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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf ihrem Gesicht. Sie hatte etwas gehört.
    Auch Arri lauschte angespannt in die Nacht hinein, doch alles, was sie hörte, war das seidige Geräusch, mit dem der Wind durch das Gras strich, und das dumpfe, immer schneller werdende Wummern ihres eigenen Herzschlags in den Ohren. Dennoch war sie sicher, dass da etwas war. »Was?«, flüsterte sie, nachdem sich Lea ein zweites Mal umgedreht und dann wieder ganz in ihre Richtung gewandt hatte.
    »Still!«, zischte ihre Mutter. Sie sprach eindeutig lauter, als Arri es getan hatte, doch ihre Stimme hatte einen eigentümlichen Klang angenommen, der möglicherweise ebenso weit zu hören sein mochte wie ein normal gesprochenes Wort, irgendwie aber mit dem seidigen Geräusch des Windes im Gras verschmolz, sodass selbst Arri das Wort mehr erriet, als dass sie es wirklich verstand. »Jemand kommt!«
    Arri lauschte noch einmal und jetzt mit angehaltenem Atem, konnte aber ebenso wenig hören wie zuvor. Trotzdem begann ihr Herz noch schneller zu hämmern. Wenn ihre Mutter sagte, dass dort jemand war, dann war da auch jemand. So einfach war das.
    Lea bückte sich noch ein wenig weiter, zog das Schwert eine Handbreit aus der ledernen Schlaufe an ihrem Gürtel heraus und ließ es dann lautlos wieder zurücksinken. Vollkommen willkürlich, wie es Arri schien, hob sie den anderen Arm und deutete nach links in die Dunkelheit hinein. »Dorthin«, befahl sie mit ihrer hellen Flüsterstimme. »Zu den Bäumen! Rasch!«
    Bäume? Arri starrte einen halben Herzschlag lang so konzentriert in die Richtung, in die ihre Mutter gedeutet hatte, wie sie es nur konnte, aber sie sah dort überhaupt nichts. Nur Schwärze. Dennoch setzte sie sich gehorsam in Bewegung, als Lea mit raschen und dennoch fast lautlosen Schritten loseilte. Arri selbst vermochte sich nicht annähernd so lautlos zu bewegen, aber sie tröstete sich damit, dass das Rascheln des Windes im Gras das Geräusch ihre Schritte schon übertönen würde.
    Sie liefen vielleicht dreißig oder vierzig Schritte weit durch das hohe Gras, bevor Lea abermals stehen blieb, eine leicht geduckte Haltung einnahm und sich gehetzt nach allen Seiten hin umsah. Diesmal reagierte Arri schnell genug, sodass sie nicht an ihr vorbei stürmte, doch dafür ging ihr Atem jetzt so laut, dass sie sicher war, dass das Geräusch jeden Verfolger in weitem Umkreis auf ihre Spur bringen musste. Ihr Herz hämmerte zum Zerspringen. Sie wollte eine Frage stellen, erkannte an dem angespannten Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter aber im letzten Moment, wie gebannt diese lauschte, und sah sich stattdessen nur aus weit aufgerissenen Augen um.
    Ein gutes Stück vor ihnen schien die Dunkelheit deutlich massiger zu sein als ringsum; vermutlich die Bäume, von denen ihre Mutter gesprochen hatte. Doch wenn sie der Rettung schon so nahe waren, warum zögerte sie dann?
    Sie bekam die Antwort auf diese Frage, kaum dass sie den Gedanken ganz zu Ende gedacht hatte, aber auf eine gänzlich andere Weise, als ihr lieb gewesen wäre.
    Lea setzte gerade dazu an, etwas zu sagen, als aus der Dunkelheit vor ihnen ein scharfes, trockenes Knacken ertönte, das Arri auch dann als das Brechen eines Zweiges erkannt hätte, hätte ihre Mutter sie nicht so überaus gründlich gelehrt, die Bedeutung verborgener Geräusche herauszufinden. Lea fuhr herum und zog ihr Schwert, und vielleicht war es das allererste Mal, dass sie tatsächlich einen Fehler beging; zumindest das allererste Mal, dass Arri es sah.
    Und dennoch wäre es um ein Haar ein tödlicher Fehler gewesen.
    Gestalten stürzten aus der Nacht heraus. Aber sie kamen nicht aus der Richtung, aus der das verräterische Geräusch gekommen war, sondern stürmten von hinten heran: die Verfolger, die ihre Mutter gehört hatte und die den winzigen Moment der Unaufmerksamkeit nutzten.
    Es ging viel zu schnell, als dass Arri sich hinterher wirklich noch an Einzelheiten hätte erinnern können. Es waren drei - mindestens, vielleicht auch mehr - große, muskulöse Männer mit schwarzen Mänteln und langen, wehendem Haar, die wie Mardans Schattendämonen lautlos aus der Dunkelheit auftauchten und ihre Mutter angriffen, ohne auch nur einen Atemzug zu zögern. Alle drei waren mit Schwertern bewaffnet, und mindestens einer trug einen großen, mit barbarischen Symbolen bemalten Schild am linken Arm.
    Er war der Erste, der starb.
    Arri sah sich plötzlich ebenfalls von einem riesigen Schatten in die Enge getrieben, der unmittelbar vor ihr aus dem Boden

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