Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Seine nasse Kleidung hatte er ausgezogen, um sie in Sonne und Wind trocknen zu lassen. Die Büffelhautdecke mit den Bildern von den Taten seines Vaters als Kriegshäuptling der Bärenbande hatte er um die Schultern genommen.
    »Ich bin nicht allein«, sagte Mattotaupa, sobald das Essen beendet war. »Jim lebt mit mir zusammen. Wir hausen oben in der Zauberhöhle, dort sind wir sicher. Die Dakota halten uns für Geister und haben die Gegend verlassen.«
    »Halten sie auch dein Pferd für einen Geist?«
    »Unsere beiden Mustangs zusammen sicher nicht. Vielleicht locken die Mustangs Tashunka-witko herbei. Ich habe ihn noch nicht finden können. Warum hast du Jim nicht gesagt, wer du bist?« Der Vater wußte also von dem Kampf!
    »Wir trafen uns im Finstern. Will Jim in dieser Höhle weiter nichts als sicher sein?«
    »Es gibt ihm niemand einen anderen Gedanken ein. Für ihn ist diese Höhle Fels und ein gutes Versteck. Ich selbst habe vorgeschlagen, daß wir uns für diesen Winter dort einnisten. Du verstehst mich. Bist du mit dem Wasserfall herausgekommen?«
    »Hau.«
    »Jim ist schwer verwundet. Ich habe ihn verbunden, aber es wird der Zeit eines Mondes bedürfen, bis er wieder ganz zu Kräften kommt. Es ist gut, daß wir jetzt zu dritt sind. Warum hast du die Zelte der Siksikau verlassen?«
    »Aus dem gleichen Grunde wie du, Vater. Du hast Ellis erschossen. Ich bin für die weißen Männer der Sohn eines Mörders. Solange ich noch kein Krieger bin, könnten sie mich nach ihren Gesetzen ergreifen, um mich zu erziehen.«
    »Du hättest Old Bob in Minneapolis nicht sagen sollen, daß wir zu den Siksikau gehen wollen. Er muß das der Polizei verraten haben. Er hat auch Jim an die Polizei verraten.«
    Harka fuhr auf. Es fiel ihm schwer, sich so zu beherrschen, wie er es dem Vater gegenüber nach seiner gesamten Erziehung als seine Pflicht betrachtete. Sein Ton klang daher gepreßt, als er erwiderte: »Ich habe geschwiegen. Old Bob wußte nichts. Es gab nur einen, der uns verraten konnte: Jim.«
    »Schweig. Er ist mein treuer Bruder, und niemals hätte er mich preisgegeben.«
    Harka unterdrückte jedes weitere Wort. Aber in ihm waren Aufruhr und ein wütender Haß auf den weißen Mann.
    Vater und Sohn saßen sich noch einige Minuten schweigend gegenüber. Jeder hing seinen Gedanken nach. Vielleicht war es Zufall, vielleicht aber auch nicht, daß sie an dem Platze saßen, an dem sich die Feuerstelle des Häuptlingszeltes befunden hatte. Es war, als ob der Boden zu reden beginne, während die beiden Menschen stumm blieben, und langsam wurde in Mattotaupa, in dem alles erstickt und tot gewesen war außer seinem Durst nach Rache, eine warme Empfindung lebendig. Er hatte darauf verzichtet gehabt, seinen Sohn je wiederzusehen, aber Harka war zu ihm gekommen. Zum zweitenmal hatte Harka eine Heimstatt verlassen und war dem Vater gefolgt. In Mattotaupa löste sich etwas. Aber das machte ihn nicht mehr frei. Es war nur, als ob eine Narbe aufbräche und eine Wunde warm zu bluten beginne.
    »Harka Steinhart«, sagte Mattotaupa langsam. »Du weißt, daß ich dir vertraue. So wie ich vor zwei Sommern zu dir gesagt habe, wird es auch geschehen. Du sollst um das Geheimnis der Höhle wissen, du allein. Wie mein Vater es mir anvertraut hat, werde ich es dir anvertrauen. Du wirst das Geheimnis niemals verraten.«
    »Niemals, Vater.«
    Es trat wieder Schweigen ein. Der Aufruhr in Harka begann sich zu legen. Er hatte das Vertrauen seines Vaters nicht verloren. Es mußte ihm eines Tages gelingen, das Mißtrauen des Vaters gegen den weißen Mann zu wecken. Beherrscht und überlegt wollte er sich verhalten, bis er Beweise in den Händen hatte, die auch den Vater überzeugten. Ihm gehörte sein Vater, nicht diesem weißen Mann.
    »Komm«, sagte Mattotaupa und stand auf. »Wir gehen zu dem Geheimnis der Höhle und dann zu Jim.«
    Harka erhob sich ebenfalls. »Und die Pferde?«
    »Bleiben sich selbst überlassen.«
    Harka fragte nicht weiter, sondern folgte dem Vater.
    Mattotaupa stieg nicht direkt zu der Felswand und dem Höhleneingang hinauf, sondern machte viele Umwege und unterbrach mehrfach jede mögliche Fährte. Harka achtete sehr genau auf alle Finten, die der Vater anwandte, um jeden denkbaren Verfolger zu täuschen, und freute sich an der meisterhaften Geschicklichkeit.
    Allmählich wurde es dem Burschen klar, daß Mattotaupa überhaupt nicht zu der Felswand hinstrebte. Die beiden waren am Berg schon viel höher hinauf, auch stark abseits

Weitere Kostenlose Bücher