Die Höhle in den Schwarzen Bergen
sondern schob sich ein Stück höher. Der Seitenarm wurde flacher, allerdings auch enger. Harka kam schnell eine ganze Körperlänge voran. Er hatte sich Luft in die Lunge gepumpt, um diesen ganz von Wasser erfüllten Durchgang passieren oder auch noch rechtzeitig daraus zurückweichen zu können, ohne zu ersticken.
Der Seitenarm der Höhle wurde wieder steiler und außerordentlich eng. Harka wollte den Versuch, weiter vorzudringen, schon aufgeben. Aber da er noch für zwei Minuten Luft hatte, machte er doch eine letzte verwegene Anstrengung, sich weiter aufwärts zu schieben und nicht in die Fänge des unten lauernden Mannes zurückzugleiten. Nur ein sehr schlanker Körper konnte an der erreichten Stelle überhaupt noch vorwärtskommen. In völliger Finsternis, vom Wasser überspült, gelangte Harka mit letzter Anstrengung nochmals zwei Meter voran.
Dann konnte er plötzlich atmen und mit den Armen rechts und links ausgreifen. Rasch zog er den ganzen Körper nach. Er befand sich in einer Erweiterung des Höhlenganges. Mit Händen und Füßen tastete er umher. Zunächst gelang es ihm, seitlich aus dem Wasser herauszugelangen. Er hockte sich auf feuchten Fels und keuchte. Er schlotterte am ganzen Körper vor Nässe, Kälte und Erschöpfung. Nur langsam beruhigte sich sein Atem und sein Herz. Er bewegte sich wieder und tastete seine Umgebung in der Finsternis systematisch ab. Der erweiterte Höhlengang schien einen verhältnismäßig großen, kugelförmigen Raum zu bilden, in dem im Berge absickernde Wasser sich sammelten, auch starke Wasseradern sich trafen und die Quelle des unterirdischen Bachs bildeten. Jetzt zu Winterbeginn war verhältnismäßig wenig Wasser vorhanden; der Raum war zum größten Teil wasserfrei, und Harka konnte sich darin aufhalten. Aber der Höhlenarm war hier auch zu Ende. Nirgends führte ein Gang weiter, wie Harka bald festgestellt hatte. Der junge Indianer war eingeschlossen wie in einem Felsenkerker. Ehe er über die Frage nachdachte, wie er wieder daraus entrinnen könne, betastete er die Felsen noch eingehender. Rechter Hand war das Gestein fast trocken. Harka zog sich dorthin zurück. Er fand in der Wand eine Vertiefung, wie sie in Schluchten oft entsteht, wenn Wasser mit kleinen Steinchen den Fels wie zu einem Becken ausmahlt. Am Rande dieser Vertiefung setzte sich der junge Indianer hin und ruhte wieder aus. Seinen Feind hatte er hier nicht zu fürchten. Wo Harka mit Mühe hindurchgekommen war, konnte der breitschultrige Red Jim niemals hindurchgelangen.
Der junge Indianer durfte sich also Zeit lassen.
Er befühlte die Vertiefung in der Wand und fand dort kleine, ganz rund gewaschene Steine, dazu aber auch etwas Weicheres, Holzartiges und etwas Kantigeres. Er tastete immer wieder, denn seine erste Reaktion auf die Tastempfindung war der Begriff »Feuerzeug« gewesen, aber es schien ihm doch unmöglich, daß hier Feuerzeug aufbewahrt wurde. Harka tastete und vergewisserte sich wieder und wieder. Er fürchtete, sich selbst mit Hoffnungen zu betrügen. Endlich nahm er die kleinen Gegenstände, die auf den Steinen trocken gelegen hatten, und begann in gewohnter Weise zu reiben. Nach geraumer Zeit gelang es ihm, Funken zu erzeugen. Er erblickte den Höhlenraum, schwach von den Funken erleuchtet, die schnell wieder erloschen.
Er legte das Feuerzeug behutsam an seinen alten Platz. Ein indianisches Feuerzeug war das. Unter den kleinen, rund gewaschenen Steinen in der schüsselartigen Wandvertiefung aber befanden sich Goldkörner. Entweder hatte das Wasser hier goldhaltiges Gestein ausgewaschen, oder der Mensch, der das Feuerzeug hierhergebracht hatte, hatte auch gesammelte Goldkörner deponiert. Auf alle Fälle war Harka nicht der erste, der in diesen Höhlenraum eingedrungen war. Sein Vorgänger war auch ein Indianer gewesen.
Ahnte Red Jim etwas von diesem Goldschatz?
Wenn er nichts davon wußte, sollte er nie etwas davon erfahren; und wenn er davon wußte, sollte er ihn nie erhalten.
Harka begann jetzt darüber nachzudenken, was er weiter unternehmen sollte. Einige Tage und Nächte konnte er in dem Höhlenraum ausharren, in dem er sich jetzt befand, denn er hatte atembare Luft, Wasser und etwas durchnäßten Mundvorrat an pulverisiertem Büffelfleisch. Aber irgendwann mußte er den Rückweg wagen, und zwar ehe er entkräftet war. Das Gold wollte er nicht liegenlassen. Er hätte gern ein wenig Feuer gemacht, um die Goldkörnchen aus den Steinen auszusortieren, aber er hatte keinen
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