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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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ließ er dem Tier soviel Freiheit wie möglich, denn die Wildpferde kannten die Wildwasser und hatten schon als Füllen mit ihren Müttern Erfahrungen darin gesammelt, hindurchzugelangen, ohne zu ertrinken. Als das Tier den Grund verloren hatte und auch schon weit genug in den Strom hinausgelangt war, um nicht mehr an das Ausgangsufer zurückschwimmen zu wollen, ließ Harka den Mustang fahren und schwamm allein. Dabei hielt er sich in der Nähe des Tieres, das mit äußerster Anstrengung arbeitete, um dem gefährlichen Wasser wieder zu entkommen. Harka kraulte. Die Flut riß ihn mit, aber einmal hielt sie ihn fest, und fast hätte ihn ein Strudel hinuntergezogen. Er konnte der unheimlichen Gewalt eben noch entkommen, und mit großer Mühe holte er seinen Grauschimmel wieder ein, der jetzt das gegenüberliegende Ufer in erreichbarer Nähe sah und blindwütend dorthin strebte. Fast zur selben Zeit wie das Pferd spürte Harka den schlammigen Grund unter seinen Füßen, und da das Tier jetzt mit größerer Mühe vorankam und mit den Hufen immer wieder einsank, gelang es ihm, es einzuholen und den Zügel zu fassen.
    Als er den Grauschimmel in den Nebenfluß hinaufgeführt hatte, leitete er ihn ein lange Strecke in diesem Flußbett aufwärts, nach Süden zu. Das Vorwärtskommen in dem Wasser war mühsam und langwierig, aber die Spuren ließen sich so am besten verbergen. Erst am Abend stieg der Bursche ab, ließ sein Tier ledig, nur mit dem Lasso um den Hals, an das harterdige Ufer steigen und lief selbst mit leichten Füßen, fast ohne Spuren zu verursachen, auf das kurze Gras hinauf. Er ließ das Tier am Lasso noch kreuz und quer laufen, bis er endlich hinhuschte, aufsprang und davonritt. Er war ein so leichtgewichtiger Reiter, daß Verfolger an den Hufeindrücken kaum feststellen konnten, wann er aufgesessen war. Bis tief in die Nacht hinein überließ er es dem Tier, wie es laufen wollte.
    Endlich machte er halt. Er nahm an, daß seine Person keinem Verfolger eine tagelange Suche wert sein würde. So mochte die Art, wie er die Fährte unterbrochen hatte, genügen.
    Reiter und Pferd hatten die Nässe abgeschüttelt. Harka packte seinen Korb aus; es war darin alles trocken geblieben, und er war sehr befriedigt, daß die Überquerung so gut gelungen war. Er gönnte sich und dem Tier eine lange Rast und hängte die Büffelhautdecke, die ganz und gar naß geworden war, an Büschen zum Trocknen auf.
    Das nächste Ziel Harkas war die Farm von Adamson. Vielleicht konnte er dort einen Fellrock und Pelzmokassins für den Winter bekommen. Auf der Station des Abraham hatte er sich mit einem solchen Handel nicht aufhalten wollen. In dem Zeltlager der Siksikau befanden sich die Felle der sechs Büffel, die Mattotaupa, und das Fell der Büffelkuh, die Harka erlegt hatte. Die Felle waren noch nicht fertig gegerbt, aber man hätte Winterkleidung dafür eintauschen können. Harka dachte nur flüchtig an diese verlorene Habe. Er war schon gewohnt, daß er immer wieder von vorn anfangen mußte. Das einzige, was ihn von der Nacht seiner Flucht aus den Zelten der Bärenbande an begleitet hatte und ihm nie verlorengegangen war, das waren sein Pferd und die Büffelhautdecke, die er mitführte. Für den Grauschimmel und für die Decke, auf der Taten seines Vaters in Bildern dargestellt waren, empfand er um so mehr Anhänglichkeit, je einsamer er wurde.
    Harka fand Fährten, die auf die Nähe eines indianischen Zeltlagers deuteten, und ging diesen sorgfältig aus dem Wege. Auch wenn die Bewohner vielleicht Siksikau oder Mandan waren und sich weder feindselig zeigen noch Harka festhalten würden, so hatte er doch nicht Lust, Rechenschaft darüber zu geben, woher er komme und wohin er gehe.
    Die Farm des Adamson zu finden war in der Wildnis nicht leicht, aber Harka nahm an, daß es auch nicht allzuschwer sein würde. Thomas und Theo hatten die Lage angedeutet, und weiße Männer pflegten große Feuer zu machen, deren Rauch ein Indianer mit dem Winde nicht nur meilenweit roch, sondern den er auch über wenigstens zwanzig Kilometer hin sah. Harka wollte sich nur in acht nehmen, daß er nicht einer Abteilung der Norddakota in die Hände lief, und darum wurde er sehr vorsichtig. Oft hielt er an, um auszuspähen; er achtete auf alle Fährten.
    Seine Mahlzeiten wurden karg. Einmal nahm er ein Mauseloch aus, in dem er einen kleinen Vorrat wilder Rüben fand. Ein andermal gelang es ihm, einen Präriehund zu erlegen, ein fettes kleines Nagetier, etwas

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