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Drachenreigen (mit Bonus-Story: Schau hin!)

Drachenreigen (mit Bonus-Story: Schau hin!)

Titel: Drachenreigen (mit Bonus-Story: Schau hin!) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Drachenreigen

    „Ich komm´ gern hierher“, sagte ich, und das war nicht gelogen. „Auch ohne die Drachen.“
    „Ja“, sagte sie. Ich war nicht sicher, wie sie das meinte: Ging sie selbst manchmal her, oder bedeutete es nur, dass sie sich natürlich vorstellen konnte, dass einer wie ich sich oft hier draußen herumtrieb?
    Ich hätte sie danach fragen können, aber an einem Abend wie diesem hatte ich Angst vor der Antwort. Nur keinen Fehler machen. Nicht heute. Nicht mit ihr.
    „Ja“, sagte sie noch einmal, diesmal leiser, aber das machte die Sache auch nicht klarer.
    Ich zuckte die Achseln und lächelte. Sie mochte mein Lächeln, das hatte sie mir auf dem Weg hierher gesagt, und wie war das für den Anfang? Seitdem zeigte ich es ihr so oft ich nur konnte, und das war immer dann, wenn sie mich ansah.
    Sie saß neben mir im hohen Gras. Die Halme bildeten um uns eine Mulde, die von außen nicht einzusehen war. Der Feuerschein spiegelte sich auf ihren nackten Schenkeln, auf ihren Unterarmen, auf ihrem langen Haar. Während sie mich vorhin geküßt hatte – sie hatte mich geküßt, was hoffentlich nicht nur an meinem Lächeln lag, aber eigentlich war mir das egal, so lange sie nur weitermachte – während sie mich also geküßt hatte, hatte sie zugelassen, dass ich meine Hand auf ihren Schenkel legte und langsam daran hinaufstrich. Bevor es aber ernst werden konnte, hatte ich mir Sorgen gemacht, dass ich zu voreilig sein und sie verärgern könnte, und das wäre dann wohl das Ende dieses Abends gewesen. Deshalb hatte ich die Hand wieder hinuntergeschoben, ganz langsam, dann wieder hinauf und wieder hinunter. Es war schön, sie zu streicheln. Sie fühlte sich toll an.
    Die Luft war fast windstill, als hätten sich selbst die Naturgewalten zurückgezogen um die Drachen zu beobachten, so wie das wohl jeder tat in dieser Nacht. Nach Sonnenuntergang hatten sich die meisten Menschen auf den Straßen versammelt, oder waren hoch auf die Stadtmauer geklettert, um das Spektakel von dort aus zu bestaunen. Eigentlich war es verboten, sich heute im Freien aufzuhalten, aber niemand kümmerte sich darum, zumindest was die Straßen und die Plätze und die Mauer anging.
    Hierher zu gehen, wo wir beide jetzt saßen, oder lagen, war etwas anderes. Den Ring der Stadtmauer zu verlassen war ein schwerer Verstoß gegen das Gesetz, aber als ich den Vorschlag gemacht hatte, hatte sie mich so verliebt angesehen, dass ich meinen Fuß eher freiwillig unter ein Karrenrad meines Vaters gestellt hätte, als jetzt noch vernünftig zu werden.
    Nur wir zwei. Ganz ungestört. In der Nacht der Drachen.
    Wir waren durch den Mauerspalt aus der Stadt geschlichen, durch den Ring aus Buschwerk, dann die steile Wiese hinunter und zu dem schmalen Weg, der auf dieser Seite unterhalb der Stadtmauer verlief. Hand in Hand waren wir gelaufen, und sie hatte gelacht, während wir den Kuhfladen ausgewichen waren, und ich hatte das Gefühl, nie in meinem Leben etwas so Bezauberndes gehört zu haben. Sie trug ein kurzes Kleid, das bei jedem Schritt an ihren langen Schenkeln hinaufrutschte, und ich hatte Mühe, die Fladen und ihre Beine im Auge zu behalten. Ich weiß nicht mal, ob es ihr auffiel, aber ich denke, doch. Sie war schlau. Viel schlauer als ich, glaubte ich damals, und normalerweise hörte ich gern dabei zu, wenn sie sprach.
    Was nun die Drachen anging – ich glaube, in keiner ihrer Paarungsnächte habe ich jemals so wenig zum Himmel hinauf geschaut wie in dieser. Und selbst wenn ich es tat, sah ich eigentlich gar nicht hin, sondern tat nur so, damit sie nicht in meinen Augen lesen konnte, wie aufgeregt ich war.
    „Deine Hand zittert“, sagte sie.
    „Ach ja?“
    „Ich kann´s spüren ... auf meinem Bein.“
    „Oh, das!“ Ich schluckte. „Tut mir leid.“
    „Deshalb mußt du sie nicht gleich wegziehen.“
    „Ich dachte nur ... ich ...“
    „Ich hab gesagt, dass sie zittert, nicht, dass sie mich stört.“
    „Ah ... gut.“ Ich legte die Hand wieder hin, wenn auch eine Spur vorsichtiger.
    „Siehst du – sie zittert noch immer.“
    „Vielleicht friere ich.“
    „Mitten im Sommer?“
    „Wohl eher nicht, hm?“
    „Kann ich mir nicht vorstellen.“ Da war es wieder, ihr Lachen. Wie konnte jemand, der so wunderschön lachte, mir Komplimente über mein Lächeln machen? Ich habe nie wieder ein so hübsches Mädchen gesehen.
    Sie beugte sich vor und küsste mich. Ich erwiderte den Kuss, und erst, als ich den Kopf zurückzog, wurde mir bewusst,

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