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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gewachsen zu sein schien, sodass ihr gar keine Zeit blieb, genauer hinzusehen. Dann hörte sie auch schon das typische zischende Geräusch, mit dem das Zauberschwert ihrer Mutter durch die Luft fuhr - ein ganz anderer Laut als der, den die Bronzeschwerter der Krieger verursachten -, und darauf ein dumpfes Krachen, das in einem gellenden Schmerzensschrei unterging. Irgendetwas traf sie selbst mit solcher Wucht an der Schulter, dass sie nicht nur von den Füßen gerissen wurde und sich zwei-, drei-, viermal überschlug, sondern auch für einen Moment mit aller Kraft gegen die dunklen Schatten der Ohnmacht ankämpfen musste, die ihre Gedanken zu verschlingen versuchten.
    Irgendwo, unendlich weit entfernt, wie es ihr schien, erscholl das Klirren von Waffen, die aufeinander prallten, und ein wütendes Geschrei und Gebrüll. Die Dunkelheit, die sie umgab, schien noch schwärzer zu werden, und da war plötzlich ein winziger, vergeblich nach Beachtung schreiender Teil in ihr, der sie daran zu erinnern versuchte, was ihre Mutter ihr über eine Situation wie diese beigebracht hatte. Was sie gelernt hatte. Sie durfte sich von Schmerz und Schwäche nicht überwältigen lassen. Sie musste in Bewegung bleiben. Aber sie konnte es nicht. Es waren nicht so sehr Schwäche oder Schmerz, die nahezu ihre gesamte linke Körperhälfte zu lähmen schienen. Es war, als habe sie alles vergessen, was sie erlernt hatte -und als weigere sich etwas in ihr, zu kämpfen. Schatten tanzten vor ihren Augen. Schatten, die eine riesige verzerrte Gestalt umwogten wie ein aus der Nacht gewobener Umhang, und ein einsamer Strahl von verirrtem Mondlicht brach sich auf matt goldfarbenem Metall.
    Vielleicht war es einzig dieser Anblick, der sie rettete. Es war viel zu dunkel, als dass sie den Angreifer wirklich erkennen konnte, aber sie erkannte das Schwert, das er in der Hand hielt, und sie wusste, warum er es in der Hand hielt.
    Lähmendes Entsetzen griff nach ihr und schien ihr auch noch den allerletzten Rest von Kraft zu rauben, und zugleich machte sich der panischalberne Gedanke in ihr breit, wie unzufrieden ihre Mutter doch mit ihr sein würde, wenn sie sie beobachtete und sehen musste, dass sie offensichtlich alles vergessen hatte, was sie sie gelehrt hatte.
    Dann - viel zu spät, aber dennoch im allerletzten Moment - reagierte sie. Der Schatten über ihr wuchs zur Größe eines Erdriesen heran, irgendetwas stieß sie so hart in die Seite, dass ihr vor Schmerz übel wurde, und sie spürte das Schwert des Angreifers nur auf sich niedersausen, ohne es zu sehen.
    Irgendetwas, das älter und viel mächtiger war als ihr Verstand, übernahm die Kontrolle über ihren Körper. Der pochende Schmerz in ihrer Seite wurde eher noch schlimmer, aber er spielte plötzlich keine Rolle mehr; statt sich von ihm lähmen zu lassen, verwandelte Arri ihn in Zorn und den Zorn in Kraft, mit der sie sich herumwarf und am Ende dieser Bewegung schräg nach oben austrat. Das Schwert, das nach ihrem Gesicht gezielt gewesen war, fuhr mit einem schmatzenden Laut eine Handbreit neben ihrer Schulter in den Boden, und nahezu im gleichen Augenblick rammte sie den rechten Fuß zwischen die Beine des Angreifers.
    Der Mann stieß ein überraschtes Grunzen aus, ließ sein Schwert los und machte einen unbeholfen torkelnden Schritt zur Seite, bevor er mit einer schon fast grotesk langsamen Bewegung in die Knie brach und die Hände vor dem Unterleib zusammenschlug. Arri half der Entwicklung noch etwas nach, indem sie mit einer fließenden Bewegung auf die Beine kam, auf ihn zusprang und die freie Hand in sein schulterlanges verfilztes Haar krallte, um seinen Kopf nach vorne zu reißen. Im nächsten Moment krachte ihr Knie mit solcher Gewalt in sein Gesicht, dass sie nicht nur hören konnte, wie irgendetwas darin zerbrach, sondern ihr der jähe Schmerz selbst die Tränen in die Augen trieb.
    Aber das Ergebnis war diesen Preis allemal wert. Arri ließ das schmutzstarrende Haar des Kriegers los, humpelte mit zusammengebissenen Zähnen einen Schritt zurück, und der Angreifer rang noch einmal mit einem beinahe komisch klingenden Laut nach Luft, verdrehte die Augen und fiel dann stocksteif nach hinten.
    Schwer atmend wandte sich Arri um. Alles war so schnell gegangen, dass sie beinahe selbst überrascht von dem war, was sie getan hatte.
    Ihr Blick streifte flüchtig das Schwert des Angreifers, das noch immer zwei Schritte neben ihr im Boden steckte. Aber sie erwog den Gedanken, danach zu greifen,

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