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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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winzige Wassertropfen auf Fels oder in flache Becken herab. Jedes kleine Platsch oder Plitsch wurde verstärkt und verwandelte sich in einen dünnen, unaufhörlichen, klagenden Schrei. Die Felsen weinten, und dies war das Geräusch ihrer Tränen.

    Die fallenden Wassertropfen reflektierten den Lichtschein der Kerze funkenartig, sodass sie beide von einem Leuchten erfasst wurden, von regenbogenfarbenem Schimmer und flüchtigen Lichtstreifen.
    »Du weißt, wo wir sind, nicht wahr?«, fragte Medric. »Das hier ist die Höhle der Tränen. Das ist die Heimat der Todesfee. Hier kommen wir nie wieder heraus.«

Ash
    Das Geräusch des Flusses weit unter ihnen hörte sich wie Harfenmusik an. Im Moment waren es sanfte Töne, so als wäre er nie angeschwollen, hätte nie eine Bedrohung dargestellt. Der alte Mann lächelte, wobei sein langes weißes Haar im Lichtschein des Feuers aufleuchtete. Ash war sich der anderen Männer bewusst, darunter sein Vater, die in der Dunkelheit der Höhle standen. Doch er brachte es nicht über sich, in ihre Richtung zu sehen. Verzweifelt starrte er in die blauen Augen des Alten.
    »Sie ruft dich«, sagte der Mann ernst. »Sie ruft dich beim Namen. Schließ die Augen. Hör ihr zu.«
    Verwirrt schloss Ash die Augen, darauf hoffend, dass ihm die Anerkennung nicht verwehrt werden würde und dass das menschliche Gesicht, das sich im Wasser gespiegelt hatte, nicht bedeutete, dass er wertlos war. Er hatte so sehr gehofft, bei der Begegnung mit dem Fluss seine wahre Gestalt zu finden. Immerhin war dies bei jedem anderen Wanderer der Fall gewesen. Warum sollte er anders sein? Hatte er gar keine andere Gestalt? Keinen animalischen Geist tief in seiner Seele, den der Fluss herbeirufen konnte? Wozu machte ihn das?
    Der Gedanke ließ Ash vor Kummer und Entsetzen erschaudern, und er empfand es als Trost, dass der alte Mann ihm nun die Hand auf den Rücken legte.

    »Hör zu«, sagte er sanft. »Sie wird zu dir sprechen.«
    Der Fluss wurde lauter. Ash konzentrierte sich. Erst vor wenigen Minuten hatte er den Fluss sprechen hören, als er an ihrem Ufer gestanden und um die Erlaubnis gebeten hatte, trinken zu dürfen. Sie hatte gelacht und ihm die Erlaubnis gewährt. Nun hörte er keine Worte, nur Geräusche, wie Musik, wie die Musik, die er Tag für Tag in seinem Kopf hörte.
    Die Musik schwoll in seinem Kopf an und erzählte von einem Gefühl, das tiefer ging als Denken, tiefer als Worte, stärker war als Zeit. Liebe war nur ein kleiner Teil davon. Sehnsucht durchzog die Musik, war aber nicht ihr Mittelpunkt. Ash strengte sich an, um noch intensiver zu lauschen, spürte dann jedoch, wie die Musik verklang.
    »Sei still«, sagte der Alte.
    Die Hand auf Ashs Rücken fühlte sich warm und beruhigend an. Ash atmete tief aus, zwang seine Muskeln dazu, sich zu entspannen, und jetzt hörte er den Mittelpunkt der Musik, den Rhythmus, der alles kontrollierte. Willkommen , sagte sie, du bist zuhause.
    Er fing an zu weinen. Als er bei Doronit gelebt hatte, hatte er sich sehnlichst gewünscht, zuhause angekommen zu sein, hatte bar jeder Vernunft gehofft, sie könne ihm ein Zuhause geben. Als er gesehen hatte, wie Mabry und Elva ihr Baby hielten, seinen Namensvetter, hatte er diese familiäre Verbundenheit betrachten können und sie darum beneidet. Er hatte davon geträumt, mit seinen Eltern wieder auf die Wanderschaft zu gehen, als Steinedeuter, und als solcher seinen Platz bei ihnen zu finden, den er als Musiker nicht hatte einnehmen können. Diese Träume hatten sich nicht erfüllt, was ihn dazu veranlasst hatte, allein auf Wanderschaft zu gehen, und das hatte ihn letzten Endes mit aller Macht an diesen Ort geführt. Vielleicht war er ja sein ganzes Leben lang auf den Fluss zugewandert.

    Ja , sagte die Musik, dein ganzes Leben lang .
    Ash hob den Blick und schaute den alten Mann an. Dieser lächelte.
    »Sie wartet schon lange, lange Zeit auf dich, Kind«, sagte er, wie er es schon einmal gesagt hatte. »Und ich auch.«
    Ash hatte Mühe, seine Stimme wiederzufinden. »Wer bist du?«, fragte er flüsternd.
    »Ich bin der Lotse.«
    Das war ein Begriff, den Ash aus alten Flussliedern kannte – der Lotse stand am Bug des Bootes und signalisierte dem Steuermann, welche Richtung dieser einschlagen musste, um die Stromschnellen und tückischen Strömungen zu umschiffen. Die Bezeichnung wirkte beruhigend auf Ash.
    Zögernd trat Ashs Vater Rowan vor. Sein Kopf war der eines Dachses; jeder der Männer trug sein wahres Wesen in

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