Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Lager einbiegen sah. Wie schon über den Gedanken unwillig, wandte er ihm rasch den Rücken. Der Wind, der zwischen den Hügeln sich fing, fuhr ihm entgegen, und er empfand einen heftigen Schlag in's Gesicht. Hans Jürgen hob zornroth den Arm – aber es war kein Lebendiger, der es sich erfrecht, auf ihn zu schlagen, kein Mensch, kein Arm, den er wieder schlagen konnte, es war das Stück Wäsche, davor er Schildwacht stand. Aufgeschwellt von der Luft, schwenkte es hin und her, und die willenlosen nassen Beinriemen waren's, die ihm um die Ohren peitschten. Es zuckte ihm durch die Finger, er war wieder hochroth, aber jetzt war es Scham wie Zorn und schon hob er die Hand auf nach dem verdrießlichen widerwärtigen Leder: »Mag der alte Herr Götze,« dachte oder kochte es in ihm, »auf dem bloßen Sattel reiten, ich will nicht länger Fahnenwache stehen vor seinen Büchsen!« Die schöne, feingegerbte Elennshaut, so sauber gewaschen, geklopft, gerieben und gebürstet, war in Gefahr, in den Sand geworfen zu werden, wenn nicht ein Schrei ihm in's Ohr geklungen hätte.
Ein durchdringender, feiner Schrei, kaum ausgestoßen und schon wieder verhallt. Hans Jürgen kannte die Stimme; im nächsten Augenblick war er auf dem Hügelrand, der dort die Aussicht auf das obere Fließ scharf abschnitt. Eine der kleinen Waschbänke hatte sich losgerissen, sie trieb in dem Wasser und es war nicht ganz ohne Gefahr für das junge Mädchen, das ängstlich darauf stand, denn die Strömung war hier stark und trieb auf das Eck drüben los, wo sie leicht an den großen Steinen umschlagen konnte. Die Waschbank war selbst nur ein kleines morsches Gefäß, welches unter seiner Last hin und her schwankte. Ohne den Gedanken an eine Gefahr wäre es ein hübsch anzuschauendes Bild gewesen. Das liebliche Mädchen im rothen Mieder mit den aufgekrämpten Hemdsärmeln und den bloßen Füßen, wie es ein Stück feiner Wäsche in der Hand, mit Armen und Füßen das Gleichgewicht zu halten unbewußt bemüht war. Ihr ängstlicher Blick, der sich noch nicht von dem Boden, auf dem sie stand, forttraute, ihre halbgeöffneten Lippen, die eine Reihe feiner Perlenzähne zeigten, ihr erstes Erbleichen, das jetzt schon einer Röthe Platz gemacht, und dann wieder ein neuer Schreck, als sie auf den großen Granitblock schielte, auf den die Waschbank lostrieb. Sie war sichtlich im Zweifel, was zu thun. Sie steckte die goldene Dukatenkette, die allzufrei um ihren Hals spielte und beim Anstreifen an Gebüsch und Schilf eine gefährliche Schlinge werden konnte, mit der einen Hand in das Mieder und schien mit dem einen Arm im Voraus zu prüfen, ob sie die Weide erreichen könne, die ihre Zweige von dem Steine über das Wasser streckte, um vor dem gefährlichen Anstoß sich zu schützen.
Aber die Schifferin erreichte weder die hülfreiche Weide, noch den gefürchteten Granitblock. Es rauschte im Wasser und bald hatte ein kräftiger Arm die Waschbank gefaßt. »Du wirfst mich um,« rief das Mädchen, denn von der plötzlichen Berührung aus seiner ebenmäßigen Bewegung gekommen, schwankte das Gefäß.
»Dafür laß mich sorgen,« rief der Retter und hielt ihr den rechten Arm in die Höh', während er mit dem linken die Bank regierte. »Nun faß mich an und dann ist's gar nichts.«
Sie reichte ihm ihre zitternde Hand. Er watete etwa bis an die Brust im Wasser, und der Grund schien fest.
Aber die Bank mit ihrer schönen Last durch die Strömung nach dem andern Ufer wieder zurückzuziehen, schien eine schwierige Aufgabe. Er strengte sich sichtlich an; er zitterte jetzt, während sie immer ruhiger wurde.
»Fürchte Dich nicht, Eva,« sprach er, als er keuchend einen Augenblick anhielt.
»Was soll ich mich fürchten,« erwiederte sie, »Du siehst ja, ich stehe fest. Ich brauche Deine Hand nicht mehr.«
Er kämpfte und überwand. Er stieß die Bank an's Land. Das Schilf niedertretend, arbeitete er sich mit einem Fuß an's Ufer und wollte ihr den Arm reichen; aber mit einem leichten Satz war sie schon herüber gesprungen. Die Bank schnellte weit zurück.
»Da wären wir ja,« sprach er. Aber der arme Hans Jürgen mußte gar zu possirliche Bewegungen machen, als er das Wasser von sich schüttelte, denn das junge Mädchen schien die Angst und Fährlichkeit ihrer Lage ganz zu vergessen, und statt zu danken, lachte sie aus vollem Halse:
»Wie ein Pudel, Hans Jürgen!« rief sie.
»Der Pudel springt auch in's Wasser,« murmelte er, und leiser setzte er hinzu: »Aber, er holt
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