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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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meine Gäste!« lud der Indianer großzügig ein.
    »Bravo! ­ Ben! Eine Runde! Top bezahlt!«
    Der Wirt eilte schnellfüßig herbei.
    Während so im Blockhaus die Abschiedsfeier in Gang kam, stand Harka draußen bei den Pferden und ließ sie noch weiden. Er hatte alle Kleider bis auf den Gürtel abgelegt, und die Tropfen klatschten ihm auf die Haut, so wie sie den Pferden auf das Fell klatschten. Das Naßwerden an einem Frühjahrsabend störte ihn ebensowenig wie die Tiere. Er schaute den weiterziehenden Regenwolken nach, horchte auf das Rauschen des Flusses und hörte, wie die Mustangs am zähen Grase rupften. Er hörte auch das Stimmengewirr und das Lachen aus dem Blockhaus. Mit der Zeit wurden die Gäste darin immer lauter, und endlich wurden auch liederliche Lieder gesungen.
    In den ersten Nachtstunden waren die Mustangs satt. Harka brachte sie in die Umzäunung. Der Regen hatte aufgehört. Der junge Bursche schlug seine Decke um und lehnte sich an die Blockhauswand. Er hatte gelernt, im Stehen zu schlafen. In das Blockhaus zu gehen, verspürte er keine Lust. Die Rindenhütte wollte er nicht mehr aufsuchen. So blieb er bei den Pferden und schlief an die Wand gelehnt. Schon halb im Traum hörte er noch Stimmen aus dem Haus herausdringen. Die Stimme des Vaters war nicht darunter.
    Bei Morgengrauen kam Mary aus der Tür. »Jenny!« rief sie herrisch, unwirsch, und schon erschien auch die Tochter. Ihr Haar war zerzaust, und sie sah blaß aus. Die Mutter, die selbst zwei Eimer in der Hand hatte, schrie das Mädchen an: »Hol auch Wasser! Die Schweine werden wir wecken!«
    Harka führte die Mustangs zum Fluß, ein Stück weiter unten, als die Frauen schöpften. Mary füllte die Eimer und schaute dann zu Harka hinüber. »Hol dir deinen besoffenen Alten!« schrie sie ihm zu. Dem jungen Indianer war, als ob ein Blitz ihn getroffen hätte. Er konnte sich einen Augenblick weder rühren noch etwas sagen. Er ließ die Mustangs saufen und wartete, bis die Frauen mit den gefüllten Eimern vom Flusse weggegangen waren.
    Dann führte er die Tiere in die Umzäunung und ging in das Haus, um sich seine Sachen zu holen, die er für die letzte Nacht im Blockhaus untergebracht hatte. Er machte die Pferde fertig, schnallte ihnen die Decken um und wartete dann mit den Mustangs, bis der Vater kommen würde.
    Er hatte Mattotaupa im Hause gesehen, auf dem Boden liegend, schlafend, schnarchend, stinkend wie die anderen. Er hatte den Blick, mit dem er das wahrgenommen hatte, niemanden anderen erraten lassen, Mary nicht, Jenny nicht, auch Jim nicht.
    Red Jim, der sehr viel getrunken hatte, aber auch viel vertragen konnte, kam jetzt aus dem Hause heraus zu Harka.
    »Harry, wo bleibst du denn! Mach kein Theater! Saufen, das muß jeder können, und wer’s nicht kann, der muß es lernen. Die ersten paar Male zahlt aber auch jeder Lehrgeld. Dabei ist doch nichts. Komm, wir bringen deinen Vater raus! Wie ich ihn kenne, möchte er früher als die anderen wieder nüchtern sein.«
    Harka rührte sich nicht, streifte den Weißen auch nicht mit einem einzigen Blick.
    »Kannst keinen Betrunkenen sehen? Junge, und du willst Scout werden bei einem Baulager? Viel Spaß!«
    Harka nahm die Pferde und führte sie ein Stück weiter. Jim schaute ihm nach. »Bursche, du gefällst mir nicht«, murmelte er vor sich hin.
    Zwei Stunden später, als die Sonne hell über Fluß und Wiesen schien, waren alle wieder auf den Beinen.
    Mattotaupa hatte den Kopf ins Wasser getaucht und war ganz nüchtern geworden. Aber er war noch blaß und preßte die Lippen aufeinander, als er zu Harka ging, um sich seinen Mustang zu holen. Harka sagte nichts. Sein starres Gesicht war eine einzige Anklage.
    Mattotaupa sah zu Boden. »Harka Steinhart! Nie mehr wird dein Vater von solchem Geheimniswasser trinken.«
    Der junge Indianer antwortete auf dieses Versprechen nicht. Aber er fragte: »Wer hat dir das Geheimniswasser gegeben?«
    »Ben.«
    Mattotaupa war müde, und er empfand einen quälenden Ekel vor sich selbst, doch schwang er sich mit der altgewohnten Leichtigkeit auf das Pferd. »Komm«, sagte er zu Harka. »Joe hat mir das Ziel für heute beschrieben. Wir kundschaften auf dem Wege. Die Weißen folgen uns.«
    Die Indianer trieben ihre Mustangs an und verschwanden zwischen den Hügeln.
     
     

 
Die Strafexpedition
     
    Als die Reiter mit ihren beiden indianischen Führern drei Tage unterwegs gewesen waren und den North-Platte schon überquert hatten, fanden Mattotaupa und Harka

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