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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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später auch häufig die Bettelorden begünstigt und insbesondere uns Franziskaner, denn wir erlaubten ihnen den Aufbau einer harmonischen Wechselbeziehung zwischen dem Bedürfnis nach Buße und dem städtischen Leben, zwischen der Kirche und den Bürgern, die an ihren Märkten interessiert sind...«
    »Und ist es damals gelungen, die Liebe zu Gott mit der Liebe zum Handel in Einklang zu bringen?«
    »Nein, die spirituellen Reformbewegungen rannten sich fest und wurden in die festen Bahnen eines vom Papst anerkannten Ordens kanalisiert. Doch was darunter brodelte, wurde nicht kanalisiert. Es mündete einerseits in die Flagellantenbewegung, die niemandem etwas zuleide tut, andererseits in die Gründung bewaffneter Banden wie jener des Fra Dolcino oder auch in die Gründung geheimbündlerischer Sekten mit magischen Ritualen wie denen der Brüder von Montefalco, von denen Ubertin sprach...«
    »Aber wer war dann im Recht?« fragte ich bestürzt. »Wer ist im Recht und wer ist im Unrecht?«
    »Alle waren auf ihre Weise im Recht, und alle waren im Unrecht...«
    »Aber Ihr müsst doch eine Meinung haben!« begehrte ich auf. »Warum nehmt Ihr nicht Stellung, warum sagt Ihr mir nicht, wo die Wahrheit liegt?«
    William verharrte einen Augenblick schweigend und hob die Linse, an der er gerade feilte, gegen das Licht. Dann senkte er sie auf den Tisch und zeigte mir durch die Linse hindurch eine Feile. »Schau her«, sagte er. »Was siehst du?«
    »Die Feile, ein wenig vergrößert.«
    »Eben. Das Äußerste, was man tun kann, ist, besser hinzuschauen.«
    »Aber die Feile bleibt immer dieselbe!«
    »Auch die Handschrift des Venantius bleibt immer dieselbe, wenn es mir dank dieser Linse gelungen sein wird, sie zu lesen. Aber wenn ich sie dann gelesen habe, kenne ich vielleicht ein bisschen mehr von der Wahrheit. Und vielleicht können wir dann das Leben dieser Abtei ein wenig verbessern.«
    »Aber das genügt nicht!«
    »Ich sage hier mehr, als es dir scheinen mag, lieber Adson.
    Ich habe dir schon öfter von Roger Bacon erzählt. Er war vielleicht nicht der Weiseste aller Zeiten, aber ich war stets fasziniert von der Hoffnung, die seine Liebe zur Weisheit beseelte. Bacon glaubte an die Kraft des einfachen Volkes, an seine Bedürfnisse und geistigen Inventionen. Er wäre kein guter Franziskaner gewesen, wenn er nicht gedacht hätte, dass die Armen und Entrechteten, die Idioten und Illiteraten oft mit dem Munde Unseres Herrn sprechen. Hätte er die Fratizellen näher kennengelernt, er wäre ihnen mit größerer Aufmerksamkeit gefolgt als den Provinzialen des Ordens. Die einfachen Laien haben etwas, das den hochgelahrten Doktoren, die sich oft in der Suche nach den allgemeinen Gesetzen verlieren, abgeht: die Intuition des Individuellen. Aber diese Intuition allein genügt nicht. Die einfachen Laien fühlen eine Wahrheit, die vielleicht wahrer ist als die Wahrheit der Theologen, doch dann vergeuden sie diese gefühlte Wahrheit in unbedachten Aktionen. Was kann man dagegen tun? Den Laien die Wissenschaft bringen? Das wäre zu einfach oder vielleicht auch zu schwierig. Und außerdem welche Wissenschaft? Die der Bücher in Abbos Bibliothek? Die französischen Meister haben sich dieses Problem gestellt. Der große Bonaventura sagte, die Gelehrten müssten die Wahrheit, die in den Aktionen der einfachen Leute steckt, zu begrifflicher Klarheit bringen...«
    »So wie es Ubertins Denkschriften und das Kapitel zu Perugia getan haben, als sie das Streben der einfachen Leute nach Armut in theologische Lehrentscheidungen übersetzten?«
    »Ja, aber das kommt meistens zu spät, wie du gesehen hast, und wenn es kommt, hat sich die Wahrheit der einfachen Leute bereits in die Wahrheit der Mächtigen verwandelt, die dem Kaiser mehr nützt als den kleinen Brüdern des armen Lebens. Wie bleibt man den Erfahrungen der einfachen Leute nahe, indem man sich sozusagen ihre operative Kraft, ihre Handlungsfähigkeit bewahrt, um damit ihre Welt zu verändern und zu verbessern? Das war Bacons Problem. ›Quod enim laicali r uditate turgescit non habet effectum nisi fortuito‹, sagte er: Die Erfahrung der einfachen Leute mündet in wilde und unkontrollierte Aktionen. › Sed opera sapientiae c erta lege vallantur et in finem debitum efficaciter diriguntur.‹ Mit anderen Worten: Auch zur Lösung der praktischen Aufgaben, seien es die der Mechanik, der Landwirtschaft oder der Regierung einer Stadt, ist eine Art von Theologie erforderlich. Bacon dachte, das neue

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