Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Zaubermann zu bringen, traf er sich mit Harka. Der Knabe erfuhr durch den Vater, was auf dem Hügel vorgegangen und was verhandelt worden war.
    Dann berichtete Harka selbst, daß die Munition, die zu der geraubten Büchse gehörte, verschwunden war und Tashunka das Zeichen seiner Anwesenheit im Zelte Mattotaupas in den Boden eingeritzt hatte. In Mattotaupa stieg bei diesem Bericht eine derartige Wut auf, daß er sich nur noch mit Mühe beherrschte. Auch der Knabe erzürnte sich sehr, daß er seine doppelläufige Büchse auf Grund des Verhandlungsergebnisses endgültig verloren hatte.
    Mit gerunzelter Stirn fragte er den Vater: »Warum ist Tashunka-witko so erpicht auf den Frieden, daß er uns dafür zwei Krieger zurückgibt?«
    »Er hat erfahren, wie wir kämpfen. Der Angriff der Dakota auf unsere Zelte ist abgeschlagen.«
    »Um so mehr muß Tashunka-witko uns fürchten, wenn wir wieder um zwei Krieger stärker sind.« Wenn der Knabe jetzt »wir« sagte, so meinte er die Gruppe der Siksikau, bei der er mit seinem Vater zu Gast war.
    »Dafür besitzt er dein Geheimniseisen, das in der Hand Tashunka- witkos eine gefährliche Waffe sein wird.«
    »Warum habt ihr mich gezwungen, es ihm zu geben?!«
    »Warum hast du es Tashunka immer vor die Augen gehalten, im Zelt und am Pfahl? Da beschloß er, es sich zu verschaffen!«
    Harka senkte den Kopf. »Aber zwei Krieger sind dennoch mehr wert!« beharrte er. »Warum gibt er sie her, und seine Männer zürnen nicht einmal darüber?«
    »Die beiden Krieger, die er uns freigab, sind so schwer verletzt, daß sie im Kampfe nie mehr die volle Kraft haben werden. Tashunka-witko hat auch überlegt, was er tut.«
    »So scheint es, Vater.«
    Während Mattotaupa sich mit einigen Männern, Pferden und Decken wieder auf den Weg machte, ging Harka zu seinem Grauschimmel. Wenn er den Vater nicht hatte, war dieses Tier sein einziger Vertrauter. Er setzte sich zu ihm und nahm wieder einen Grashalm zwischen die Lippen. Daß seine Büchse samt Munition verloren war, konnte er so leicht nicht verwinden.
    Er hatte lange zwischen der Pferdeherde gesessen, als ein anderer Junge zu ihm kam, das war der Sohn des Schwarzfußhäuptlings. Die Knaben konnten noch nicht miteinander sprechen, aber der andere setzte sich zu Harka und blieb stillschweigend bei ihm. Die beiden saßen bis zum Abend beieinander, während vor zwei Zelten die Totenklage um die beiden gefallenen Krieger gesungen wurde.
    Als es dämmerte, die Männer alle zurückgekehrt waren und Mattotaupa in das Zelt am Südende des Lagers ging, erhob sich Harka endlich, um auch heimzugehen. Der andere Junge begleitete ihn und kam einfach in das Zelt Mattotaupas mit.
    Harka freute sich darüber viel mehr, als er je nach außen hin gezeigt hätte. Die Schwarzfußfrau bereitete Essen für Mattotaupa und dann auch für die Kinder und sich selbst. Zwar hatte Harka am Morgen schon etwas zu sich genommen, und er pflegte wie die Krieger nur einmal am Tage zu essen. Aber er versorgte eigenhändig seinen Gast mit am Spieß geröstetem Fleisch wie ein Häuptling den anderen. Auch nach dem Essen blieb der Schwarzfußjunge noch im Zelt, und wie spielend erklärte er seinen eigenen Namen »Stark wie ein Hirsch« und einige Worte seiner Sprache. Harka ging sogleich darauf ein, holte sich bei der Frau auch ein Stück Leder, um etwas aufzeichnen zu können. Er wollte dem anderen Jungen klarmachen, daß er beabsichtige, endlich auf Antilopenjagd zu gehen. Jetzt, nachdem die Waffen schwiegen, konnte der Vater nichts mehr dagegen haben.
    Mattotaupa gab denn auch seine Zustimmung für den übernächsten Tag, und Stark wie ein Hirsch war voller Feuer für dieses Vorhaben. Das war der erste Augenblick, in dem es Harka nicht so sehr schmerzte, daß er seine Büchse nicht mehr besaß. Auch Stark wie ein Hirsch hatte nur Bogen und Pfeil, und die beiden Jungen wollten die gleichen Waffen führen. Es ergab sich ganz von selbst, daß Stark wie ein Hirsch auch für die Nacht in Mattotaupas Zelt blieb.
    Harka ahnte, daß es gerade der Verlust seiner Geheimniswaffe war, der bei dem anderen den Damm scheuer Zurückhaltung endgültig durchbrochen und Harka so für den Verlust der Waffe mit dem Gewinn eines Freundes belohnt hatte. Er selbst fing an, ruhiger über diesen Verlust nachzudenken. Der Vater hatte nicht unrecht; Harka hatte allzusehr mit dem Besitz der Geheimniswaffe geprahlt. Was Tashunka-witko anbelangte, so konnte der Junge nicht einmal mehr mit Zorn an ihn denken. Das

Weitere Kostenlose Bücher