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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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achtsam vor sich hin. Dabei sah er zumeist zu Boden und überließ es Bramble, den Blick nach vorne zu richten. Sie erkannte, dass er durch diese Konzentration auf das dicht vor ihm Liegende die langen Jahre der Bergarbeit überlebt hatte.
    Das alte Flussbett führte sie dennoch auf Abwege, weiter nach unten, weiter nach Norden. Bramble vermutete, dass sie die Höhe des Grubeneingangs schon vor einiger Zeit passiert hatten und sich nun tiefer befanden als an ihrem Ausgangspunkt. Doch die frische Luft, die ihnen nach wie vor entgegenströmte, ermutigte sie. Von irgendwoher musste sie ja kommen.
    Schließlich verengte sich der Durchgang so sehr, dass sie erst kriechen und sich dann auf dem Bauch vorwärtsschlängeln mussten. Medrics Atem ging nur noch stoßweise. Er war ein großer, schwerer Mann, und es war sehr eng für ihn.
    »Ich krieche voraus«, sagte Bramble, »und sehe nach, ob es wieder weiter wird.«
    Er nickte dankbar und zog sich zu einer Stelle zurück, wo er aufrecht sitzen konnte. Seine Hände zitterten. Bramble ließ die Kerze bei ihm und kroch rückwärts auf dem Bauch
liegend voran, mit ihren Zehen tastend. Der Durchgang verengte sich so sehr, dass sie sich kaum noch bewegen konnte. Plötzlich kam Panik in ihr auf. Ihr war, als würde die Felsdecke sie erdrücken und als wäre die Dunkelheit, die sie noch vor wenigen Minuten als beruhigend empfunden hatte, nun voller Tod und die Erde ein Grab, in dem sie stecken bleiben würde, hilflos, für immer …
    Sie verdrängte ihre Furcht und fühlte auf einmal eine Verbundenheit mit Medric. Denn wenn ihm ständig so zu Mute war, dann war es schon heldenhaft von ihm, nicht zu schreien. Nur durch den eigenen Willen getrieben, bewegte sie sich weiter voran.
    Wie zur Belohnung stieß ihre Stiefelspitze plötzlich ins Leere. Sie befand sich auf einem vorstehenden Sims, der steil abfiel. Wie tief ging es da wohl hinunter? Sie winkelte das Bein an und stellte fest, dass ihr Fuß nicht bis an die Decke reichte. Der Durchgang verbreiterte sich also unmittelbar vor dem steilen Abgrund, womöglich so sehr, dass sie sich aufsetzen und umdrehen konnte. Sie schlängelte sich zur Seite, um nicht über dem Sims zu hängen, und schob sich dann vorsichtig voran.
    Sie spürte, dass die Luft ihr nun, da sie sich dem Abgrund näherte, kräftiger um Kopf und Schultern wehte. Vorsichtig setzte sie sich aufrecht. Dabei stieß sie sich leicht den Kopf an. Vornübergebeugt konnte sie jedoch mühelos sitzen und hatte nun einen riesigen leeren Raum vor sich, der von Geräuschen erfüllt war … Flüstern, Tropfen, Brausen …
    »Er öffnet sich«, rief sie Medric zu, »aber sei vorsichtig – hier geht es steil hinab.« Sie blieb sitzen und lauschte angestrengt, während ihre Stimme von den Wänden widerhallte. Da waren noch andere Geräusche. Wasser und Luft, Luft und Wasser …
    Medric kroch mit dem Gesicht voran, die Kerze vor sich
herschiebend. Die wird in einem Raum von dieser Größe nicht viel ausrichten, dachte Bramble. Dennoch nahm sie ihm die Kerze ab und hielt sie hoch. Schwerfällig kam er näher und setzte sich dann auf, gebeugter als sie, doch in sicherer Entfernung vom Abgrund.
    Der winzige Lichtschein der Kerze wurde an abertausenden Stellen von abertausenden Wassertropfen erfasst und reflektiert. Sie befanden sich an der oberen Abbruchkante von etwas, das einmal ein kleiner Wasserfall gewesen sein musste, am Rand einer so großen Höhle, dass jedes Geräusch, das sie machten, immer wieder zurückgeworfen wurde.
    Das Licht reichte gerade so weit, dass sie Felsblöcke und Felsnasen erkennen konnte, Eiszapfen und Ameisenhügel aus Fels, die von der Decke herabhingen oder vom Boden in die Höhe ragten und sich dabei gelegentlich zu Säulen vereinigten. Die Höhle war teilweise so hoch, dass ihr Licht nicht bis zur Decke reichte. Diese schien sich bis in die Dunkelheit des Nachthimmels zu erstrecken, sodass Bramble überrascht war, keine Sterne zu sehen.
    »An die Wunder der Finsternis kommen keine anderen Wunder heran«, flüsterte Medric leise. Vermutlich hatte Fursey das einmal zu ihm gesagt, dachte Bramble, doch wer immer es gesagt haben mochte, er hatte Recht gehabt. Das Echo von Medrics Stimme schwoll an, erhob sich und kehrte als kaskadenartige Töne zu ihnen zurück.
    »Wunder …«, erklang das Echo, »Finsternis …«
    Das Echo wurde von einem anderen Geräusch begleitet und verstärkt. Von überall, von den vorstehenden Felsnasen und von der Höhlendecke, fielen

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