Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
er brummig war, mit den Rittern sei es aus; wozu sich die Sporen verdienen, da es keine Sporen mehr gebe. Aber warum ließ er Hans Jürgens Vetter, den Hans Jochem, der war nicht schlechter und nicht besser von Geburt, reiten lehren, und tanzen in Brandenburg und nahm ihn auch zum Ringelrennen mit, wo es eines gab; ja zu einem Tournier nach Meissen hatte der alte Herr ihn ein Mal geschickt mit seinem Verwandtten, dem edlen Herrn von Lindenberg, daß er sich dort umschauen solle, was gute Sitte sei.
    Hans Jürgen war eine Waise; aber Hans Jochem war ja auch ohne Vater und Mutter. Herr Gottfried und sein Eheweib hatten beide Kinder, ihre Vettern, zu sich genommen in ihr Haus und versprachen sie als ihre Söhne aufzuziehen. War es darum, daß Hans Jochem von der Mutter noch eine fette Erbschaft liegen hatte, die ward verwaltet beim Dom zu Havelberg, und Hans Jürgen war blutarm? Die Edelfrau hatte doch gesagt, als sie die Waisen in's Schloß nahm, sie sollten sein, da der Herrgott ihr und ihrem Gottfried keine Söhne geschenkt, als ihre eigenen Söhne, und viel Liebes und Gutes hatte sie noch gesprochen über die armen Kindlein, denen der Herr erst die Mütter genommen und dann die Väter.
    Die Edelfrau war eine wackere Frau, und was sie sprach, das meinte sie; aber Worte sind Wind, wenn die Thaten nicht darauf folgen, und der Sinn des Menschen ist wandelbar. Hans Jochem hatte ein glatt Gesicht und ein paar muntere Augen, er wußte es Allen recht zu machen, und sie lachten und waren ihm gut; aber Hans Jürgen – man weiß nicht, wie man mit ihm dran ist, sagten, die nichts Schlimmes sagen wollten. Böses wußte man nicht von ihm, aber warum that er nichts Gutes? Andere hätten fragen mögen, aber warum that er nicht, was gut war, daß es die Leute sahen? Er ist tückisch, sagten Einige, denn er thut das Maul nicht auf. Aber wenn er es aufthat, ließen ihn die Anderen nicht zu Worte kommen. Er kann nichts Gescheidtes vorbringen. Er hatte ja nicht Zeit dazu; sein Mundwerk ging langsam, und wenn er anfangen wollte, setzte ein Anderer fort, was er sagen wollte, aber nicht wie er es wollte, und wenn er ein ernstes Gesicht machte, lachten sie aus vollem Halse. Ihm fehlen die Gedanken, sagte der Dechant. Sie ließen ihn ja nichts denken, dachte Hans Jürgen. Glatt war sein Gesicht nicht und munter seine Augen auch nicht; es lag darin ein Ausdruck, ich weiß nicht wie, aber die Leute sagten, das ist ein verdrossener Bursch oder er ist schläfrig.
    Wenn Hans Jürgen das Bild lange im Fließ sah, wurde das Gesicht allmälig ein anderes, und es tropfte etwas in's Wasser. Aber nur auf einen Augenblick, denn gleich darauf war es ganz roth, und ärgerlich wischte er mit dem Ellenbogen über die Augen: »'S ist gut, daß das Keiner gesehen hat,« murmelte er und warf sich in die Brust. Aufgerichtet ging er, den Hals weit aus den Schultern, am Fließe auf und ab und dachte wieder: »wenn ich auf einem gerüsteten Pferde säße, wir wollten doch sehen, ob ich nicht auch ein Ritter würde.« Aber wenn das laute Gelächter von drüben herschallte, war's, als fuhr er wieder zusammen. Die andern spielten Plumpsack mit den nassen Tüchern, sie neckten, haschten und warfen sich, wie lustige Kinder thun, denen jede Arbeit zum Spiele wird. Wer allein ist, hascht und neckt sich nur mit seinen Grillen und bösen Gedanken. Nicht, daß er Stund aus Stund ein bei dem Leder Schildwacht hätte stehen müssen, und keinen Fuß breit fortgedurft, aber er gehörte doch nicht zu den anderen. Wäre er zu ihnen getreten, sie hätten ihn nicht fortgewiesen, aber er wäre immer an der Reihe gewesen beim Suchen und Haschen, und wenn die Knechte die großen Decken spannten und loosten, wer in die Luft fliegen sollte, so wußte er, das Loos hätte ihn getroffen. Er wußte auch, daß die Andern dachten, er sei muckisch, er halte nicht zu ihnen, weil er was für sich sein wollte.
    »Und das will ich auch,« brach ein verstohlener Gedanke unwillkürlich aus seiner Brust, »laßt mich nur älter werden und größer,« und dabei stieß er den kurzen Jagdspieß so fest vor sich, daß er mit dem stumpfen Ende in dem Boden wurzelte. Es war ganz still geworden, die Abendluft wehte drüben durch die Elsenbrüche ihm recht erquicklich auf das heiße Gesicht. Von dem fernen Kloster Lehnin klang die Abendmette. Er schüttelte den Kopf: »Nein, ein Mönch will ich nicht werden.« – »Auch so Einer nicht,« setzte er nach einer Weile hinzu, als er den Krämerwagen in das

Weitere Kostenlose Bücher