, Rüben und Salat. Sein Traum war, Dattelpalmen und Granatäpfelbäume auf seinem Land anzubauen. Immer wieder steckte er die Setzlinge in den Boden, doch niemals schlugen sie Wurzeln.
    »Das Feld habe ich verkauft«, gestand er leise.
    Jetzt wusste ich, woher die Kupferbarren für die Fahrt nach Mempi stammten!
    »Jeder Mensch muss seinem König dienen«, tröstete er mich. »Die Arbeit am Grabmal des Herrschers wird gut entlohnt. Jeder Arbeiter wird am Totenkult des Königs teilhaben. Erinnerst du dich, wie einsam deine Mutter in ihrem Felsnischengrab liegt?« Ich nickte stumm. Meine Mutter Cheti war bei meiner Geburt gestorben.
    «Vielleicht werde ich eines Tages im Schatten der Pyramide mein Grab haben!«, sagte mein Vater mit verklärtem Blick.
    Wie konnten wir denn ahnen, dass er eines Tages
in
der Pyramide begraben sein würde!
     
     
    Der Weg nach Pihuni war weit und führte uns tagelang an den überfluteten Feldern vorbei, die wie ein riesiger See in der Sonne funkelten. Das Vorwärtskommen war mühsam, da die Uferstraße am Hapi ebenfalls überschwemmt war. Wir suchten unseren Weg entweder in den knietief unter Wasser stehenden Feldern oder im roten Sand jenseits des Fruchtlandes.
    Für die Bauern bestimmte die jährliche Flut den Rhythmus des Lebens. Wenn sich die Frucht bringenden Wasser des Hapi zurückzogen, kamen die Landvermesser, um die Parzellen und Felder neu zu vermessen. Zerstörtes, abgetragenes oder sumpfiges Land wurde durch einen Schreiber in die Grundbuchrolle eingetragen. Anhand der ermittelten Bodenqualität veranschlagten die Beamten den zu erwartenden Ertrag und damit die Höhe der Steuern, um sie später nach der Ernte einzutreiben.
    Weiter stromaufwärts und an der Grenze des Fruchtlandes zur Wüste war das Land bereits vermessen und durch Stöcke oder Pfähle im durchweichten Boden markiert. Die Bauern setzten die Bewässerungskanäle instand. Ochsen, Kühe oder Esel trotteten mit gesenkten Köpfen über die feuchten Äcker und zogen, immer wieder einsinkend und stockend, die schweren Pflüge. Kinder liefen hinter den Gespannen her, verscheuchten die aufgeregt umherflatternden Vögel und streuten das Saatgut aus umgehängten Leinenbeuteln in die schwarze, süßlich duftende Erde.
    Wir waren einige Tage gewandert, als wir am Horizont, zwischen den Dattelpalmen des Fruchtlandes, ein gewaltiges Bauwerk erkennen konnten: die Pyramide des Königs! Seine Treppe zu den Sternen!
    In Sokar, der Totenstadt von Mempi, hatten wir die Stufenpyramide des Djoser besichtigt, das größte Bauwerk der Welt, und mein Vater hatte mir in ehrfürchtigem Ton von Imhotep erzählt, der Bauleiter, Wesir und Arzt des Königs gewesen war. Imhotep hatte mit dieser Pyramide etwas Neues, noch nie Dagewesenes erschaffen: ein unvergängliches Monument aus Stein, ein

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