Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Sohn ward ein Mensch und ist der Ahnherr der Bärenbande. Er ist auch mein und dein Ahnherr.«
Mattotaupa machte eine Pause.
»Hier«, flüsterte er dann weiter und griff nach Harkas Hand, um sie zu führen, »hier fühlst du? liegen einige Körner. Das ist Goldsand. Vielleicht hat die Bärin den Räuber getötet, der die Körner irgendwo gefunden hat. Ich nehme nur jetzt etwas davon mit. Wir sind Nachfahren der Bärin und haben an allein teil, was sie besitzt. Es gibt Gold in diesen Bergen, an der Quelle des Wasserfalls, zu dem ich dich vor zwei Jahren führte. In eine der Spalten, aus denen das Quellwasser dringt, kannst du mit der Hand hineinfassen. Nun, jetzt weißt du genug.«
»Den Goldsand in dem Wandbecken habe ich gefunden«, gestand Harka.
Mattotaupa drehte sich seinem Sohn ganz zu. Harka spürte im Dunkeln die Bewegung und glaubte den Blick des Vaters zu fühlen. »Du hast …«, sagte Mattotaupa leise. Er brach mitten im Satz ab.
Durch die Finsternis und die lastende Stille im Bauch des Berges drang ein Ton, der ihn und Harka erzittern ließ. Es war ein dumpfes, heiseres, schauerliches Brummen, das mit vielfältigem Echo durch die Felsgänge lief.
»Harka!«
Wie von Gespenstern gejagt, kletterte Mattotaupa den Gang zurück, den er mit seinem Jungen gekommen war, und Harka hetzte keuchend hinterher. Der Gang war zu eng, um einem Bären Raum zu geben, aber die von Kind an tief eingewurzelte Zauberfurcht überwältigte in diesem Augenblick beide, auch Harka, so daß sie nicht haltzumachen wagten. Die erstickende Luft drang ihnen in die Lunge, und der Schweiß brach ihnen am ganzen Körper aus. Ihre Bewegungen waren zu schnell, um ganz vorsichtig zu bleiben, und Gestein rieselte auf sie herab. Die Sekunden, in denen sie nicht weiterkamen, durchlebten sie mit der Angstpsychose eines Alpdrucks. Endlich erreichten sie die Kreuzung. Als sie am Ausgang angelangt waren, stemmte Mattotaupa den Stein hastig und gewaltsam in die Höhe und schob schnell die beiden kleinen Steine wieder als Halt darunter.
Harka nahm seine Büffelhautdecke, die er hier im Höhleneingang zurückgelassen hatte, wieder an sich, und die beiden krochen hinaus. Licht, Wind, vereister Schnee und verkrüppelte Bäume waren wieder um sie.
Als Harka und Mattotaupa den Block als Verschluß des Höhleneingangs in die alte Lage gebracht hatten, hockten sie sich erschöpft auf die Steine. Der Schweiß stand ihnen noch in Tropfen auf der Stirn und im Nacken. Mattotaupa zündete schließlich seine Pfeife wieder an.
Als er sie ausgeraucht hatte, begann er: »Ich weiß nicht, ob die Bärin mir sagen wollte, daß ich falsch gehandelt habe, als ich dich, einen Knaben, mit in ihr Reich nahm. Ich weiß es nicht. Zum erstenmal in meinem Leben habe ich ihre Stimme gehört. Ein Geheimnismann der Dakota will sie schon einmal gesehen haben, ein einziges Mal, aber weit von hier, jenseits des Berges im Norden.« Mattotaupa tat einen tiefen Atemzug. »Ich hatte dir gesagt, daß du das Geheimnis erfahren sollst. Du hast es erfahren. Ich habe gesprochen, hau.«
Mattotaupa klopfte seine Pfeife aus, stand auf und machte sich mit Harka zusammen auf den Weg. Er führte wieder mit vielen Finten; schließlich gelangten die beiden Indianer zu der Felswand, an der sich der Haupteingang der Höhle befand. Es war schon Nachmittag.
Nach Red Jim brauchten sie nicht lange zu suchen. Er saß nahe diesem Höhleneingang, die Füße gegen einen aufwachsenden Kalkstein gestemmt, den Rücken an die Wand gelehnt. Sein Gesicht war eingefallen und aschgrau, sein Blick wirkte verstört. Nichts von der alten Selbstsicherheit war an ihm zu bemerken. Sein Jagdhemd war blutig.
»Top«, sagte er schwach, als die beiden Indianer neben ihm standen. »Nichts und niemand hält mich mehr in dieser verdammten Misthöhle. Wo hast du nur so lange gesteckt! Und wen bringst du mir da mit? Den Harry? Hat der mich vielleicht so elegant mit dem Messer angestochen, als ob er ein Schwein schlachten wollte? Junge, Junge! Hast du ein Glück gehabt, daß ich meinen Revolver nicht dabei hatte.«
Jim versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht.
»Meinem weißen Bruder geht es nicht gut?« Mattotaupa war besorgt.
»Nein, Top, deinem weißen Bruder geht es gar nicht gut. Bring mich hinunter in das Blockhaus des zahnlosen Ben, sonst krepiere ich hier, und dazu habe ich verdammt wenig Lust. Wo ist denn bloß der Bär auf einmal hergekommen, dieses dreckige Gespenst?«
Auch Jim erkannte, daß
Weitere Kostenlose Bücher