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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Herren, informieren Sie mich über jedes Erfordernis, ich meine, über jedes Problem, das auftaucht, über jeden Umstand, bei dem ich oder der Verlag etwas tun können für unseren tüchtigen Freund. Er ist für mich wie ein Sohn, ich sage noch mehr, wie ein Bruder. Aber immerhin leben wir ja Gott sei Dank in einem zivilisierten Land und erfreuen uns, was man darüber auch sagen mag, eines exzellenten Krankenversicherungswesens.«
    Agliè hatte sich betroffen gezeigt, hatte nach dem Namen der Klinik gefragt und den Direktor angerufen, einen lieben alten Freund (und überdies, wie er uns sagte, Bruder eines AEK, mit dem er inzwischen die herzlichsten Beziehungen unterhielt). Diotallevi würde mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt werden.
    Lorenza war tief bewegt. Sie kam fast täglich vorbei, um sich nach dem neuesten Stand zu erkundigen. Das hätte Belbo glücklich machen müssen, doch er nahm es als Grund zu einer schlimmen Diagnose: Obwohl so präsent, entzog sich Lorenza ihm, da sie nicht seinetwegen kam.
    Kurz vor Weihnachten hatte ich einen Gesprächsfetzen aufgeschnappt. Lorenza hatte zu ihm gesagt: »Ich versichere dir, ein ganz herrlicher Schnee, und die Zimmer sind reizend. Du kannst da Langlauf machen. Ja?« Ich hatte daraus geschlossen, dass die beiden den Jahreswechsel zusammen verbringen wollten. Aber nach dem Dreikönigstag war Lorenza im Flur erschienen, und Belbo hatte ihr ein gutes neues Jahr gewünscht, wobei er sich ihrem Versuch, ihm einen Kuss zu geben, entzog.

 
    102
     
    Von hier aufbrechend gelangten wir in eine Gegend
    namens Milestre… in der, wie es heißt, einer
    lebte, der sich der Alte vom Berge nannte… Und
    er hatte auf sehr hohen Bergen, rings um ein Tal,
    eine überaus dicke und hohe Mauer gebaut, und sie
    umfing dreißig Meilen, und hinein gelangte man
    durch zwei Tore, die versteckt in den Berg gebohrt waren.
     
    Odorico da Pordenone, De rebus incognitis ,
    Impressus Esauri, 1513, cap. 21, p. 15
     
    Eines Tages Ende Januar ging ich durch die Via Marchese Gualdi, wo ich mein Auto geparkt hatte, und sah den Signor Salon aus der Tür von Manuzio kommen. »Ein Plausch mit meinem alten Freund Agliè…«, sagte er. Seinem Freund? Soweit ich mich an das Fest in Piemont erinnerte, konnte Agliè ihn nicht leiden. War es Salon, der seine Nase bei Manuzio reinsteckte, oder Agliè, der ihn wer weiß wozu benutzte?
    Er ließ mir keine Zeit, darüber nachzudenken, denn er lud mich zu einem Aperitif ein, und so landeten wir bei Pilade. Ich hatte ihn noch nie in der Gegend gesehen, aber er begrüßte den alten Pilade wie einen langjährigen Bekannten. Wir setzten uns, und er fragte mich, wie es meiner Geschichte der Magie ergehe. Also wusste er auch das. Ich provozierte ihn mit der Hohlwelt und dem von Belbo erwähnten Sebottendorff.
    Er lachte. »Man muss schon sagen, Verrückte kommen ja zu Ihnen so einige! Über diese Hohlweltgeschichte weiß ich nichts. Aber Sebottendorff, o ja, der war schon ein seltsamer Vogel. Er hätte Himmler und Konsorten beinahe Ideen in den Kopf gesetzt, die für das deutsche Volk selbstmörderisch gewesen wären.«
    »Was für Ideen?«
    »Orientalische Phantasien. Der Mann war auf der Hut vor den Juden und verehrte die Araber und die Türken. Wissen Sie, dass auf Himmlers Schreibtisch außer Mein Kampf immer auch der Koran lag? Sebottendorff hatte sich in seiner Jugend für ich weiß nicht welche türkische Geheimsekte begeistert und hatte angefangen, die islamische Gnosis zu studieren. Er sprach vom ›Führer‹, aber er dachte dabei an den Alten vom Berge. Und als sie dann alle gemeinsam die SS gründeten, dachte er an eine Organisation wie die Assassinen… Fragen Sie sich einmal, warum wohl im Ersten Weltkrieg die Deutschen mit den Türken verbündet waren…«
    »Aber woher wissen Sie all diese Dinge?«
    »Ich hab's Ihnen doch gesagt, mein Vater selig arbeitete für die russische Ochrana. Nun, und ich erinnere mich, dass die Ochrana damals beunruhigt wegen der Assassinen war, ich glaube, als erster hatte Ratschkowski davon Wind bekommen… Aber dann haben sie die Spur aufgegeben, denn wenn die Assassinen involviert waren, konnten die Juden mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben, und damals waren die Juden die Gefahr. Wie stets. Die Juden sind dann nach Palästina zurückgekehrt und haben diese andern gezwungen, ans Licht zu treten. Aber das ist eine ziemlich verworrene Geschichte, lassen wir's damit bewenden.«
    Er schien zu bereuen, dass er so

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