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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unheimlichen Begegnung im Wald und auch von dem Zwischenfall mit dem Wolf - was ihre Frage im Grunde ja schon beantwortete.
    Dennoch blieb das Gefühl von gerechtem Zorn, das sie erwartete, aus. Sie war wütend, sie war verletzt und furchtbar enttäuscht, und trotzdem spürte sie zugleich, wie ungerecht das war, was sie gesagt hatte, und wie ichbezogen. Aber sie war auch zumindest jetzt einfach zu stolz, um irgendetwas davon zurückzunehmen. Es wäre auch zu spät gewesen. Ihre Mutter starrte sie noch einen Augenblick lang auf diese sonderbare Weise an, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und rannte regelrecht davon. Aber es war keine Flucht, und wenn, dann eine vor sich selbst oder dem, was sie vielleicht getan hätte, wenn sie geblieben wäre.
    Arri taten ihre eigenen Worte bereits wieder Leid, und wäre ihre Mutter auch nur eine Winzigkeit langsamer gewesen, wäre sie ihr nachgelaufen oder hätte ihr zumindest etwas zugerufen. Doch so war sie schon wieder im Wald verschwunden, noch ehe Arri die Bewegung auch nur wirklich bemerkte, und zum zweiten Mal blieb sie allein und niedergeschlagen zurück. Das kurze Gefühl von Triumph, mit dem es sie erfüllt hatte, ihrer Mutter die Wahrheit ins Gesicht zu schleudern, war vergangen, und zurück blieben Leere und Niedergeschlagenheit, die ihr fast die Tränen in die Augen steigen ließen.
    Für einen Moment hasste sie sich beinahe selbst. Sie kam sich vor, als läge mit einem Mal ein Fluch auf ihr, der alles, was sie anfing, in einer Katastrophe enden ließ.
    Vielleicht aus keinem anderen Grund als reinem Trotz drehte sie sich wieder dem Wagen zu, kletterte nach kurzem Zögern auf die Ladefläche hinauf und tat etwas, das eben noch geradezu unvorstellbar für sie gewesen wäre: Sie begann die Sachen zu durchwühlen, die ihre Mutter darauf abgeladen hatte. Bei den allermeisten handelte es sich, genau wie sie angenommen hatte, um Lebensmittel, genug für zwei Personen und mindestens acht oder zehn Tage, aber es gab auch Felle und Decken, einen Umhang, der nicht ihrer Mutter gehörte, und allerlei Dinge des täglichen Bedarfs, die sie ebenfalls noch nie in Leas Besitz gesehen hatte. Auf den ersten Blick schien nichts Außergewöhnliches daran, doch auf den zweiten war es dasselbe wie mit dem Wagen - alles war zugleich vertraut und bekannt, wie auch auf schwer in Worte zu fassende Weise fremd; als wäre der grundsätzliche Gedanke, der dahinter stand, vielleicht derselbe, die Handwerkskunst, die all diese Dinge hervorgebracht hatte, aber eine vollständig andere.
    Zwei der großen Felle, die sie fand, waren seltsam - bei dem einen vermutete sie, dass es sich um das Fell eines Wolfes handelte, war aber nicht ganz sicher, das andere war ihr gänzlich unbekannt und stammte offensichtlich von einem Tier, das sie noch nie gesehen hatte. Statt wassergefüllter Schweinsblasen fand sie einen aus Leder gefertigten, prall gefüllten Wasserschlauch, dessen Nähte so fein und kunstfertig waren, dass nicht einmal ein einziger Tropfen daraus entwich, und einen wuchtigen Dolch, dessen Klinge aus Stein gefertigt war und nicht aus Bronze; sie war dennoch so scharf, dass sich Arri daran schnitt, als sie behutsam mit dem Finger darüber strich. Darüber hinaus entdeckte sie eine Kette, an der eine große Anzahl bedrohlich aussehender Raubtierzähne aufgefädelt war, und einen kleinen Lederbeutel, dem ein sonderbarer Geruch entströmte, von dem sie nicht sagen konnte, ob er nun besonders angenehm oder besonders abstoßend war. Als sie ihn öffnete und einen neugierigen Blick hinein warf, gewahrte sie jedoch nichts anderes als einige kleine Knochen und ein feines grünes Pulver, das sie lieber nicht anrühren wollte. Sorgsam knotete sie den Beutel wieder zu, legte ihn und alles andere zurück an seinen Platz und verschnürte das Bündel gerade noch rechtzeitig, bevor sie die Schritte ihrer näher kommenden Mutter hörte.
    Ihre Zeit reichte nicht mehr aus, vom Wagen zu steigen, bevor Lea aus dem Wald heraustrat und sie sah, doch wenn ihre Mutter daran Anstoß nahm, so verlor sie zumindest kein Wort darüber. Schweigend wartete sie, bis Arri - sehr viel umständlicher, als sie hinaufgekommen war - wieder von dem Wagen herunterstieg und ihr entgegentrat.
    »Du wirst mich begleiten«, sagte sie. »Aber glaub nicht, dass die Sache damit erledigt ist. Du kannst es mir jetzt sagen, oder ich werde nach unserer Rückkehr ins Dorf herausfinden, was wirklich vorgefallen ist.« Trotz der nun wirklich nicht

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