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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Wiedergeburt!«
    »Sub umbra alarum tuarum!«
    »Es mögen nun eintreten die Würdenträger der sechsunddreißig höchsten und allergeheimsten Grade.«
    Und während Bramanti die Erwählten einen nach dem anderen aufrief, traten diese in liturgischen Gewändern herein, jeder mit dem Wappen des Goldenen Vlieses auf der Brust.
    »Ritter des Baphomet, Ritter der Sechs Unversehrten Siegel, Ritter des Siebenten Siegels, Ritter des Tetragrammatons, Ritter Scharfrichter von Florian und Dei, Ritter des Athanor… Ehrwürdiger Naometer des Turms zu Babel, Ehrwürdiger Naometer der Großen Pyramide, Ehrwürdiger Naometer der Kathedralen, Ehrwürdiger Naometer des Salomonischen Tempels, Ehrwürdiger Naometer des Hortus Palatinus, Ehrwürdiger Naometer des Tempels von Heliopolis…«
    Bramanti rezitierte die Dignitäten, und die Genannten erschienen in Gruppen, so dass ich nicht erkennen konnte, wer welchen Titel trug, aber mit Sicherheit erkannte ich unter den ersten zwölf den Commendator De Gubernatis, den alten Buchhändler aus der Librairie Sloane, den Professor Camestres und andere, denen ich an dem Abend auf dem Schloss in Piemont begegnet war. Und ich sah, ich glaube als Ritter des Tetragrammatons, Signor Garamond, gefasst und hieratisch, ergriffen von seiner neuen Rolle, wie er sich mit zitternder Hand an das Vlies auf seiner Brust fasste. Unterdessen fuhr Bramanti fort: »Mystischer Legat von Karnak, Mystischer Legat von Bayern, Mystischer Legat der Barbelognostiker, Mystischer Legat von Camelot, Mystischer Legat von Montségur, Mystischer Legat des Verborgenen Imam… Höchster Patriarch von Tomar, Höchster Patriarch von Kilwinning, Höchster Patriarch von Saint-Martin-des-Champs, Höchster Patriarch von Marienburg, Höchster Patriarch der Unsichtbaren Ochrana, Höchster Patriarch in partibus der Felsenfestung Alamut…«
    Und zweifelsfrei war der Patriarch der Unsichtbaren Ochrana mein Nachbar Salon, wie immer graugesichtig, aber nun ohne Kittel und strahlend in einer gelben Tunika mit rotem Saum. Ihm folgte Pierre, der Psychopomp der Eglise Luciférienne, doch er trug auf der Brust statt des Goldenen Vlieses einen Dolch in einer vergoldeten Scheide. Unterdessen fuhr Bramanti fort: »Erhabener Hierogam der Chymischen Hochzeit, Erhabener Rhodostaurotischer Psychopomp, Erhabener Referendar der Arcana Arcanissima, Erhabener Steganograph der Monas Ieroglyphica, Erhabener Astraler Connector Utriusque Cosmi, Erhabener Wächter des Grabes Christiani Rosencreutz… Unergründbarer Archont der Strömungen, Unergründbarer Archont der Hohlwelt, Unergründbarer Archont des Mystischen Pols, Unergründbarer Archont der Labyrinthe, Unergründbarer Archont des Pendels der Pendel…« Bramanti machte eine Pause, und mir schien, als brächte er die letzte Formel nur widerwillig über die Lippen: »Und als Unergründbarster der Unergründbaren Archonten, Diener der Diener, Demütigster Sekretär des Ägyptischen Ödipus, Niedrigster Bote der Herren der Welt und Torwächter von Agarttha, Letzter Weihrauchfassträger und Beweihräucherer des Pendels, Claude-Louis Graf von Saint-Germain, Fürst Rakoczi, Graf von Saint-Martin und Marquis von Agliè, Herr von Surmont, Marquis von Welldone, Marquis von Monferrat, von Aymar und Belmar, Graf Soltikoff, Ritter von Schoening, Graf von Tzarogy!«
    Während die anderen sich im Chorumgang aufstellten, mit Blick auf das Pendel und auf die Gläubigen im Kirchenschiff, trat Agliè herein, wie immer im nachtblauen nadelgestreiften Zweireiher, bleich und mit versteinerter Miene, und an der Hand führte er, als geleitete er eine arme Seele auf dem Weg zum Hades, sie ebenfalls bleich und wie von einer Droge betäubt, bekleidet nur mit einem weißen, halb durchscheinenden Gewand, das Haar lang auf die Schultern herabfallend, Lorenza Pellegrini. Ich sah sie im Profil, als sie an meinem Versteck vorbeischritt, rein und schmachtend wie eine präraffaelitische Ehebrecherin. Zu durchscheinend, um nicht erneut mein Begehren zu wecken.
    Agliè führte Lorenza zu dem Kohlebecken neben der Statue von Pascal, strich ihr sanft über die Wange und winkte die beiden Riesen von Avalon herbei, die sie rechts und links an den Armen fassten und hielten. Dann ging er an den Tisch und setzte sich, das Gesicht zu den Gläubigen gewandt, und ich konnte ihn deutlich sehen, wie er sein Döschen aus der Westentasche zog und es schweigend streichelte, bevor er zu sprechen begann.
    »Brüder, Ritter. Ihr seid hierhergekommen,

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