Die Hexenmeister
lauschte…
Nichts tat sich.
Keine Stimmen, kein Schreien, Jammern oder Seufzen.
Nur Stille?
Nein, da waren die Schritte. Schleichend und leise knirschend. Sie bewegten sich nicht in eine Richtung, kamen zwar der Tür mal näher, die Geräusche wurden aber dann dünner.
Ich hatte nachgedacht. Meiner Ansicht nach konnte sich die Person nur im Kreis bewegen.
Ich wußte auch, um wen sie diesen verdammten Kreis zog. Die Äbtissin hatte mir von diesem Blutaltar berichtet, der in diesem unheimlichen Verlies seinen Platz gefunden hatte.
Mit der rechten Hand umfaßte ich den Rand der Tür. Ich schaffte es so eben noch, die Finger um die Kante zu klemmen, mehr war leider nicht möglich.
Dann zog ich.
Die Tür knarrte in den Angeln. Ich verfluchte sie im Innern dafür, aber es war nicht anders zu machen. Jetzt oder nie!
Mit einer heftigen Bewegung zerrte ich sie auf. Es war mir alles egal, und ich sah sofort die Gestalt, die sich auf der Stelle drehte, um zur Tür schauen zu können.
Ich sah auch etwas anderes.
In Bruchteilen von Sekunden nahm ich diese schaurige, und unheimliche Szene auf.
Solara lag auf diesem ›Altar‹. Sie rührte sich nicht, das würde sie nie mehr können, denn auf ihrem Körper zeichneten sich die beiden tiefen Messerwunden ab.
Getötet hatte sie die Person, die mir schräg gegenüberstand. Die Arme halb erhoben, die Griffe der Killerdolche fest umklammert, ein böses Leuchten in den Augen.
Wie hatte man ihn genannt?
Einen Hexenmeister oder auch Valentin.
Das war möglich, mochte auch stimmen.
Ich aber kannte ihn unter einem anderen Namen.
Vor mir stand Cigam!
***
Ausgerechnet er! Ausgerechnet dieser gefährliche Widerling, die Ausgeburt der Hölle, dieses Kunstgeschöpf des Teufels, denn mit ihm hatte der Satan sein Meisterstück vollbracht.
Cigam – ein Wesen aus reiner Magie, ein Monster der Hölle, als der Satan Frankenstein gespielt hatte.
Er hatte es besser gemacht.
Cigam war nicht nur gefühllos, er war auch schlau. Sein Gesicht empfand ich als ungewöhnlich glatt, doch bei genauerem Hinsehen sah ich auch, wie schief es war.
»Also du!«
»Sinclair…« Er sprach meinen Namen nicht aus, er flüsterte und schrie ihn nicht. Es war etwas anderes, er würgte ihn einfach hervor. Und während er das tat, dachte ich über ihn nach.
Er hätte es eigentlich nicht sein können, denn bei seinem ersten Auftritt vor einigen Jahren hatte es ihn noch nicht gegeben. Der Satan hatte ihn erst später erschaffen.
Geduckt stand er da.
Seine schwarzen Spiegelaugen starrten mich an. Er suchte nach einer Gelegenheit, um mich zu vernichten.
Ich hielt nicht nur die Beretta fest, sondern auch das Kreuz in der Hand.
Bei meinem Eintreten hatte ich beide Waffen gezogen.
Dann stellte ich die entscheidende Frage. »Sie ist tot, nicht wahr? Du hast Solara umgebracht!«
»Ja.«
»Warum sie?«
Er schaute auf seine beiden Dolche. »Wehret den Anfängen«, flüsterte er. »Einmal habe ich es nicht geschafft, ein zweites Mal soll es nicht passieren. Es darf keinen geben, der den Tod überwinden kann. Das wäre für die Hölle fatal.«
»Wieso du?« hielt ich dagegen. »Du bist es doch nicht gewesen, der versucht hat, Maria zu vernichten.«
»Nein und ja.«
»Ich will eine richtige Antwort. Wir sind allein, du kannst sie mir geben.«
Mit Wehmut dachte ich an die tote Nonne. Verdammt, sie war noch so jung gewesen, aber der Killer stand vor mir, nur das allein zählte für mich.
»Ich habe die Gestalt des Valentin übernommen. Ich habe seine Waffen bekommen. Damals hat er es noch versucht und versagt. Dies hat ihm der Teufel nicht vergessen. Er vernichtete seinen Helfer und setzte mich an seine Stelle. Ich habe die Anfänge abgewehrt. Daß hier noch jemand den Tod überwinden kann, das wird es nicht mehr geben.«
»Bist du da sicher, Cigam?«
»Ja!«
»Vielleicht kann ich den Tod nicht überwinden, bestimmt kann ich ihn nicht besiegen, aber ich bin in der Lage, dich zu vernichten. Ich weiß, wer du bist, wir beide haben uns schon manches Gefecht geliefert. Ich weiß auch, daß du mit Kräften ausgestattet bist, für die es keine Erklärung gibt. Aber du bist nicht stärker als der Teufel, du bist sein Geschöpf, sein Kunstgeschöpf, und ebenso wie der Teufel mein Kreuz haßt, wirst auch du es hassen.«
»Ich!«
Er wollte den Mund aufreißen und lachen, aber er änderte seine Haltung von einem Moment zum anderen.
Plötzlich war ich nicht mehr interessant. Er drehte sich um und wagte es
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