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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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er hatte in großen Umrissen auch schon eine Vorstellung, wie er damit fertig werden wollte.
    Seine erste schwierige Aufgabe war, den Missouri zu überqueren. Der junge Bursche hatte schon viel von diesem Strom gehört, den er in seiner Muttersprache »Mini-sose«, Schlammwasser, nannte, und er hatte im Herbst des vergangenen Jahres die mächtigen Wasser weit unten im Süden bei Omaha gesehen. Den Oberlauf des Stromes, mit seiner reißenden Strömung, den Wasserfällen, Stromschnellen und Wirbeln, kannte er noch nicht. Seit er jedoch mit Stark wie ein Hirsch im Gebiet der Quellflüsse des Missouri auf Jagd umhergestreift war, vermochte er sich eine lebendige Vorstellung davon zu machen.
    Harka trieb seinen Grauschimmel zur Eile an. Er wollte von niemandem eingeholt werden, und bei der Überquerung des Missouri gedachte er seine Fährte zu unterbrechen. Die Nacht hindurch ritt er. Des Morgens, wenn die Wölfe schlafen gingen, machte auch er Rast, wickelte sich in seine Decke und schlief ein paar Stunden an einem sonnigen Platz bei seinem Pferd. Er hatte einen kleinen Vorrat getrockneten und pulverisierten Büffelfleisches bei sich, den er aber vorbedacht sparte. Zunächst machte er sich über das Huhn her, das er mitgenommen hatte. Drei Hühner hatte er mit seinen Pfeilen auf dem Ritt zur Station erlegt; eines hatte er am Seeufer aufgegessen, eines blieb für seine Gefährten dort, eines hatte er jetzt für sich beansprucht; das mußte wohl ein jeder angemessen finden. Der Grauschimmel weidete; er hatte auch Hunger.
    Am frühen Morgen eines Tages erreichte der jugendliche Reiter das Tal des Missouri. Hier war das Gras auch jetzt, im Herbst, noch saftig. Rötlich schimmerte die Tonerde der Hügel, die das Tal begleiteten. Der Fluß rauschte dahin. An dem verkrusteten Schlamm des Ufers war zu erkennen, wie weit sich die Wasser unter der Einwirkung der sommerlichen Hitze zurückgezogen hatten.
    Der Grauschimmel soff durstig, und auch Harka legte sich hin, trank in langen Zügen und füllte seinen Wassersack nach. Als das getan war, machte der junge Bursche sein Tier fest, ließ es weiden und verfertigte sich aus Schwanzhaaren des Grauschimmels und einer langen Weidengerte eine Angel. Im feuchten Ufergelände fand er Würmer und anderes Getier genug, das als Köder dienen konnte. Ehe er zu angeln anfing, lief er auf einen der Hügel hinauf, um noch einmal gründlich Ausschau zu halten. Rings lag das Land einsam; kein Mensch schien hier zu hausen oder unterwegs zu sein. Harka kehrte daher beruhigt an das Ufer zurück und begann zu angeln. Das Wasser wimmelte von Fischen, und nach einer Stunde schon hätte der junge Angler mit seiner Beute ein Zelt mit vielen Insassen sättigen können. Er sammelte sich trockenes Holz und machte sich zum erstenmal, seit er unterwegs war, Feuer. Die Fische nahm er sorgfältig aus und briet sie in der Asche. Dann aß er allein für sechs. Wer wußte, wann er wieder so reichlich und in Ruhe speisen konnte! Den elenledernen Rock hatte er abgelegt. Er ließ sich die Sonne auf den Rücken scheinen und schlief zwei Stunden. Wieder erwacht, musterte er Ufer und Strom und überlegte, wie er am besten über das reißende und tückische Wasser hinübergelangen könne. Ein Boot hatte er nicht, also mußten er und sein Grauschimmel schwimmen. Alles durfte naß werden, wenn es sich nicht vermeiden ließ, selbst seine Kleidung, aber nicht der Revolver und die Munition dazu. Harka schnitt sich daher dünne Weidenzweige und flocht sich einen runden Korb. Das war allerdings Weiberarbeit, aber wenn es darauf ankam, verstand er sie auch. Der Korb war praktisch. Er konnte außer Revolver und Munition auch seine Pfeile, sein Beil, seine Keule und seine Kleidung darin verstauen und sich das Ganze auf den Kopf binden.
    Bogen und Lasso nahm er über Schulter und Rücken.
    Er hatte nicht die Absicht, zu verbergen, wo er in den Strom hineinging. Er wußte, daß er starken Abtrieb haben würde, und wenn ihn das Wasser mit seinen Strudeln nicht irgendwo verschlang, kam er ein gutes Stück stromabwärts an das andere Ufer. An der Stelle, an der er das jenseitige Ufer erreichte, wollte er seine Fährte sorgfältig auslöschen. Dazu war am besten das Bett eines kleinen Nebenflusses geeignet, der weiter unten in den Missouri von Süden einmündete.
    Die Sonne hatte ihren höchsten Stand eben überschritten, als Harka sich aufmachte. Den Korb auf dem Kopf, schwang er sich auf sein Pferd und trieb es in das Wasser. Dabei

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