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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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gelangen.“
    „Ich werde nach ihr sehen“, versprach Pater Paul. Ein Problem bei der zurückschreitenden Zivilisation war das Wiederauftauchen von alten, todbringenden Krankheiten, was die Sterblichkeitsrate bei Kindern in die Höhe schnellen ließ. Krankheiten aufgrund schlechter Zustände, mangelnder Hygiene und Unwissen. Die Pikten lebten weit von der Zivilisation entfernt – in vielerlei Hinsicht.
    Das Kind lag in einer dunklen Hütte auf einer Pritsche. Als Pater Paul darauf zuging, hatte er wiederum das Gefühl eines déjà-vu-Erlebnisses. War er schon einmal hier gewesen? Sicher nicht in diesem Jahrhundert!
    Sie war gewiß sehr krank. Sie war etwa zehn Jahre alt, das Gesicht durch Schmerz altklug, Krusten eingetrockneten Erbrochenes um den Mund. Die schlechte Ernährung verkomplizierte sicher viele Fälle, wie es auch im Mittelalter der Fall gewesen war. Er rief sich wieder ins Bewußtsein, daß dies keine bewußte Vernachlässigung der Kinder bedeutete. Primitive wußten einfach nicht, wie gute Nahrung und eine gesunde Umgebung aussahen. Wahrscheinlich hatten die Ärzte es dem Häuptling zu sagen versucht – aber was konnte man in einer solchen Situation schon viel sagen, wenn man selber gesund bleiben wollte. Pater Paul mußte ihr eine ausgewogenere Nahrung verschreiben, wenn er sie durch diese Krise bringen wollte. Falls er hier helfen konnte, würde der Vater vielleicht auf ihn hören.
    Die Haut war blaß, fast durchsichtig. Sie brauchte Licht und gute Pflege – und Liebe. Wo war die Mutter? Jemand, der ihre Hand hielt, ihr Geschichten erzählte und auf ihre kleinen Freuden und Scherze einging? Richtige Primitive richteten ihr Leben an den Kindern aus, aber diese modernen Rückkehrer hatten das noch nicht wieder in den Griff bekommen. Ihre Familien wurden leicht zusammen mit der früheren Umgebung zerstört. Verschiedene Menschen entwickelten sich zu unterschiedlichen Zeiten auf unterschiedlichen Ebenen zurück. Für das Zusammenleben der Menschen konnte das qualvoll sein. Auch in diesem Bereich würde er Verordnungen aussprechen müssen.
    Aber das würde wirkungslos bleiben, wenn sie schon zu degeneriert waren. Zuerst mußte er dieses Mädchen retten.
    Er setzte sich neben sie und nahm die heiße, schmale Hand. „Hübsches Kind, ich liebe dich. Dein Vater liebt dich. Gott liebt dich. Wir alle lieben dich.“ Er legte ihr die andere Hand auf die Stirn und betete stumm: „Gott, hilf diesem Kind. Bring es aus der Hölle heraus.“
    Seine Aura durchströmte ihren Körper – jene Aura, die andere für die stärkste überhaupt hielten. Dies war keine Animation äußerer Erscheinungen, sondern eine versuchte Animation, eine Belebung von etwas Wichtigerem: dem Willen zu leben. Er mußte in ihr ein neues Selbstbild schaffen, damit sie ihre Krankheit für eine Illusion hielt, die man fortscheuchen mußte, daß sie, wie die Christlichen Scientisten, alles bewältigen konnte, wenn sie nur den rechten Glauben besaß.
    Und – sie wurde gesund. Das Fieber sank, die Verkrampfung löste sich, sie wachte auf. Er spürte, wie ihr Bewußtsein durch ihre bescheidene Aura stieg und Stärke aus der Kraft seiner Liebe zog. Die Augen öffneten sich, leuchtend blau. Sie lächelte.
    „Von diesem Tag an“, sagte der Häuptling hinter Pater Pauls Rücken mit vor Rührung zitternder Stimme, „verehrt dieser Stamm Euren Gott!“
    „Mein Gott heißt Liebe“, sagte Pater Paul.
    Dann erst merkte er, was geschehen war. Er hatte sie geheilt. Er hatte sie berührt, ihren Lebenswillen geweckt, Gott angerufen und seine Aura auf neue Weise benutzt, um dieses Kind wieder gesund zu machen – wie es Herald der Heiler in der fernen Zukunft und Jesus Christus in der jüngeren Vergangenheit getan hatte.
    Die Fähigkeit, die er in den Animationen gespürt hatte, war ihm ins wirkliche Leben gefolgt. Er war zum Heiler geworden.
     
    Die Station wirkte sehr vertraut mit dem Windrad und den altmodischen Gebäuden. Pater Paul mußte sich ins Gedächtnis rufen, daß er nur etwa zwei Wochen fort gewesen war, wenn er auch in diesem Zeitraum fünftausend Jahre durchstreift hatte. Von Buddha bis zu den Amöben!
    Als er an der Küche vorbeikam, tauchte Bruder Peter auf. „Meine Glückwünsche, Pater!“ rief er. „Geh direkt zum Büro der Ehrwürdigen Mutter. Sie erwartet dich.“
    Pater Paul verweilte einen Moment bei ihm. „Bruder – wie geht es dir? Ich habe gehört … nicht so gut?“
    Bruder Peter blickte auf die verschränkten Hände.

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